Rush of Love - Verführt: Roman (German Edition)
das mich völlig aus dem Konzept brachte. »Bruder?«
Grant lächelte, doch das Lächeln erreichte seine Augen nicht. »Ich habe wohl noch gar nicht erwähnt, dass ich der Sohn von Georgiannas Mann Nummer zwei bin. Die Ehe mit meinem Vater hielt von meinem dritten und Rushs viertem Lebensjahr bis zu meinem fünfzehnten. Lang genug, dass Rush und ich uns als Brüder fühlten. Daran änderte sich auch nichts, als sich mein Dad von Georgianna scheiden ließ. Wir sind zusammen aufs College gegangen und sogar in dieselbe Studentenverbindung eingetreten.«
Ach so. Okay. Das hatte ich nicht erwartet.
»Wie viele Ehemänner hatte Georgianna denn schon?«
Grant lachte kurz auf und ging dann Richtung Haus. »Dein Dad ist die Nummer vier, wenn man Rushs Vater mitrechnet, mit dem sie ja nicht verheiratet war.«
Mein Vater war ein Volltrottel. Diese Frau wechselte ihre Ehemänner so oft wie ihre Unterwäsche. Wie lange würde es dauern, ehe sie ihm einen Tritt verpasste und sich den Nächsten anlachte?
Schweigend gingen wir in die Villa zurück, wo Grant mich in die Küche führte. Mit ihren Arbeitsflächen aus schwarzem Marmor und den raffinierten Gerätschaften hätte sie einem exklusiven Wohnmagazin entspringen können. Dort öffnete Grant eine Tür, die in eine große Speisekammer zu führen schien. Verwirrt blickte ich mich um. Er ging ans andere Ende und öffnete eine weitere Tür zu einer Kammer.
Diese war groß genug, dass er hineingehen und den Koffer auf das Bett legen konnte. Ich folgte ihm und blieb neben ihm vor dem schmalen Bett stehen, das den Großteil des Raums ausfüllte. Ein kleiner Nachttisch, der gerade noch zwischen Bett und Wand passte, vervollständigte die Einrichtung.
»Wohin nur mit dem Koffer?« Grant schüttelte den Kopf und seufzte. »Keine Ahnung. Das Zimmer ist einfach viel zu klein. Hör mal, wenn du mit zu mir kommen möchtest, dann sag’s einfach. Ich hätte immerhin ein Zimmer anzubieten, in dem man sich auch bewegen kann.«
Grants Angebot war nett, aber ich konnte unmöglich eines seiner Zimmer in Beschlag nehmen. Hier würde ich zumindest niemandem im Weg sein und hatte auch nicht das Gefühl, mich aufzudrängen. Ich konnte mich im Haus nützlich machen und mich nach einem Job umsehen. Vielleicht durfte ich ja sogar hierbleiben, bis ich genug Geld für eine eigene Wohnung zusammenbekommen hatte. Morgen würde ich einen Laden finden und mir etwas zu essen kaufen. Erdnussbutter und Brot. Damit käme ich gut eine Woche hin.
»Passt doch alles«, erwiderte ich. »Außerdem ruft Rush morgen meinen Dad an und erkundigt sich, wann er zurückkommt. Vielleicht hat mein Vater ja einen Plan, wer weiß. Aber danke. Echt nett von dir.«
Grant blickte sich noch einmal mit düsterer Miene im Zimmer um. Ihm passte das alles gar nicht, aber ich war erleichtert. Wie süß von ihm, dass er sich sorgte.
Er sah zu mir. »Ich lass dich hier wirklich nicht gern zurück.« Seine Stimme hatte einen beinahe flehenden Ton angenommen.
»Ist doch toll hier. Viel besser als in meinem Pick-up.«
Grant runzelte die Stirn. »Pick-up? Du hattest vor, in deinem Pick-up zu übernachten?«
»Genau. Hier dagegen kann ich mir in Ruhe meine nächsten Schritte überlegen.«
Grant fuhr sich durch das zerzauste Haar. »Versprichst du mir was?«
Mit Versprechungen hatte ich es gar nicht. Sie konnten schnell gebrochen werden, das wusste ich. Ich zuckte die Achseln. Zu mehr konnte ich mich nicht überwinden.
»Wenn dich Rush rauswirft, dann ruf mich an. Okay?«
Gerade wollte ich es ihm versprechen, als mir auffiel, dass ich seine Telefonnummer ja gar nicht kannte.
»Wo ist dein Handy, damit ich meine Nummer eingeben kann?«, fragte er.
»Ich habe keins.«
Grants Augen weiteten sich. »Was? Du hast kein Handy? Kein Wunder, dass du immer eine Knarre mit dir rumträgst!« Er griff in seine Tasche und zog etwas hervor, das wie eine Quittung aussah. »Hast du was zu schreiben?«
Ich öffnete meine Handtasche, nahm einen Stift heraus und reichte ihn ihm.
Schnell kritzelte er seine Nummer auf den Zettel und gab ihn mir mitsamt dem Stift. »Ruf an. Ich meine es ernst.«
Nie im Leben würde ich das tun, aber sein Angebot war nett. Ich nickte. Versprochen hatte ich nichts.
»Ich hoffe, du kannst hier einigermaßen schlafen.« Sorgenvoll blickte er sich um.
»Bestimmt«, beruhigte ich ihn.
Er nickte. Dann ging er und schloss die Tür hinter sich. Ich wartete, bis ich auch die Speisekammertür ins Schloss fallen hörte,
Weitere Kostenlose Bücher