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Russisch Blut

Titel: Russisch Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Signora. Es sollen zwei Soldaten gewesen sein, ein Amerikaner, ein Russe. Sie sollen sich gegenseitig …« – er machte die Handbewegung, die alle Männer beherrschen, egal, ob sie mit Handfeuerwaffen umgehen können oder nicht.
    »Und – wurde sonst noch was gefunden?« Wider Willen dachte sie an das, was die beiden Kripobeamten ihr erzählt hatten. Dachte an Tafelsilber und Familienporträts und was man damals wohl sonst noch vor den Eroberern in Sicherheit bringen wollte. Ihre Phantasie versagte vor der Vorstellung, welche Reichtümer zur Zeit von Nazideutschland unter der Erde gelandet sein könnten.
    Ettore wiegte die Schultern und lächelte geheimnisvoll. Und ließ sie wieder nicht bezahlen.
    Zu Hause machte sie einen langen Spaziergang mit Zeus. Eigentlich hatte sie den Platz der ehemaligen Schloßkirche aussparen wollen, sie hatte keine Lust auf eine Begegnung mit Moritz Bergen. Aber Zeus zerrte sie genau dorthin – und natürlich war er da und lächelte ihr entgegen. Noa stand neben den Studenten, die auf den Bildschirm des Laptops starrten, den sie auf einen Gerätekoffer gestellt hatten. Bergen winkte sie heran.
    »Schauen Sie«, sagte er und bewegte die Maus über den improvisierten Schreibtisch. Das verschwommene Bild schrumpfte und wurde dann klarer. Man sah Schatten, Linien, Kreise. »Das sind die ersten Ergebnisse unserer Untersuchung.«
    Noa schaute auf. »Ich hab’ den Smartmag über den Rasenstreifen dort hinten gefahren.« Ihre Augen glänzten.
    »Wir haben uns den SM4G-Magnetometer von der Universität ausgeliehen, das ist der komische Kinderwagen da«, sagte Mark. »Damit wird der Boden auf Magnetisierungsprozesse untersucht.«
    Katalina verstand kein Wort, aber sie war sich sicher, daß man ihr alles erklären würde – ob sie wollte oder nicht.
    »Die verschiedensten Materialien wie Siedlungs- und Brandschutt, Ziegel, Gesteine, aber auch verrottetes organisches Material wie Holz hinterlassen magnetische Spuren, die das Magnetfeld der Erde stören. Diese Spuren untersucht der Smartmag, dessen Meßdaten in einem Resamplingprozeß aufgearbeitet und digital dargestellt werden. So etwa.« Bergens Finger deutete auf den Bildschirm, auf dem man jetzt etwas sah, das an das Luftbild eines Ruinenfeldes erinnerte. »Sieht aus wie ein Foto der Strukturen im Untergrund, oder? Wir hatten schon Fälle, in denen sich Magnetogramm und Grabungsbefund kaum voneinander unterschieden.«
    Auf dem Bild sah man unten ein langgestrecktes Rechteck, über dessen Schmalseite sich ein Halbkreis erhob. Es erinnerte entfernt an die Apsis einer Kirche. »Das könnte die Krypta sein«, sagte Noa eifrig.
    Die Krypta. Die Totengruft kirchlicher Würdenträger und der Familie Hartenfels.
    Bergen verkleinerte das Bild ein weiteres Mal. Am rechten oberen Rand konnte man einen kreisförmigen Umriß erkennen. »Der Brunnen – vielleicht.«
    »Phantastisch, oder?« Noas Gesicht war gerötet. Die Kleine sah hinreißend aus.
    Katalina hätte gerührt sein sollen. Aber statt dessen war sie alarmiert. »Was haben Sie vor?« Sie hörte ihre Stimme schrill werden. Die anderen sahen sie befremdet an. »Ich meine – sollte der Kirchplatz nicht nur zu Demonstrationszwecken untersucht werden?«
    »Genau das machen wir.« Bergen sah sie aufmerksam an. »Ganz ohne Spaten und finstere Hintergedanken.«
    »Das ist doch spannend , Katalina!« Noa lächelte sie an, entwaffnend. »Und vielleicht finden wir sogar den Geheimgang. Schau dir mal diese Linie hier an!«
    Also doch. Kindermund tut Wahrheit kund. Bergen hob die Augen gen Himmel und breitete ergeben die Arme aus. Wider Willen mußte Katalina lächeln. Sie sah, daß Mark Noa in die Seite stupste und ihr verschwörerisch zublinzelte. Die beiden schienen ihre eigenen Pläne zu haben.
    Zeus drängte darauf weiterzuziehen. Sie tat ihm den Gefallen, aber sie hatte ein mulmiges Gefühl. Was, wenn Bergen den Enthusiasmus der Jüngeren mißbrauchte für eigene Absichten? Sie stellte sich Noas Enttäuschung vor. Wenn sie nur wüßte … Was die Polizei sich dachte, hatte sie begriffen. Aber was glaubte sie?
    Sie verbrachte den Rest des Abends mit einem Buch und einem Glas Wein, bis sie um Mitternacht unruhig wurde. Als sie aufstand, war auch der Hund hellwach. »Wir gehen auf Pirsch, Kleiner«, flüsterte sie ihm zu und nahm die schwarze Lederjacke vom Haken.
    Die Luft draußen war kühl und feucht. Die Mondsichel lag auf dem Rücken wie ein Mann in der Hängematte. In der Tanne rumorte ein

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