Rush of Love - Erlöst: Roman (German Edition)
überhaupt mitbekam, dass ich bei ihr gepennt hatte. Das hätte ihr zwar bestimmt nichts ausgemacht, aber so blieben mir unangenehme Fragen erspart.
Nachdem ich mir eine frische Arbeitskluft geholt und mich umgezogen hatte, ging ich Richtung Küche. Kurz bevor ich die Tür erreichte, trat Woods heraus und richtete seine braunen Augen auf mich.
»Ich habe schon nach dir gesucht.« Er deutete mit dem Kopf den Gang entlang zu seinem Büro. »Wir müssen reden.«
Ziemlich sicher hatte er schon von Nan gehört. Inzwischen wussten es sicher schon alle aus der Clique. Ob er mich wohl über sie ausfragen wollte? Hoffentlich nicht. Wenn ich zugab, dass ich keine Ahnung hatte, würde das so klingen, als wäre mir Nan egal. Dachte Rush das womöglich? War es meine Pflicht, ihn anzurufen? Schließlich war er es, dem es schlecht ging. Seine Reaktion gestern Abend hatte mir Angst gemacht, aber wenn er mich brauchte, durfte ich mich dadurch nicht abhalten lassen.
»Hast du überhaupt ein Auge zugemacht?«, fragte Woods besorgt.
Ich nickte. Geschlafen hatte ich, wenn auch nicht sonderlich gut. Der lange Fußmarsch hatte mich so erschöpft, dass mir die Augen zugefallen waren, gleich nachdem ich mich hingelegt hatte.
Woods öffnete seine Bürotür und hielt sie mir auf. Ich ging hinein und stellte mich gegenüber seinem Schreibtisch neben die Sessel. Und er setzte sich auf die Schreibtischkante und verschränkte die Arme vor der Brust.
Mit gefurchter Stirn sah er mich forschend an. Allmählich fragte ich mich, ob es überhaupt um Nan ging. Hatte ich irgendetwas falsch gemacht?
»Grant hat mich heute früh angerufen. Er ist bei Nan im Krankenhaus und sorgt sich um dich. Er hat erzählt, Rush sei mitten in der Nacht völlig außer sich dort eingetroffen. Es scheint ihm schwer zu schaffen zu machen, dass sich Nan ausgerechnet jetzt, wo sie zum ersten Mal in ihrem Leben nicht miteinander sprechen, in diesem Zustand befindet. Tja, und Grant hat sich gefragt, wie er dich wohl verlassen hat und ob es dir gut geht.«
Mein Herz schmerzte. Ich fand es schrecklich, dass es Rush so schlecht ging und ich nichts dagegen tun konnte. Nachdem er mich nicht anrief, musste ich davon ausgehen, dass er nicht mit mir reden wollte. Schließlich war ich der Grund, warum es zwischen Rush und Nan zum Bruch gekommen war. Ich war der Grund, weshalb er das jetzt alles durchmachte. Tränen brannten in meinen Augen. So ungern ich es zugab, aber ich war der Grund, warum es Rush jetzt noch härter traf. Wäre es meinetwegen zwischen den beiden nicht zum Streit gekommen, dann müsste er jetzt nicht mit diesen Schuldgefühlen leben, die ihn bestimmt plagten.
Und aus ebendiesen Gründen würde unsere Beziehung auch nie funktionieren. Wir hatten wie im Märchen gelebt. Doch mit der Wirklichkeit hatte das rein gar nichts zu tun gehabt. Und schließlich hatte die Tatsache, dass ich nicht in seine Welt gehörte, alles zum Einstürzen gebracht. Augenblicklich brauchte er seine Familie. Und zwar die, von der er sich gerade losgesagt hatte. Nicht mich. Ich wurde von seiner Familie ja nicht einmal akzeptiert. Wo sollte da für mich ein Platz sein?
»Ich … ich weiß nicht, was ich tun soll«, brachte ich heraus. Ich fand es schrecklich, dass Woods mich weinen sehen würde. Ich wollte das nicht. Keiner sollte mich weinen sehen.
»Er liebt dich«, sagte Woods sanft. Ich war mir nicht sicher, dass er selbst daran glaubte. Nicht jetzt. Vielleicht hatte Rush ja gedacht, er würde mich lieben, aber wie konnte er das jetzt noch? Ich war der Grund, wieso er sich von Nan abgewandt hatte, und nun verlor er sie vielleicht.
»Tut er das?« Eine Frage, die ich mir selbst stellen musste, nicht Woods.
»Ja. Noch nie habe ich ihn so erlebt wie mit dir. Vielleicht ist davon gerade oder in den nächsten Tagen und Wochen, oder wie lang auch immer das dauern wird, nicht so viel zu spüren. Aber er tut es. Und das sage ich dir nicht Rush zuliebe. Er ist ein Arschloch, und ich schulde ihm gar nichts. Ich sage es dir zuliebe. Es ist die Wahrheit, und ich weiß, dass du das gerade hören musst.«
Ich schüttelte den Kopf. Ich musste es nicht hören. Für mich war es jetzt viel wichtiger zu entscheiden, was für das Kind und mich am besten war. Konnte ich ein Kind mit einer Familie konfrontieren, die es vielleicht nie anerkannte? Wenn ich schon nicht hineinpasste, wie sollte es dann mein Kind?
»Ich kann dir nicht vorschreiben, was du glauben sollst«, meinte Woods. »Aber wenn du
Weitere Kostenlose Bücher