Runlandsaga - Wolfzeit
Bissen inzwischen heruntergeschluckt hatte. Seine Augen funkelten in seinem breiten, blassen Gesicht – zwei Kiesel in einer Teigschüssel. Schwerfällig erhob er sich aus seinem Sessel und stützte die Hände auf die Tischplatte. »Deneb, du berichtest der Stadtwache von dem Einbruch. Sie sollen das Haus aufsuchen, in dem Pándaros festgehalten wurde, und die beiden Kerle dingfest machen.«
»Ich bezweifle, dass sie sich dort noch aufhalten«, erwiderte Deneb. »Ihr Gefangener konnte ihnen entwischen, also muss ihnen klar sein, dass man früher oder später an ihre Tür klopfen wird. Mit ihrem Einbruch im Archiv haben sie am Ende alles auf eine Karte gesetzt. Wahrscheinlich sind sie nicht einmal mehr in Sol.«
»Wir werden sehen«, sagte Bendíras grimmig. »Jedenfalls werde ich nicht einen Augenblick länger untätig bleiben, da wir inzwischen wissen, wo wir zu suchen haben. – Lasst mich jetzt alle allein. Eigentlich gehöre ich immer noch ins Bett, und genau da will ich auch hin.«
»Der vernünftigste Satz, den ich in diesem ganzen Gespräch von ihm gehört habe«, brummte Nasca leise, als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte. Die drei Priester standen noch immer im Gang vor Bendíras Geschäftszimmer. Der Heiler wandte sich an Pándaros. »Und du solltest genau dasselbe tun! Leg dich wieder hin und ruh dich aus!«
Der Priester hatte ihn kaum beachtet. Er blickte zwischen zwei Steinsäulen hindurch in den sonnenbeschienenen Innenhof. Gelächter drang zu ihm herüber. Eine Gruppe von Novizen saß im Kräutergarten auf den Steinplatten zwischen den Lavendel- und Thymianbüschen, junge Burschen, in ein Gespräch vertieft. Das helle Licht des Mittags glänzte auf ihren Gesichtern. Niemand von ihnen achtete auf die drei Männer in den Schatten.
»Wenn du dich nicht schonst«, fuhr Nasca mit drängender Stimme fort, »dann kann ich nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass dich nicht doch noch ein weiterer Herzanfall ins Totenboot bringt!«
»Schon gut«, murmelte Pándaros abwesend. Er löste den Blick von den Novizen und setzte sich in Bewegung, aber nicht in Richtung des Krankentrakts. Er ging mit schnellen Schritten zu der Treppe, die zu den Räumlichkeiten der Ordensleitung führte, und wo sein eigenes Zimmer lag.
Deneb eilte ihm hinterher, auch der Heiler folgte ihm.
»Was hast du vor?«, fragte der Archivar.
Pándaros sah ihn weder an, noch wurde er langsamer. »Etwas, das ich längst hätte tun sollen«, entgegnete er, seinen Blick fest geradeaus gerichtet. »Schon seit Ranár verschwand. Ich werde gehen und ihn suchen.«
»Wie?«, zischte Nasca atemlos. »Was ist das nun wieder für eine Verrücktheit? Willst du damit sagen, du hast vor, den Orden zu verlassen?«
»Genau das werde ich tun«, sagte Pándaros bestimmt. Sein Atem ging mit jeder weiteren Stufe auf der breiten Treppe schwerer. Auf seiner Brust lastete noch immer ein Druck, und er spürte, dass ihm der Schweiß ausbrach. Er hielt inne und drehte sich schwer atmend zu den beiden um. »Ihr versteht das nicht. Ranár ist in Gefahr! Wenn er nicht bald Hilfe bekommt, dann wird er sterben.«
»Du redest irre!«, rief Nasca. »Das einzige Leben, das hier in Gefahr schwebt, ist dein eigenes! Du musst sofort mit mir in den Krankentrakt. Es ist nicht mehr länger zu verantworten, dich hier herumlaufen zu lassen, während dein Körper und dein Geist zusammenbrechen.«
Er fasste Pándaros am Arm, um ihn die Treppe hinabzuführen, doch der Priester stieß ihn mit einer Heftigkeit zurück, die der Heiler nicht erwartet hatte. Beinahe wäre er gestürzt, aber Deneb fing ihn auf.
Wütend näherte sich Nasca Pándaros erneut und wies mit ausgestrecktem Finger auf ihn. »Jetzt bist du zu weit gegangen! Verlass dich darauf: Ich werde dafür sorgen, dass du nicht mehr länger hier frei herumläufst – nicht, solange nicht der letzte Rest des Malrastranks aus deinem Körper heraus ist! – Deneb, komm! Wir holen ein paar kräftige Novizen, die diesen unvernünftigen Kerl dort hinstecken, wo er schon längst hätte sein sollen: in ein Krankenzimmer!«
»Ich finde nicht, dass Pándaros wirr daherredet«, erwiderte der Archivar. »Was er Bendíras über die beiden Männer erzählt hat, macht mir Sorgen. Vielleicht ist Ranár tatsächlich in Gefahr.«
»Lass dich nicht von deiner Freundschaft zu Pándaros blenden«, gebot der Heiler. »Ich mag ihn ebenfalls gern, aber im Augenblick ist er nicht er selbst. Ich will ihm doch nur
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