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Rushdie Salman

Rushdie Salman

Titel: Rushdie Salman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die bezaubernde Florentinerin
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er die Blumen für Glücksbringer hielt, und von den
fünfzehnhundert verschiedenen Tulpensorten Konstantinopels füllten vor allem sechs seine Palastgemächer: Paradieslicht, Unvergleichliche Perle, Lustmehrerin, Passionsstillerin, Diamantenneid und Rose der Morgenröte.
Sie waren seine Lieblingsblumen, und sie verrieten,
welch sinnlicher Mensch im Kriegerpanzer steckte, ein in
der Haut eines Mörders verborgenes Lustgeschöpf,
Weibliches im Männlichen. Zudem besaß er die Vorliebe
einer Frau für äußere Pracht: Trug er keine Rüstung, behängte er sich mit Seide und Juwelen; außerdem hegte er
eine große Schwäche für exotische Pelze, für den
schwarzen Fuchs und Luchs aus dem Moskowiterland,
die über Theodosia auf der Krim geliefert wurden. Sein
Haar war lang und schwarz wie das Böse, die Lippen voll
und so rot wie Blut.
    Um Blut und Blutvergießen drehte sich sein Leben. Bei
mindestens einem Dutzend Feldzügen hatte er Sultan
Mehmed 11. gedient und jede Schlacht gewonnen, in der
er seine Arkebuse in Anschlag brachte, sein Schwert aus
der Scheide zog. Wie einen Schild hatte er einen Zug
Janitscharen um sich geschart, darunter als seine Leutnants die Schweizer Riesen Otho, Botho, Clotho und d’
Artagnan, und obwohl am osmanischen Hof eine Intrige
die andere jagte, hatte er sieben Attentate unbeschadet
überstanden. Nach Mehmeds Tod geriet das Reich an den
Rand eines Bürgerkriegs zwischen den beiden Söhnen
Bayezid und Cem. Als Argalia erfuhr, dass sich der
Großwesir entgegen aller muslimischen Tradition drei
Tage lang weigerte, den Leichnam des verstorbenen Sultans zu beerdigen, damit Cem nach Stambul gelangen
und den Thron an sich reißen konnte, eilte er mit den
Schweizer Riesen zu den Gemächern des Wesirs und
brachte ihn um. Dann führte er Bayezids Armee gegen
den Möchtegern-Usurpator und trieb ihn ins Exil. Bald
darauf wurde er zum Oberbefehlshaber des neuen Sultans
ernannt. Er focht gegen die Mamelucken Ägyptens zu
Lande und zu Wasser, und als er die Allianz aus Venedig, Ungarn und dem Vatikan bezwang, kam sein Ruf als
Admiral nur noch seinem Ruhm als Krieger zu Lande
gleich.
    Danach bereiteten ihm die Kizilbasch aus Anatolien die
größten Probleme. Sie trugen rote Kopfbedeckungen mit
zwölf Zwickeln, um ihre Vorliebe für die Zwölferschiiten
kundzutun, weshalb sie schließlich auch von Schah Ismail von Persien angegriffen wurden, dem selbsternannten Wahrhaftigen Gott. Bayezids dritter Sohn, Selim der
Grimmige, wollte sie restlos vernichten, aber sein Vater
war zurückhaltender. Daraufhin begann Selim der Grimmige seinen Vater für einen Schwächling und Zauderer
zu halten. Als der Pokal von Schah Ismail aus Stambul
eintraf, fasste Selim ihn als tödliche Beleidigung auf.
«Diesem Ungläubigen, der sich selbst Gott nennt, werden
wir Manieren beibringen», verkündete er und nahm das
Gefäß entgegen, wie ein Duellant einen Handschuh annimmt, mit dem ihm ins Gesicht geschlagen wurde. «Aus
diesem Pokal trinke ich das Blut des Safawiden», versprach er seinem Vater. Argalia, der Türke, trat vor:
«Und ich werde ihm den Trank einschenken», sagte er.
Als Bayezid diesem Krieg die Genehmigung verweigerte,
änderte sich die Lage für Argalia. Nur wenige Tage später schloss er sich mit seinen Janitscharen Selim dem
Grimmigen an, und Bayezid wurde vom Thron gejagt.
Man versetzte den alten Sultan in den vorzeitigen Ruhestand und schickte ihn zurück nach Didymoticho in Thrakien, seinem Geburtsort, doch starb er unterwegs zum
Glück an gebrochenem Herzen, denn für Männer, die die
Nerven verloren haben, hat die Welt keinen Platz. Mit
Argalia an der Seite spürte Selim seine Brüder Ahmed,
Korkud und Shahinshah auf und tötete sie ebenso wie all
deren Söhne. So war die Ordnung wiederhergestellt und
die Gefahr eines Staatsstreichs gebannt. (Als Argalia
viele Jahre später Il Machia von diesen Taten erzählte,
rechtfertigte er sich mit den Worten: «Wenn ein Fürst die
Macht an sich reißt, sollte er die schlimmsten Ta-ten
gleich zu Beginn begehen, denn seinen Untertanen wird
danach jedes weitere Vorgehen wie eine Besserung vorkommen.»
    Als Il Machia dies hörte, schwieg er eine Weile nachdenklich und nickte dann versonnen. «Schrecklich», antwortete er Argalia, «aber wahr.», Dann wurde es Zeit,
gegen Schah Ismail vorzugehen. Argalia und seine Janitscharen wurden nach Rum in Nordanatolien gesandt, um
Tausende Kizilbaschs zu verhaften und noch

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