Rushdie, Salman

ins Ohr, die er
aus einigen nicht besonders ehrfurchtsvollen Songs improvisiert hatte:
«Schenkt man sich Rosen am Nil», «Ich sing mein Lied heut nur für Freya», «When
The Girl In Your Arms Is The Girl Ischtar» und so weiter. Die Show schien gut
zu laufen; und als er zum großen Finale ansetzte, da yeahyeahten und schepperten
hinter ihm die Metallschweine.
    «Ihr seid
so gööttlich», flötete Bär der Hund, und die Wandlerinnen sangen: «Yeah, yeah (schepper), yeah, yeah (schepper), yeah, yeah (schepper).»
    «Ja, so
hiiimmlisch», sang Bär der Hund. «Yeah, yeah (schepper), yeah, yeah (schepper), yeah,
yeah (schepper).»
    «So
magisch, so mythisch so kosmisch und elysisch Ich bin des Lobes voll Ich find
euch Götter toll Ihr seid super duper yeah, yeah (schepper), My sweet gods yeah, yeah
(schepper), O my
gods.. .»
     
    Empörtes
Gebrüll und goldener Lichterglanz unterbrachen den Gesang des Hundes. Ra, der
Allerhöchste, löste sich aus dem Bann der Musik, schwang sich, glühend vor
Zorn, in die Luft und schoss wie eine Kugel hinauf zum Gipfel der Wissensberge.
Sämtliche Götter rasten ihm hinterher, was wie das größte Feuerwerk der Weltgeschichte
aussah. Verzweifelt blickte Bär der Hund ihnen nach. «Ich habe mein Publikum
verloren», sagte er bekümmert, doch Hund der Bär tröstete ihn. «Es lag nicht an
dir. Da oben ist was passiert», sagte er. «Vielleicht was Gutes. Wollen
hoffen, dass wir dem jungen Luka genug Zeit verschaffen konnten.»
    Ein
gigantisches weißes Pferd mit acht Beinen galoppierte wutschnaubend auf sie
zu. «Fliegen wir doch los und sehen nach, ob ihr's wirklich geschafft habt»,
sagte es. «Was heißen soll, dass ihr beide unter Arrest steht.» Dies war der
echte Slippy, König der Pferde, und er schien nicht besonders erfreut, sie zu
sehen. «Was dich und deine Schwestern angeht», sagte er zu Gyara-Jinn und den
übrigen Wandlerinnen, «so solltet ihr euch ebenfalls als festgenommen
betrachten. Wir entscheiden später, was mit euch geschieht, doch darf ich euch
vielleicht daran erinnern, dass Hochverrat nicht gerade zu den kleineren
Vergehen zählt.»
     
    *
     
    Als Luka
den gereimten Schlund der Zeit vor sich sah, wurde er nicht langsamer, da er an
der linken Schulter jetzt endlich jenen geisterhaften Druck fühlte, der ihm
verriet, dass dort die linke Dimension war, hier,
gleich neben ihm, also rannte er noch schneller, um
sich dann, genau am Rand des Abgrunds, nach links zu werfen ...
    ... doch
er stürzte in den tiefen Höllenschlund und zerstob, während er durch die
Schwärze flog, in eine Million blitzender Bruchstücke. Als er wieder zu sich
kam, zeigte sein Zähler hundert Leben weniger an, und er rannte aufs Neue zum
Abgrund; wieder warf er sich nach links, dem sanften Druck entgegen, taumelte
wieder ins Schwarze und zerplatzte erneut.
    Beim
dritten Mal passierte genau dasselbe. Als sich die blitzenden Bruchstücke
diesmal wieder zusammensetzten und Luka sah, dass sich in wenigen Augenblicken
insgesamt dreihundert Leben in nichts aufgelöst hatten, verlor er die Geduld.
«Also ehrlich, Luka Khalifa, das ist einfach erbärmlich», schalt er sich. «Wenn
du es jetzt nicht bringst, nachdem du es so weit geschafft hast, hast du die
endgültige Permination auch redlich verdient, die dir dann bevorsteht.»
    In diesem
Moment schoss ein rotes Eichhörnchen von rechts nach links über seinen Weg,
direkt am Rand des Abgrunds entlang, und verschwand einfach in der Luft. «Ach,
herrje», dachte Luka, «ich weiß nicht mal, ob es so etwas wie linkshändige -
linkspfotige? - Eichhörnchen gibt, doch wenn, dann war das eins davon. Ist doch
nicht zu fassen, wie mühelos und ohne zu zögern die Eichkatz auf den Weg linker
Hand hüpfen konnte. Glaubt man also wahrhaft und ernsthaft daran, kann man,
wenn einem danach ist, anscheinend ohne die geringste Mühe auf die andere
Seite huschen.» Woraufhin Luka dem Beispiel des Eichhörnchens folgte, sich
nach links wandte, einen Schritt machte und, ohne zu stolpern, die linkshändige
Version der magischen Welt betrat...
    ... in der
der Berg ganz anders aussah! Eigentlich war er sogar kein Berg
mehr, sondern ein flacher, grüner, mit Eichen, Ulmen, Platanen und
Pappelgruppen bestandener Hügel. Bienen umsummten blühende Büsche, Kolibris
flatterten, und Lerchen tirilierten, während rostrote Wiedehopfe wie Prinzen
über das Gras stolzierten. Nach links schlängelte sich ein hübscher Pfad, der
aussah, als könnte Luka ihm bis zum Gipfel