Rush of Love - Verführt: Roman (German Edition)
Gegen die Trauer darüber, was wir hätten haben können.
Ich ging zu dem Tisch neben der Treppe und legte das Handy darauf. »Das kann ich nicht«, antwortete ich schlicht. Ich sah zu keinem von ihnen zurück. Obwohl ich Georgiannas Stöckelschuhe auf dem Marmorboden klappern hörte und mir damit klar war, dass sie ebenfalls in die Halle gekommen war.
Ich griff an die Klinke und öffnete die Tür. Keinen von ihnen würde ich je wiedersehen. Traurig darüber war ich nur bei einem.
»Du bist ihr wie aus dem Gesicht geschnitten«, ertönte Georgiannas Stimme in die Stille hinein. Ich wusste, sie meinte meine Mutter. Sie hatte kein Recht darauf, sich an meine Mutter auch nur zu erinnern. Geschweige denn, über sie zu sprechen. Sie hatte die Person, die ich mehr als jede andere bewunderte, als selbstsüchtig und grausam dargestellt.
»Ich kann nur hoffen, jemals auch nur annähernd eine solche Frau zu werden wie sie«, sagte ich laut und deutlich. Ich wollte, dass es alle hörten. Sie sollten wissen, dass ich nicht den geringsten Zweifel an der Unschuld meiner Mutter hatte.
Ich trat in den Sonnenschein hinaus und schlug die Tür fest hinter mir zu. Ein silberner Sportwagen bog mit quietschenden Reifen in die Einfahrt. Nan! Das hatte mir noch gefehlt.
Die Autotür wurde zugeknallt, doch ich zuckte nicht zusammen. Ich warf meinen Koffer auf die Ladefläche meines Pick-ups und schloss die Wagentür auf. Hier hatte ich nichts mehr verloren.
»Ja hallo, wer macht sich denn hier vom Acker?«, sagte sie in lautem und amüsiertem Ton.
Ich würde nicht auf sie eingehen. Ich würde nicht zuhören, wie sie weitere Lügen über meine Mutter erzählte.
»Na, wie ist das so? Zu wissen, dass der eigene Vater einen für jemand anderen verlassen hat?«
Das traf mich gar nicht mal so sehr. Es lag schließlich fünf Jahre zurück.
»Jetzt sitzen Madame wohl nicht mehr auf dem hohen Ross, was? Deine Mutter war ein billiges Flittchen, die verdient hat, was sie bekam!«
Mit der Ruhe, die über mich gekommen war, war es schlagartig dahin. Niemand durfte auch nur noch ein falsches Wort über meine Mom verlieren. Niemand! Ich griff unter dem Sitz nach meiner Pistole und richtete sie auf Nans lügende rote Lippen.
»Sag noch ein Wort über meine Mutter, und du kriegst von mir ein zusätzliches rotes Loch verpasst!«, zischte ich.
Kreischend riss Nan die Hände hoch. Ich senkte die Waffe nicht. Umbringen würde ich sie nicht. Aber verletzen, wenn sie noch einmal den Mund aufmachte.
»Blaire, nimm die Waffe runter!«, hörte ich meinen Vater rufen. »Nan, rühr dich nicht! Sie kennt sich mit einer Waffe besser aus als die meisten Männer!« Meine Hand fing zu zittern an. Er wollte sie beschützen. Vor mir. Seine Tochter. Die, die er wollte. Die, für die er uns verlassen hatte. Die, die er den Großteil ihres Lebens im Stich gelassen hatte. Ich wusste nicht, was ich empfinden sollte.
Ich vernahm Georgiannas hysterische Stimme. »Was macht die mit dem Ding da? Ist das überhaupt legal, dass sie so was mit sich rumträgt?«
»Sie hat einen Waffenschein«, erwiderte mein Vater. »Und sie weiß, was sie tut. Also bleib ruhig.«
Ich senkte die Waffe. »Ich steige jetzt in meinen Wagen und entferne mich aus eurem Leben. Für immer. Aber kein weiteres Wort über meine Mom. Ich höre mir das nicht noch mal an!«, warnte ich sie, ehe mich umwandte und in meinen Pick-up kletterte. Ich verstaute die Pistole wieder unter dem Sitz und stieß rückwärts aus der Einfahrt. Ich schaute nicht, ob sich jetzt alle um die arme Nannette scharten. Es war mir gleich. Hoffentlich überlegte sie es sich beim nächsten Mal gut, ob sie über die Mutter einer anderen herzog. Denn über meine ließ sie das besser bleiben.
Ich schlug den Weg zum Country Club ein. Schließlich mussten sie dort wissen, dass ich Rosemary verließ, vor allem Darla und Woods. Den Grund wollte ich nicht nennen, aber den kannten sie wahrscheinlich sowieso. Das taten doch alle außer mir. Sie hatten nur darauf gewartet, dass ich ihn herausfand. Ich verstand nicht, wieso mir keiner die Wahrheit gesagt hatte.
Für Nan war das doch alles gar nicht so dramatisch. Sie stand jetzt nicht vor den Trümmern ihres Lebens. Wohingegen mein Leben gerade aus den Fugen geraten war. Hier ging es nicht um Nan. Sondern um mich. Um mich, verdammt! Warum hatten sie sie in Schutz nehmen müssen? Wovor musste sie denn beschützt werden?
Ich stellte den Pick-up vor dem Bürogebäude ab. Darla kam zur
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