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Russisch Blut

Titel: Russisch Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Katalina Cavic.«
    »Ja, wo finde ich Sie denn? Sie sind auf dem Schloß, wurde mir gesagt. Aber da geh ich nicht hin, das ist mir zu weit!«
    »Frau –«
    »Ich bin Frau Werner, und mein Liao hustet so komisch.«
    »Liao ist Ihr –« Erkälteter Guppy? Alles war möglich.
    »Liao-Wangtai von Aasenheim. Ein Chow-Chow, fünf Jahre alt – ein ganz wunderbares Tier!«
    Katalina notierte Name und Anschrift. »Und er hustet, sagen Sie.«
    »Können Sie gleich kommen? Es ist dann nämlich Zeit für meinen Mittagsschlaf, und nachmittags kommt Besuch.«
    Was für eine herrische Lady – getreu dem Spruch: »Der Chow ist ein Hund, der ein Herr ist, auf der Suche nach einem Herrn, der kein Hund ist.« Wenigstens hatte die alte Dame zu tun. Es gab genug einsame Leute, die ihrem Tier alles mögliche andichteten, damit wenigstens ein Mensch mal nach ihnen sieht.
    Sie kramte den Stadtplan von Blanckenburg hervor. Frau Werner wohnte nicht in der Altstadt, nein, sie residierte im Kurviertel, in dem sich die Bessergestellten um die Jahrhundertwende Jugendstilschlösschen und Fachwerkvillen hatten bauen lassen, damals, als ein Kurort mit Heilquelle nicht die Rentner, sondern die Reichen und Bedeutenden anlockte. Wie es sich gehörte für die Besitzerin eines reinrassigen Chow-Chows. Katalina sah auf die Uhr. Zu Fuß war das nicht zu schaffen. Sie brauchte bald einen Wagen oder wenigstens ein Mietauto. Ein Moped. Ein Fahrrad! Wie schnell man doch bescheiden wird. Sie hatte gestern ein Fahrrad gesehen, beim Stall, in einem offenen Unterstand.
    Katalina zog Laufschuhe an, nahm die Wetterjacke vom Haken und griff sich den Arztkoffer. Dann lief sie hinüber zum Traiteurshaus. Eine Klingel gab es nicht, also ging sie hinein. Im Flur roch es noch immer nach Essen. Sie klopfte an die Küchentür. Nichts rührte sich. Sie zögerte. Dann öffnete sie die Tür.
    Der Anblick überraschte sie. Alma stand in Rock und BH vor dem Sofa, auf den sie einen großen Spiegel gestellt hatte, und betrachtete sich. Sie hatte sich noch stärker geschminkt als sonst, ihr Dekolleté glitzerte, als ob sie Goldpuder aufgetragen hätte und um ihren nicht eben schwanengleichen Hals lag ein Kollier aus Glastropfen in tiefem Rot. Sie drehte sich langsam um.
    »Und?« fragte sie. »Was sagen Sie dazu?«
    »Schön«, sagte Katalina. Mehr fiel ihr nicht ein.
    Alma seufzte, nahm das Kollier ab und schlüpfte in die Bluse, die sie über den Stuhl vor dem großen Tisch geworfen hatte, auf dem Kästen mit Schmuckperlen lagen, Silberdraht, Zangen. »Ich wünschte, es wäre nur ein Hobby«, sagte Alma mit Blick auf ihr Handwerkszeug. »Aber ich müßte mal wieder was davon verkaufen.«
    Sie drehte sich um und setzte den Wasserkocher auf.
    »Ich habe eigentlich nur eine Frage.« Katalina hatte keine Lust auf ein beschauliches Kaffeestündchen mit Alma. Und keine Zeit.
    »Die anderen sind in der großen Stadt. Geld verdienen. Wichtige Termine. Na, was man so alles vorschützt, wenn man den Anblick hier nicht mehr erträgt.« Alma nahm eine Dose aus dem Regal und versuchte, den Schraubdeckel zu öffnen. »Sophie ist Kunsthistorikerin, ich weiß gar nicht, ob Sie das wissen.« Katalina schüttelte den Kopf. »Alex muß immer mal nach seiner Anwaltskanzlei gucken, Peer nach der Bank.« Ein Banker. Irgendwie überraschte sie das nicht.
    »Könnten Sie mal?« Alma hielt ihr die Dose hin. »Sie sehen so aus, als ob –«
    Alma sprach es wenigstens nicht aus. Aber Katalina wußte ja, wie sie wirkte. Wie eine, die gewohnheitsmäßig und mit leichter Hand zehn Bullen am Stück kastrieren konnte. »Patent«, hatte der Arzt gesagt, bei dem sie ihr zweites Praktikum absolvierte. Er mußte es als Kompliment gemeint haben, denn er war ihr trotzdem an die Wäsche gegangen. Sie reichte die geöffnete Dose zurück.
    »Und Erin hockt in ihrer Bibliothek.« Alma klang plötzlich geringschätzig. »Ich – nun ich habe das Glück, hier die Stellung halten und auf meine nichtsnutzige Tochter aufpassen zu dürfen.« Sie setzte sich an den Tisch und schob mit dem Unterarm die Kästen und Werkzeuge beiseite. »Warum setzen Sie sich nicht?«
    »Ehrlich gesagt –«
    »Und haben Sie eigentlich mitgekriegt, daß der Hund tot ist? Sophie hat gestern abend ein Theater gemacht, als ob es ihren Lebensgefährten erwischt hätte.«
    »Leo?« Die Nachricht überraschte sie. Das Tier hatte zwar betäubt gewirkt, aber davon abgesehen völlig gesund. Hatte sie sich etwa getäuscht? Einen Fehler gemacht?
    »Vor

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