Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Russisch Blut

Titel: Russisch Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
Vom Netzwerk:
Jetzt war sie sicher.
    Zeus klärte die Situation auf seine Weise. Er sprang aufs Bett und wieder hinunter, leckte dem alten Herrn die Hände und begann, als der Mann zu prusten anfing, in heiliger Ekstase seinen Schwanz durchs Zimmer zu jagen.
    »Können Sie nicht gleich sagen, daß Sie es sind?« raunzte der Alte.
    Katalina grinste. »Wem wollen Sie eigentlich etwas vormachen? Sie sind weder krank noch debil.«
    »Kann ja noch kommen«, murmelte der alte Herr.
    »Ein Stallknecht unten im Dorf hat behauptet, den Grafen oben im Schloß gesehen zu haben.«
    »Nanu«, sagte der Alte und blinzelte ihr zu. »Glauben Sie an Wiederauferstehung?«
    »Sie sehen einem Ölbild ziemlich ähnlich, das unten im Gartensaal hängt, im Neuen Flügel.«
    Er setzte sich auf. »Es ist wieder da?«
    »Ziemlich ramponiert. Aber die Ähnlichkeit ist frappierend.«
    Der Alte schien nachzudenken. Dann sah er sie an und nickte. »Gregor Gawan Graf von Hartenfels zu Blanckenburg, 1640 bis 1723. Ich könnte als sein Geist umgehen.«
    »Und was tun Sie hier statt dessen?«
    »Ich unterhalte mich mit Ihnen. Reicht das nicht?«
    Katalina stellte das Tablett mit den Überresten einer Mahlzeit beiseite und setzte sich neben den Grafen.
    »Sie tun so, als seien Sie nicht bei Trost. Die Frankens halten Sie für wirr im Kopf. Warum?«
    Der Alte schwieg. »Es ist besser so«, sagte er nach einer Weile.
    »Und warum hat jemand letzte Woche versucht, Sie ins Jenseits zu befördern?«
    »Niemand von den Frankens«, sagte er leise. »Die brauchen mich noch.«
    Zeus hatte sich knurrend auf einen der Hausschuhe des Grafen gestürzt und schüttelte ihn, als ob er ihm das Genick brechen wollte.
    »Sind Sie sicher?« Katalina betrachtete den alten Herrn. »Sind Sie ganz sicher?«
    Sie jedenfalls hatte ihre Zweifel. Irgend jemandem war der Graf im Weg.

4
    Es war noch nicht acht, als es an der Haustür klopfte. Katalinas Herz schlug schneller. Das würde sich wohl nie geben, diese Angst vor den Männern mit den schweren Stiefeln, die immer morgens kamen. Aber die klopften nicht, die traten gleich die Tür ein.
    Sie stand auf vom Küchentisch. Zeus lag satt auf dem Hundebett und gähnte nur. Er jedenfalls witterte keine Gefahr.
    Sie erkannte die Männer nicht gleich.
    »Kriminalhauptkommissar Köster«, sagte der Ältere. »Und das ist mein Kollege.«
    »Kriminalkommissar Sager.« Der junge Mann mit der Brille verneigte sich leicht.
    »Wir hätten da noch ein paar Fragen.«
    Was sonst? dachte Katalina und ging voraus in die Küche. Zeus klopfte kurz mit dem Schwanz auf den Boden und schlief dann wieder ein. Er schien Urvertrauen in die Staatsgewalt zu haben, ganz im Unterschied zu ihr, die sich in der Gegenwart ihrer Organe noch immer nicht wohl fühlte.
    »Es geht um die Sache Sigurd Rust.« Köster blickte sich in der Küche um, während Sager seinen Notizblock aufklappte und den Kugelschreiber daneben legte. »Wir haben den Obduktionsbericht erhalten.« Köster beugte sich leicht vor und fixierte sie, als ob er jede ihrer Regungen auf Verdachtsmomente überprüfen wollte.
    Katalina merkte, wie sie sich von diesem Blick hypnotisieren ließ, und stand auf, um Kaffee nachzugießen.
    »Die Leiche des Rust weist Hämatome auf.«
    »Blutergüsse«, ergänzte Sager und lächelte entschuldigend.
    Darauf wäre sie wirklich nicht gekommen! Katalina bemerkte fast zu spät, daß sie drauf und dran war, einen zweiten Löffel Zucker in den Kaffee zu rühren.
    »Im Brustbereich und am linken Oberschenkel.« Köster starrte sie wieder an.
    Wollte er, daß sie zusammenbrach und gestand? »Sie meinen: der Tod ist auf äußere Gewaltanwendung zurückzuführen?«
    Köster wiegte den Kopf. »In meinem Beruf hat man keine Meinungen, Frau – ähh –«
    »Cavic«, sagte Katalina. »Vorne Ka, hinten witsch.«
    »Dem Obduktionsbericht zufolge –« Köster legte die Fingerspitzen aneinander, als ob er beten wollte. »Der Gerichtsmediziner hat als Todesursache einen Herzinfarkt festgestellt.«
    »Also doch.«
    Köster hatte ihr die Erleichterung offenbar angemerkt und hob die Stimme. »Er schließt jedoch nicht aus, daß der Infarkt die Folge eines Schocks war, den ein tätlicher Angriff hervorrufen kann.«
    Sager klopfte mit dem Finger lautlos auf seinen Kugelschreiber. Da ihr noch keine Frage gestellt worden war, gab es auch keine Aussage zu protokollieren.
    »Sie als Veterinärmedizinerin.« Köster sprach das Wort geradezu andächtig aus. »Können Sie sich vorstellen, daß Sigurd

Weitere Kostenlose Bücher