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Rushdie Salman

Rushdie Salman

Titel: Rushdie Salman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die bezaubernde Florentinerin
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oder ein Halstuch, woraufhin die sich dunkel verfärbenden Wangen des Herzogs seine Demü-tigung verrieten,
seine Wut. Es gab sechzehn Turnierkämpfer, Soldaten,
die zur Bewachung der Stadt zurückgelassen worden
waren, und zwei Preise, einen palio aus Goldbrokat sowie einen aus Silber. Der Herzog selbst trat nicht zum
Kampf an, sondern setzte sich neben Qara Köz, richtete
das Wort aber erst an sie, als die Preise gewonnen waren.
Nach den Spielen wurde im Palazzo Medici ein Bankett
veranstaltet, bei dem es zuppa pavese als Vorgericht und
Pfauen sowie Fasane aus Chiavenna gab, außerdem toskanische Wachteln und Austern aus Venedig. Man servierte Pasta nach arabischer Art mit reichlich Zucker und
Zimt, doch mied man aus Rücksicht auf die Empfindlichkeiten des Ehrengastes alle Köstlichkeiten mit
Schweinefleisch, so etwa [agioli mit Schweinskruste. Es
gab Quittenmarmelade aus Reggio, Marzipan aus Siena
und guten Florentiner Märzkäse, cacio marzolino. Berge
aus Tomaten bildeten die schönste Tischdekoration. Nach
dem Festmahl lauschte man Vorträgen von Dichtern und
Intellektuellen zum Thema Liebe, so wie einstmals bei
Agathons Fest, von dem uns Plato im Gastmahl berichtet.
Lorenzo schloss diesen Teil der Feierlichkeiten, indem er
selbst einige Zeilen aus dem Gastmahl zitierte: «Die Liebe erkühnt uns, für den Geliebten zu sterben - die Liebe
allein}}, deklamierte er, «Frauen ebenso wie Männer.
Dafür ist Alcestis, die Tochter des Pelias, ganz Hellas ein
Mahnmal, denn sie war willens, ihr Leben für ihren
Mann herzugeben, als niemand sonst dazu bereit war.}}
Als er mit einem Plumps wieder auf seinen Platz fiel,
fragte ihn Qara Köz, warum er gerade diese Stelle ausgesucht habe. «Warum vom Tode reden», sagte sie, «wo
wir doch ein höchst vergnügliches Leben führen?»
Lorenzo schockierte sie, als er ihr mit brutaler Offenheit
ant-wortete. Er hatte viel getrunken, obwohl allgemein
bekannt war, dass er nichts vertrug. «Der Tod, edle Dame, ist nie so weit fort, wie man glaubt}}, sagte er. «Und
wer weiß schon, was einem in Kürze abverlangt wird.}}
Daraufhin wurde Qara Köz sehr still, denn sie begriff,
dass das Schicksal aus dem Mund dieses rüpelhaften
Jünglings zu ihr sprach. «Ehe die Blume stirbt}}, sagte
er, «vergeht ihr Duft. Und Euer Aroma, edle Dame, hat
bereits beträchtlich nachgelassen, nicht wahr.}} Das war
keine Frage. «Man redet nur noch selten von Sphärenklängen, die in Eurer Nähe zu hören seien, von wundersamen Heilungen und unverhofften Leibesfrüchten in
unfruchtbaren Schößen. Nicht einmal unsere leichtgläubigsten Bürger, nicht einmal die Hungernden, die ihr
Brot mit Kräutern essen, damit Halluzinationen sie vom
ewigen Magenknurren ablenken, nicht einmal die Bettler,
die so oft Verfaultes oder giftige Pflanzen essen, dass sie
jeden Abend Dämonen sehen, nicht einmal die reden
noch von Euren magischen Kräften. Wo sind Eure Zaubersprüche hin, edle Dame, wohin Eure berauschenden
Düfte, die in allen Männern verliebte Gedan-ken wecken? Mir scheint, auch der Zauber der schönsten Frau lässt
- wie soll ich es sagen - mit dem Alter deutlich nach.»
Qara Köz war achtundzwanzig Jahre alt, doch litt sie
unter einer Mattigkeit, die ihre Ausstrahlung dämpfte,
unter einer Angespanntheit, für die auch private Gründe
verantwortlich waren, wie Lorenzo zu Recht und mit
aller Brutalität feststellte. «Sogar daheim», flüsterte er
hämisch, «steht nicht alles zum Besten, stimmt’s? Sechs
Jahre zusammen in Florenz, davor auch schon eine Weile, und Ihr habt immer noch kein Kind. Man wundert sich
über Eure eigene Unfruchtbarkeit. Arzt, heilt Euch
selbst.» Qara Köz wollte aufstehen, doch Lorenzo packte
sie fest am Arm und drückte sie zurück auf den Stuhl.
«Wie lange wird Euch Euer Beschützer noch beschützen,
wenn Ihr ihm keinen Sohn gebärt?», fragte er. «Falls er
denn überhaupt lebend aus den Kriegen zurückkehren
sollte.»
    Im selben Moment begriff sie, dass hier Verrat im Spiel
war, dass sich ein Mann unter Argalias Kommando, vielleicht auch eine ganze Gruppe von Männern, bereit erklärt hatte, ihn für eine in Aussicht gestellte Beförderung
zu verraten, was nur heißen konnte, dass ihm insgeheim
ein Messer zwischen die Rippen gestoßen werden sollte
oder aber dass ihm eine öffentliche Hinrichtung drohte.
Ein Verrat zog oft einen anderen nach sich. «Ihr werdet
ihn niemals töten, solange seine Männer ihn umgeben>,
sagte sie

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