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Runlandsaga - Wolfzeit

Runlandsaga - Wolfzeit

Titel: Runlandsaga - Wolfzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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Einen Becher Rum auf den Glückspilz!
    Es gab Tage, da glaubte ich sogar selbst an das, was ich den anderen erzählt hatte.
    Aber schon kurz bevor der Walfänger den nächsten Hafen anlief, wurde mir klar, wie viel sich tatsächlich in meinem Leben verändert hatte. Der Fiebertraum holte mich ein, wieder und wieder.«
    Daniro sah von einem zum anderen und lachte bitter auf. »Oh, wahrscheinlich denkt ihr jetzt, mir wären grausige Bilder von Jalcar im Schlaf erschienen, wie er mich anklagte, dass ich ihn gewürgt und elend ersäuft hätte, so wie´s ein Bauer mit seinen überflüssigen jungen Katzen macht. Da muss ich euch enttäuschen. Ich hab kein einziges Mal von ihm geträumt. Ich kann mich nicht einmal mehr richtig an sein Gesicht erinnern. Sieben Jahre sind eine lange Zeit. – Nein, es war viel schlimmer. Ich hielt es nicht mehr aus, mich auf hoher See zu befinden. Alles an Bord machte mich krank: das Auf und Ab des Schiffes in den Wellen, das Knarren der Planken und das Schlagen killender Segel, vor allem aber der Anblick der sich bis zum Horizont erstreckenden, endlosen Wasserfläche. Ich war nicht mehr sicher. Ständig suchte ich den Himmel nach Anzeichen schlechten Wetters ab. Nachts fuhr ich mit schweißnassem Rücken aus meiner Koje hoch, weil ich glaubte, wir seien auf ein Riff gefahren. Wenn ich mich unter Deck befand, fühlte ich mich immer öfter, als ob ich in einer Falle feststecken würde.
    Schließlich liefen wir den Heimathafen der Walfänger an. Ich konnte nicht schnell genug von Bord kommen. Von Dorsingal aus schlug ich mich auf dem Landweg nach Hause durch. In den Jahren darauf war ich nie wieder auf See gewesen, bis ich hier auf der Suvare anheuerte. Ich lernte, mit Holz umzugehen und Boote instand zu setzen. In den Werften von Andostaan und Menelon gab es immer genügend Arbeit.«
    »Warum bist du nicht weiter an Land geblieben?«, wollte Enris wissen. »Du hast gesagt, du hättest dein Auskommen als Zimmermann gehabt. Wolltest du dir beweisen, dass du doch keine Angst vor dem Meer hast?«
    Daniro schüttelte energisch den Kopf. »Nein, so war es nicht. Es war keine Mutprobe, keine Entscheidung, mich gegenüber dem Los zu behaupten, das die Herrin des Schicksals für mich geträumt hatte.«
    »Was war es dann?«, wollte Enris wissen.
    Der Schiffszimmermann setzte zu einer Antwort an, zuckte dann aber hilflos die Achseln. Da richtete sich sein Blick auf Teras. »Du bist selbst lang genug zur See gefahren. Du kannst es verstehen, warum ich auf eurer Tjalk anheuerte, nicht wahr?«
    »Ay, ich denke schon«, antwortete der alte Bootsmann in einem für ihn ungewöhnlich leisen Ton.
    »Dann sag du es ihm. Ich bin es müde, zu erklären.«
    »Er kann an Land nicht mehr leben.« Teras sah Enris dabei nicht an, sondern hielt weiterhin seinen Blick auf Daniro gerichtet, als würde er seine Worte von dessen Gesicht ablesen. »Wir, die wir unser Tagwerk auf Schiffen verbringen, haben eine Redensart dafür: ›Wir gehören der See.‹ Das ist dasselbe, wie eine besitzergreifende Frau zu lieben. Egal, wie schlecht sie uns auch manchmal behandeln mag, wir sind ihr verfallen, wir gehören ihr. Und wir können nicht ohne sie sein. Deshalb heuerte er wieder auf einem Schiff an. Trotz seiner Angst.«
    »Ich dachte, ich hätte all das längst hinter mir gelassen«, murmelte Daniro. »Schließlich war viel Zeit seit meinem Schiffbruch vergangen. Und zuerst ging auch alles gut. Es war wieder wie früher. Ich dachte, ich könnte von vorn anfangen. Aber dann wurde unser Schiff von dem Sturm erfasst. Auf einmal schlug eine riesige Welle über meinem Kopf zusammen und spülte mich die sieben Jahre zurück – zum Untergang der Nesvaal . Seit den Weißen Klippen ist mir, als hätte ich das Treibholz nie verlassen. In Gedanken treibe ich noch immer auf dem Meer und bin seiner Gewalt ausgeliefert.«
    Suvare erhob sich. Ihre Gelenke knackten laut. »Ich habe genug gehört«, sagte sie. »Daniro, steh auf!«
    Der junge Mann tat sofort wie befohlen.
    »Du hast an Bord meiner Tjalk diese Frau bedroht.« Sie wies mit einer Handbewegung zu Neria hinüber. »Als dein Khor bin ich hier auf See das Gesetz. Bist du bereit, dich dem Urteil zu stellen?«
    Daniro nickte mit gesenktem Kopf. Sein helles Haar schimmerte in der weit vorangeschrittenen Morgendämmerung des neuen Tages.
    »Dann höre!«
    Enris bemerkte erstaunt, wie Suvares Sprache auf einmal eine Gewähltheit angenommen hatte, die nichts mit dem rauen Ton zu tun hatte,

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