Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rushdie, Salman

Rushdie, Salman

Titel: Rushdie, Salman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luka und das Lebensfeuer
Vom Netzwerk:
offenbar
auch des gefährlichsten Sicherheitspersonals der magischen Welt. «Er schwebte
über Captain Aags Schulter und ist dann verschwunden. Wir haben nicht weiter
auf ihn geachtet, und jetzt zahlen wir den Preis für unsere Sorglosigkeit.»
    Endlich
verstummte die Sirene des Feueralarms, doch das wuselige Treiben um sie herum
wurde eher noch hektischer. Soraya zog Luka hinter die Rhododendronbüsche.
«Wenn der Feueralarm ausgelöst wird, bedeutet das zweierlei», erklärte sie.
«Zum einen wissen die Aalim nun, dass jemand versucht, das Lebensfeuer zu
stehlen. Zum anderen aber bedeutet es, dass alle Bewohner des Herzens der
Magie von nun an jeden Eindringling sehen können, bis das Signal für
Entwarnung ertönt. Nur wird das erst gegeben, wenn man den Dieb gefasst hat.»
    «Soll das
heißen, dass mich jetzt jeder sehen kann?», fragte Luka entsetzt. «Und Hund und
Bär?» Kaum hörten das Hund und Bär, rannten sie ebenfalls hinter die Rhododendronbüsche,
um sich zu verstecken. Soraya nickte. «Ja», sagte sie. «Uns bleibt nur eine
einzige Möglichkeit. Du musst deinen Plan aufgeben und dich an Bord von Resham begeben,
dann fliege ich, so hoch und schnell ich kann, und versuche, dich an den Anfang
zurückzubringen, bevor dich jemand entdeckt. Denn wenn man euch drei fängt,
wird man euch auf der Stelle perminieren, ohne erst nach einer Erklärung für
eure Anwesenheit zu fragen oder euch einen Grund für solch drastische Maßnahmen
zu nennen. Oder man macht euch den Prozess und perminiert euch hinterher. Das
Abenteuer ist jedenfalls zu Ende, Luka Khalifa. Zeit, nach Hause zu gehen.»
    Luka
schwieg einen Moment. Dann sagte er einfach: «Nein.»
    Soraya schlug
sich mit der flachen Hand an die Stirn. «Jetzt kommt er mir auch noch mit
Widerworten. Ist das denn die Möglichkeit? Dann erkläre mir doch mal deinen
großen Plan, du Held. Ach was, lass mich raten! Mit einem Hund, einem Bären und
vier Drachen als gesamter Streitmacht willst du es mit allen Göttern und Ungeheuern
im Herzen der Magie aufnehmen, um zu stehlen, was noch nie gestohlen wurde,
was in Hunderten von Jahren noch niemand auch nur zu stehlen versucht hat, und
dann kehrst du nach Hause zurück, richtig? Wie denn? Und ich soll hier warten
und dich mitnehmen, ja? Na, dann mal los. Mach dich ans Werk. Klingt ja
wirklich nach einem tollen Plan.»
    «Du hast
fast recht», sagte Luka. «Nur hast du vergessen, dass Kojote für mich den
Lockvogel spielt.»
    Jetzt mach
aber mal halblang, chico, sagte Kojote entgeistert. Und immer
schön langsam. Habe ich nicht gerade gesagt, dass sich die Spielregeln geändert
haben? Das Angebot ist vom Tisch.
    «Überlegt
doch mal», sagte Luka. «Was tun Diebe, wenn der Feueralarm ertönt?»
    Sie rennen
um ihr Leben. Hat zwar sei Hunderten von Jahren keiner mehr versucht, aber
damals haben sie's jedenfalls getan. Genützt hat's nix. Selbst der Titan von
anno dunnemals wurde an einen Felsen gekettet, und der alte Geier knabbert...
    «Adler»,
sagte Luka. «Du hast gesagt, es sei ein Adler gewesen.»
    Gibt
verschiedene Meinungen hinsichtlich der Vogelsorte, aber nicht, was die
Knabberei angeht.
    «Wie auch
immer», fuhr Luka entschlossen fort. «Fliehen hat keinen Zweck, wenn wir nicht
in eine unerwartete Richtung fliehen. Und welcher Weg ist nach dem Feueralarm
der einzige Weg, von dem niemand glauben wird, dass wir ihn einschlagen?»
    Es war
Nobodaddy, der Lukas Frage beantwortete. «Der Weg zum Lebensfeuer», sagte er.
«Ins Herz des Herzens. Zur Gefahr. Du hast recht.»
    «Dann»,
sagte Luka, «ist das unser Weg.»
     
    Das
Lebensfeuer
     
    In der
gesamten magischen Welt herrschte Alarmstufe Rot. Schakalköpfige ägyptische
Gottheiten, grimmige Skorpion- und Jaguarmenschen, riesige, einäugige, Menschen
fressende Zyklopen, Flöte spielende Zentauren, deren Flötenklänge Fremde in
Felsspalten lockten, um sie dort auf ewig einzusperren, assyrische
Schatznymphen aus Gold und Juwelen, die mit ihren kostbaren Leibern Diebe in
Nester aus vergiftetem Flechtwerk lockten, geflügelte Greife mit mörderischen
Klauen, flügellose Basilisken, die mit leblosem Blick in alle Richtungen
stierten, Walküren auf Wolkenpferden am Himmel, stierköpfige Minotauren,
zischelnde Schlangenfrauen und riesige Rochs - größere Vögel als jener, der den
Seefahrer Sindbad mit in sein Nest nahm - preschten in wilder Hast über das
Land und durch die Luft, aufgeschreckt vom Feueralarm, und sie jagten, jagten.
Kaum ertönte der Alarm, stiegen

Weitere Kostenlose Bücher