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Rushdie, Salman

Rushdie, Salman

Titel: Rushdie, Salman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luka und das Lebensfeuer
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ziemlich seltsam.» Nobodaddy zuckte wieder
auf Raschid Khalifas Art mit den Achseln. «Ist eben», führte er auf die ihm
eigene, geheimnisvolle Weise aus, «ein Vzsze.» Eine Welle der Erregung erfasste
Luka. «Ich weiß, was das ist», rief er. «Mein Bruder hat's mir erzählt. Die
gab's auch in seinem Abenteuer.»
    «Vorgänge-zu-schwierig-zum-Erklären»,
sagte Nobodaddy ein wenig allzu großspurig, während er ins Restau-Rat
voranging. «Sie bilden das Mysterium des Lebens und sind überall, in der realen
wie der magischen Welt. Ohne sie würde nichts funktionieren. Aber nur keine Panik,
Professor. Du siehst ja aus, als hättest du gerade die Elektrizität entdeckt,
oder China oder den Lehrsatz des Pythagoras.»
    «Manchmal»,
erwiderte Luka, «ist nicht zu übersehen, dass Sie nicht mein Vater sind.»
     
    *
     
    Das Essen
schmeckte überraschend gut, und Luka, Hund und Bär aßen reichlich, wenn auch
viel zu schnell, da sie sich allzu bewusst waren, wie aufmerksam die Ratten sie
beobachteten. Bär den Hund und Hund den Bären stierten sie besonders
feindselig an, weshalb sich die beiden ziemlich unwohl fühlten. An den Tischen
wurde eifrig gemurmelt, auf Rättisch, wie Luka vermutete, bis sich schließlich
ein Rattenmann, eine misstrauische Kreatur mit zusammengekniffenen Augen und
grauem Käppi, auf die Hinterbeine stellte und zu ihnen herüberkam. Er war ganz
offensichtlich von seinen Freunden dazu bestimmt worden, die Neuankömmlinge zu
verhören. «Sssossso, Ausssländer», begann die Inquisitorratte ohne jede
Umschweife, «darf ich fragen, wie Ssssie'sss finden, unser grosssartigesss
Ressspektorat desss Ichss?»
    «Ich, ich,
Sir, ich, ich, Sir», riefen alle Restau-Ratten im Chor.
    «Wir
lieben unser Land», erklärte die Inquisitorratte in kühlem Ton. «Und Sie?
Lieben Sie auch unser Land?»
    «Es ist
nett hier», sagte Luka vorsichtig, «und das Essen ist ausgezeichnet.»
    Der
Inquisitor kratzte sich am Kinn. «Warum bin ich nur nicht gänzlich überzeugt?»,
fragte er, als redete er mit sich selbst. «Warum vermute ich bloß, dass sich etwas
Beleidigendes hinter diesem oberflächlichen Lob verbirgt?»
    «Wir
müssen weiter», stieß Luka hastig hervor und stand auf. «Schön, Sie
kennengelernt...» Doch der Inquisitor streckte eine Klauenhand aus und packte
Luka an der Schulter. «Sag», forderte er ihn grob auf. «Glaubst du, dass zwei
mal zwei fünf ist?»
    Luka
zögerte, da er nicht wusste, wie er antworten sollte, woraufhin der Inquisitor
zu seiner ungeheuren Überraschung so plötzlich auf den Restau-Rat-Tisch
sprang, dass Teller und Gläser in alle Richtungen flogen, um dann ein laut
gefauchtes, unmelodiöses Lied anzustimmen.
     
    Glaubst du
auch, die Welt ist flach? Zwei mal zwei ist fünf, stimmt das? Unser Boss ist
der größte Potentat? Sssag respektierssst du die Ratt'? Oh, respektierssst du
die Ratt'?
     
    Issst's
richtig rum, wenn ich sag 's ist falsch? Issst's schwarz, wenn ich sag 's ist
weiß? Und Quieken ist das schönste Geräusch? Wenn ich sag ich hob recht,
respektierssst du das? Sssag respektierssst du, dass ich recht hab?
     
    Stimmt's,
nichts ist besser als ich? Gefällt dir meine Krawatt'? Frag nie mehr Warum,
Weshalb, Was! Sssag respektierssst du die Ratt'?
    Tust du's?
Oder nicht? Tust du's? Oder nicht? Sssag, respekäerssst du die Ratt'?
     
    Da
sprangen alle Ratten im Restau-Rat auf die Hinterbeine, falteten die Klauen
vor der Brust und sangen im Chor:
     
    Ich, ich,
Sir, Ich, ich, Sir.
    Wir alle
rufen: Ich, Ich, Ich. Hat man Respekt, muss man nicht streiten, Nicht
sinnieren, spekulieren, zweifeln, Wir alle rufen: Ich, Ich, Ich.
     
    «Aber das
ist doch Unsinn!» Die Worte platzten einfach so aus Luka heraus, und
schlagartig erstarrten die Ratten in ihrer jeweiligen Haltung. Langsam, ganz
langsam drehten sie den Kopf zu Luka um, und die Ratten fletschten die Zähne.
Ihre Augen funkelten böse. Das ist aber gar nicht gut, dachte Luka, und Bär und
Hund rückten näher zusammen, bereit, um ihr Leben zu kämpfen. Selbst Nobodaddy
sah ausnahmsweise ziemlich hilflos aus. Die Ratten rückten heran, und ganz
langsam, einen Rattentrippelschritt nach dem anderen, zog sich der Kreis um
Luka zusammen.
    «Unsssinn,
sssagst du», grübelte die Inquisitorratte laut. «Aber das ist unsere
Nationalhymne. Würdet ihr, meine Nagetiere und Gefährten, behaupten, dass
dieser junge Spund sich gut benommen hat? Oder verdient er, hmmm, sagen wir:
ein schwarzes Mal?»
    «Ein
schwarzes Mal!»,

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