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Rushdie Salman

Rushdie Salman

Titel: Rushdie Salman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die bezaubernde Florentinerin
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seine verderbten Kinder, Blut von seinem
Blute, Erben seiner Schwächen, aber keiner seiner Stärken! Prinz Murads Fallsucht hatte man bis heute vor der
Öffentlichkeit verheimlichen können, doch wie lange
noch? Und Daniyal schien zu rein gar nichts zu taugen,
schien auch keinerlei Persönlichkeit zu besitzen, obwohl
er Akbars gutes Aussehen geerbt hatte, worauf er kaum
stolz sein konnte, es in seiner Einbildung und Eitelkeit
aber dennoch war. Urteilte er zu streng über einen zehnjährigen Jungen? Ja, natürlich tat er das, aber dies waren
keine Jungen. Sie waren kleine Götter, die Regenten der
Zukunft: unglückseligerweise zum Herrschen geboren.
Er liebte sie. Sie würden ihn verraten. Sie waren die Sonne seines Lebens. Sie würden über ihn herfallen in tiefer
Nacht. Diese kleinen Arschficker. Er wartete nur auf ihren nächsten Zug.
    Wie jeden Tag wünschte sich der Monarch auch heute, er
könnte seinen Söhnen trauen. Birbal vertraute er, Jodha,
Abul Fazl und Todar Mal, aber seine Jungs behielt er
lieber im Auge. Er sehnte sich danach, ihnen trauen zu
können, wünschte sich, dass sie im Alter seine Stützen
wären. Er träumte davon, sich auf ihre sechs schönen
Augen zu verlassen, wenn seine eigenen schwächer wurden, auf ihre sechs starken Arme, wenn seine ihre Kraft
verloren, malte sich aus, wie sie einmütig zu seinen
Gunsten handelten, auf dass er wahrlich gottgleich würde, vielköpfig, vielarmig. Er wollte ihnen trauen, weil er
Vertrauen für eine Tugend hielt, die man hegen und pflegen musste, doch kannte er die Geschichte seiner Familie
und wusste, dass Vertrauen nicht gerade zu ihren Stärken
zählte. Seine Söhne würden zu schillernden Helden mit
mächtigen Schnurrbärten heranwachsen, und sie würden
sich gegen ihn wenden; er konnte es bereits an ihren Augen ablesen. Unter Ihresgleichen, unter den Tschagatai
von Ferghana, war es Brauch, dass die Kinder gegen die
gekrönten Eltern intrigierten, sie vom Thron stürzten, sie
in ihren eigenen Burgen gefangen setzten, auf einer Insel
im See, oder sie mit eigenem Schwert hinrichteten.
Salim, Gott segne ihn, diesen blutrünstigen Schlingel,
dachte sich schon früh raffinierte Methoden aus, Menschen umzubringen. Wenn mich jemand verrät, Papa,
lasse ich ein Muli schlachten und den Verräter ins frisch
abgezogene Fell stecken. Dann setze ich ihn falsch herum
auf einen Esel, treibe ihn mittags durch die Straßen und
sehe zu, wie die Sonne ihr Werk verrichtet. Die grausame
Sonne würde die Tierhaut trocknen, die sich folglich zusammenzog und den Feind in ihrem Innern langsam erstickte. Wie kommst du nur auf solch entsetzliche Ideen,
fragte der Herrscher seinen Sohn. Habe ich mir ausgedacht, log der Junge. Aber was willst du schon dagegen
sagen, Papa, schließlich habe ich selbst gesehen, wie du
dein Schwert gezogen hast, um einem Mann die Füße
abzuhacken, der ein Paar Schuhe gestohlen hatte. Der
Herrscher erkannte eine Wahrheit, wenn er mit der Nase
dar-auf gestoßen wurde. Falls es eine düstere Seite in
Prinz Salim gab, dann hatte er sie von niemand Geringerem als dem König der Könige geerbt.
Salim war sein Lieblingssohn und würde eines Tages
bestimmt auch sein Mörder sein. Sollte er, Akbar, einst
nicht mehr leben, würden sich die drei Brüder wie Straßenköter um den fleischigen Knochen seiner Macht balgen. Wenn er die Augen schloss und dem Getrappel der
spielenden Kinder lauschte, malte er sich aus, wie Salim
eine Rebellion gegen ihn anführte und scheiterte, dieser
schwächliche Jammerlappen. Wir werden ihm vergeben,
natürlich werden wir das, wir werden ihn leben lassen,
unseren Sohn, einen so hervorragenden, so prachtvollen
Reiter mit solch königlichem Lachen. Der Herrscher
seufzte. Er traute seinen Söhnen nicht über den Weg.
Die Frage der Liebe wurde durch derartige Probleme nur
verrätselt, denn der König vergötterte die drei Jungen, die
vor ihm über die Esplanade galoppierten. Starb er von
ihrer Hand, würde er den Arm lieben, der den tödlichen
Schlag ausführte. Doch er hatte keineswegs die Absicht,
sich von den kleinen Scheißern abservieren zu lassen,
solange noch ein Hauch Leben in ihm steckte. Eher würde er sie zur Hölle schicken. Er war Akbar, der Herrscher. Mit ihm war nicht zu spaßen.
Er hatte dem Mystiker Chishti vertraut, dessen Grabmal
im Hof der Freitagsmoschee stand, aber Chishti war tot.
Er vertraute Hunden, Liedern und Gedichten, einem
geistreichen Höfling

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