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Rushdie Salman

Rushdie Salman

Titel: Rushdie Salman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die bezaubernde Florentinerin
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niederzumetzeln, auf dass die Bastarde Ruhe gaben,
wenn die Armee durch ihr Land zog, um Schah Ismail
den Brief Selims des Grimmigen zu überbringen. In seiner Botschaft hatte Selim geschrieben: «Ihr haltet Euch
nicht länger an die Gebote und Verbote göttlicher Gesetze. Ihr habt Eure abscheuliche Schiitengemeinde zu unduldbaren sexuellen Ungeheuerlichkeiten aufgehetzt und
unschuldiges Blut vergossen.» Einhunderttausend Soldaten der Osmanen schlugen ihr Lager in Ostanatolien am
Van-See auf, um Schah Ismail diese Worte in seinen
blasphemischen Rachen zu stopfen. Zu ihnen gehörten
zwölftausend Arkebusiere der Janitscharen unter Argalias
Kommando. Außerdem hatten sie fünfhundert miteinander verkettete Kanonen dabei, eine schier unüberwindbare Barriere.
Die persischen Truppen stellten sich ihnen bei Chaldiran
am nordöstlichen Ufer des Van-Sees. Schah Ismails Armee zählte nur vierzigtausend Mann, fast ausnahmslos
Reiter, doch wusste Argalia, der ihre Schlachtordnung
musterte, dass eine zahlenmäßige Überlegenheit durchaus nicht immer die Schlacht entschied. Wie Vlad Dracula in der Walachei hatte Ismail die Strategie der verbrannten Erde angewandt. Anatolien war verkohlt und
leer geräumt; die über Sivas nach Arzinjan vorrückende
Armee der Osmanen fand nur wenig zu essen und zu
trinken. Selims Soldaten waren folglich müde und hungrig, als sie nach langem Marsch am See rasteten, und eine
solche Armee ist immer besiegbar. Als Argalia sich mit
der verschwiegenen Prinzessin später über diesen Tag
unterhielt, erklärte sie ihm, warum ihr früherer Geliebter
bezwungen worden war.
    «Ritterlichkeit», sagte sie. «Trottelige Ritterlichkeit - und
weil er auf einen dummen Neffen statt auf mich gehört
hat.»
Unwahrscheinlich, wie es klingen mag, ist es doch wahr,
dass die Zauberin Persiens mit Spiegel, ihrer Sklavin, auf
dem Feldherrnhügel über dem Schlachtfeld zugegen war;
eine Brise wehte ihr den dünnen Gewandschleier ins Gesicht und derart aufreizend gegen die Brüste, dass ihre
Schönheit, so wie sie dort vor des Königs Zelt stand, alle
Gedanken der Soldaten an Krieg verdrängte. «Er muss
verrückt gewesen sein, als er Euch herbrachte}}, sagte
ein blutverdreckter und des Schlachtens müder Argalia,
sobald er sie am Ende eines totenreichen Tages fand.
«Ja», erwiderte sie in sachlichem Ton. «Ich habe ihn verrückt vor Liebe gemacht.}}
Was allerdings strategische Fragen betraf, konnten all
ihre Zauberkünste nicht bewirken, dass er ihr Gehör
schenkte. «Seht}}, rief sie, «noch arbeiten sie an ihren
Verteidigungsanlagen. Greift jetzt an, solange sie nicht
bereit sind.» Und: «Seht», rief sie, «sie haben fünfhundert Kanonen aneinandergekettet; dahinter stehen zwölftausend Gewehrschützen. Galoppiert nicht einfach drauflos, sonst mähen sie Euch nieder.}} Und: «Habt Ihr keine
Gewehre? Ihr wisst doch, was Gewehre sind? Um Himmels willen, warum habt Ihr keine Gewehre mitgebracht?}} Worauf Durmish Khan, der Narr, der Neffe des
Schahs, antwortete: «Es wäre aber nicht fair, wenn wir
angriffen, solange sie noch nicht kampfbereit sind.» Und:
«Es wäre auch nicht edel, wenn unsere Männer sie von
hinten überfielen.» Und: «Das Gewehr ist keine Waffe
für einen Mann. Das Gewehr ist für Feiglinge, die sich
vor dem Nahkampf fürchten. Wie viele Gewehre sie aber
auch immer haben mögen, wir werden den Kampf zu
ihnen tragen, bis sie sich im Handgemenge verteidigen
müssen. Heute entscheidet der Mut, nicht diese - halt -
diese Arkebusen.}} Mit einem verzweifelten Lachen
wandte sie sich zu Schah Ismail um. «Sagt diesem Mann,
er ist ein Trottel», befahl sie ihm, doch Schah Ismail! von
Persien antwortete: «Ich bin kein Karawanendieb, der
sich im Schatten verkriecht. Gottes Wille wird geschehen.»
Sie weigerte sich, der Schlacht zuzusehen, und blieb im
königlichen Zelt sitzen, das Gesicht vom Eingang ab gewandt. Spiegel saß neben ihr und hielt ihre Hand. Schah
Ismail führte den Angriff über den rechten Flügel, der
den linken der Osmanen zermalmte, doch hielt die Zauberin auch weiterhin ihr Gesicht abgewandt. Beide Armeen erlitten schreckliche Verluste. Die persische Kavallerie mähte die Blüte der osmanischen Reiterei nieder,
die Illyrer, Mazedonier, Serben, Epiroten, die Thessalier
und Thraker. Auf der Seite der Safawiden sank ein Befehlshaber nach dem anderen nieder, und sobald sie starben, murmelte die Zauberin im Zelt ihre Namen. Muhammad Khan

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