Rush of Love - Verführt: Roman (German Edition)
zurück, wo ich alles verstand. Wo Geld und Rockstars keine Rolle spielten.
»Hör auf. Ich will’s nicht hören! Ich möchte nur noch meine Sachen holen und dann weg!«, rief ich und konnte nicht verhindern, dass ich aufschluchzte. Meine Welt lag in Scherben. Ich musste ans Grab meiner Mutter und mit ihr reden. Ich wollte nach Hause.
»Baby, bitte sprich mit mir. Bitte!«, flehte Rush. Ich war zu erschöpft, um ihn wegzustoßen. Stattdessen rückte ich von ihm weg. Ich wollte ihm nicht ins Gesicht sehen. »Ich will aber nicht mit dir reden! Ich will nach Hause!«
»Blaire, Schatz, es gibt kein Zuhause!« Ich ertrug die Stimme meines Vaters nicht. Ich hob den Blick und funkelte ihn an. Es hatte mich so viel Kraft gekostet, gegen den Schmerz und die Bitterkeit anzukämpfen, die sein Weggang in mir ausgelöst hatte.
»Moms Grab ist für mich ein Zuhause. Ich möchte ihr nahe sein. Das, was ihr ihr vorwerft, hätte sie nie im Leben getan! Bleib du hier bei deiner Familie, Abe. Ich bin mir sicher, diese Familie hier wird dich genauso lieben wie die davor. Versuch eben mal, keinen von ihnen umzubringen«, zischte ich.
Das Letzte, was ich hörte, war, dass Georgianna laut nach Luft schnappte. Am liebsten wäre ich sofort losgefahren, aber ich musste meine Sachen noch holen. Ich rannte die Treppe hinauf und warf alles, was ich in die Finger bekam, in meinen Koffer und knallte ihn zu. Dann schulterte ich meine Handtasche und wandte mich zur Tür, wo mir Rush entgegenblickte, der mich beobachtet hatte.
Er war blass, und seine Augen waren blutunterlaufen. Dass er so durch den Wind war, war mir egal. Geschah ihm ganz recht. Er hatte mich belogen. Verraten.
»Du kannst mich nicht verlassen«, flüsterte er heiser.
»Brauchst mir nur zuzuschauen«, erwiderte ich mit kalter, ausdrucksloser Stimme.
»Blaire, lass es dir doch bitte erklären! Heute wollte ich dir alles sagen! Sie sind gestern Nacht heimgekommen, und ich bin in Panik geraten. Ich wollte unbedingt, dass du es von mir als Erster erfährst.« Er schlug mit der Faust gegen den Türrahmen. »So hättest du es nicht herausfinden dürfen. Nicht so. Gott, doch nicht so!« Er klang wirklich verzweifelt.
Beim Anblick seiner Miene verspürte ich einen Stich im Herzen, aber ich durfte mich davon nicht einwickeln lassen. Das wäre dämlich gewesen. Außerdem, seine Schwester … Nan war seine Schwester. Kein Wunder, dass er ihr gegenüber von klein auf Beschützerinstinkte entwickelt hatte. Sie war das Kind ohne einen Dad gewesen. Ich schluckte die Galle hinunter, die mir hochkam. Was war mein Dad für ein Unmensch.
»Ich kann hier nicht länger bleiben. Und dir ins Gesicht sehen. Denn dann muss ich automatisch an den Verrat denken, an die Schmerzen, die nicht nur mir zugefügt wurden, sondern auch meiner Mom!« Ich schüttelte den Kopf. »Was immer zwischen uns war – es ist vorbei! Es war in der Minute zu Ende, als ich herunterkam und begriff, dass die mir vertraute Welt eine Lüge war.«
Rush ließ den Kopf hängen. Seine Schultern sackten nach unten. Schweigend trat er zurück und ließ mich hinaus. Sein Anblick brach mir das Herz. Doch es ging nicht anders. Unsere Liebe war befleckt.
I ch sah nicht zurück, und er rief auch nicht nach mir.
Ich ging mit dem Koffer die Treppe hinunter. Unten angekommen, sah ich, wie mein Vater mit düsterer Miene aus dem Wohnzimmer in die Halle trat. Erst jetzt fiel mir auf, wie alt er aussah. Die letzten fünf Jahre hatten es nicht gut mit ihm gemeint.
»Geh nicht, Blaire. Lass uns darüber reden. Denk erst mal in Ruhe über alles nach!« Er wollte, dass ich blieb. Wieso nur? Damit er sein Gewissen beruhigen konnte, nachdem er mein Leben zerstört hatte. Und das Nans.
Ich holte das Handy, das Rush auf Dads Wunsch hin für mich gekauft hatte, aus der Tasche und hielt es ihm hin. »Nimm’s. Ich will’s nicht«, sagte ich.
Er schaute es verdutzt an und sah dann wieder zu mir. »Was soll ich denn mit deinem Handy?«
»Ich will einfach nichts von dir«, erwiderte ich. Ich war zornig, aber erschöpft. Ich wollte einfach nur noch weg.
»Von mir hast du das aber nicht!«, sagte er immer noch erstaunt.
»Nimm das Handy mit, Blaire«, sagte Rush vom oberen Treppenende. »Wenn du gehen willst, kann ich dich nicht halten. Aber behalte das Handy. Bitte!« Er hatte mir das Handy gekauft. Dass Dad ihn darum gebeten hatte, stimmte gar nicht. In mir machte sich eine Benommenheit breit und ließ mich gegen weitere Schmerzen abstumpfen.
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