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Runlandsaga - Wolfzeit

Runlandsaga - Wolfzeit

Titel: Runlandsaga - Wolfzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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platzte er in Bendíras´ Geschäftszimmer.
    Der Hohepriester saß nicht alleine an seinem Schreibtisch. Ein Mann, der sich ebenso wie Pándaros schon im fortgeschrittenen Alter befand, stand ihm gegenüber. Der Priester kannte ihn gut. Es war der Archivar Deneb, ein schmächtiger Mann mit blassem Gesicht und hellen, wässrigen Augen. Er hatte seine Hände auf die wuchtige Tischplatte gestützt, die unter Stapeln von Papieren, Büchern und Tellern mit kaltem Essen fast völlig verschwunden war. Als Pándaros so unvermittelt die Tür aufriss, drehte sich Deneb überrascht zu ihm um. Auch Bendíras starrte ihm von seinem Platz hinter dem Schreibtisch aus an, ohne den Satz, den er begonnen hatte, zu beenden.
    »Ich muss Euch sprechen«, rief Pándaros, blieb stehen und rang nach Atem. Hinter sich hörte er Nascas nahende Schritte.
    »Was zum ...«, fing der Hohepriester an, als der Heiler, der nun ebenfalls den Raum betrat, ihm ins Wort fiel.
    »Es tut mir leid! Ich habe versucht, ihn im Krankentrakt zu halten, aber er wollte nicht auf mich hören!«
    »Ich bin nicht krank.« Pándaros klang gereizt. »Jedenfalls geht es mir nicht so schlecht, dass ich das Bett hüten müsste. Was ich zu berichten habe, duldet keinen Aufschub!«
    »Offensichtlich ist dem so«, sagte Bendíras, »wenn ich nicht einmal in meinen eigenen vier Wänden in Ruhe eine Unterhaltung führen kann.« Der spöttische Ton verriet seinen verhaltenen Ärger.
    Wer das Oberhaupt des Ordens von T´lar zum ersten Mal traf, der konnte leicht durch dessen Aussehen getäuscht werden. Bendíras war ein kleiner Mann, dafür aber um so fülliger. Er hatte bereits gut sechzig Winter gesehen. Trotz seines Alters besaß er noch immer dichtes, blondes Haar, sein Gesicht wies kaum Falten auf, und seine Augen blickten aufmerksam und klar. Alles an ihm hatte etwas Rundliches, von seiner knolligen Nase und seinem gewaltigen Doppelkinn bis zu seinem Kugelbauch. Selbst seine Finger, die nun leise auf der Schreibtischplatte trommelten, sahen eher rund als lang aus. Wer aber glaubte, dass sich hinter dem fettleibigen Äußeren dieses Hohepriesters ein behäbiger und nicht besonders scharfsinniger Geist verbarg, der konnte mit seinem Urteil kaum weiter daneben liegen. Bendíras bekleidete nicht umsonst seit über zwei Jahrzehnten das Amt der Ordensleitung. Bisher hatte er jeden Versuch, ihn von seinem Posten zu verdrängen, geschickt ins Leere laufen lassen. Er war alles andere als ein Tyrann, der auch die unwichtigsten Entscheidungen an sich riss, sondern verließ sich zu einem guten Teil auf die Fähigkeiten der anderen Hohepriester. Doch in vielen Dingen betrachtete er sich als den einzigen Hecht im Karpfenteich. Dazu gehörte auch, dass man ihm in seinem Geschäftszimmer nicht ins Wort fiel.
    Pándaros hörte die Bemerkung des Ordensleiters und erkannte einen Augenblick zu spät, dass er in seiner Eile und wegen seines immer noch angeschlagenen gesundheitlichen Zustands unüberlegt vorausgeprescht war. Er hatte Bendíras auf dem falschen Fuß erwischt. Aber nun blieb ihm nichts weiter übrig, als mit dem schlechten Blatt in seiner Hand weiterzuspielen. Er schluckte den in seinem Kopf bereits halbwegs gefassten nächsten Satz herunter und wartete darauf, dass der Hohepriester selbst weitersprechen würde. Er durfte nicht noch einmal den Fehler machen, ihn zu unterbrechen.
    »Was gibt es denn so Dringendes, das keinen Aufschub duldet?« Bendíras’ Stimme hatte einen schneidenden Ton angenommen. »Ich bin wirklich neugierig! Ist es vielleicht eine Entschuldigung dafür, dass du uns gestern beinahe das Vellardinritual über den Haufen geworfen hast? Ist es eine Erklärung, warum du dich bis an den Kragen deiner Robe mit Malrastrank abgefüllt hast, anstatt an einem so wichtigen Tag deinen Pflichten nachzukommen? Ist es eine Rechtfertigung, weshalb du dich vor Hunderten von Zuschauern um den Yarn geprügelt und unseren Orden lächerlich gemacht hast?«
    »Immerhin hat er das Spiel für T´lar gewonnen«, meldete sich Deneb schüchtern zu Wort. Wie immer, wenn er seinen Kopf gesenkt hatte, hingen ihm Strähnen seiner dichten, haselnussfarbenen Mähne tief im Gesicht. Unter ihrem Schutz wagte er einen Blick zu seinem Freund hinüber, den dieser mit einem kurzen Lächeln erwiderte.
    Bendíras beendete abrupt sein leises Trommeln auf der Tischplatte und wandte sich dem Archivar zu. »Er hat das Spiel gewonnen. Großartig! Fiscari ho! Dann ist ja alles bestens, nicht

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