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Russisch Blut

Titel: Russisch Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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zertrampelt.«
    »Stetson was?«
    »Ein klassischer Herrenhut aus Filz. Und außerdem hat Rust geraucht.« Bergen nahm eine zerknitterte Zigarettenschachtel aus der Jackentasche und hielt sie hoch. »Ob das ähnlich wirkt, probiere ich morgen aus.« Er steckte die Packung wieder ein.
    Katalina brauchte eine Weile, um die Idee zu verdauen. Friesenpferde galten als besonders umgänglich, sie hatte die große Nervosität der Stute deshalb auf einen Zuchtfehler zurückgeführt. Die alte Pferderasse war schon oft vom Aussterben bedroht gewesen. Erst in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts gab es wieder einen halbwegs ansehnlichen Bestand, erzeugt durch Rückzüchtung, die notwendigerweise mit Inzucht verbunden war.
    Als er sie plötzlich anlächelte, merkte Katalina, daß sie Bergen schon seit geraumer Zeit mit gerunzelter Stirn anstarrte. »Sie meinen, jemand hat versucht, das Tier zu konditionieren? Auf Hüte ?«
    »Warum nicht? Man fügt dem Tier Schmerzen zu und verbindet das mit irgendeinem Signal – einem optischen, einem akustischen Reiz, egal was. Später wird das Tier auf das Signal panisch reagieren, auch wenn der Schmerz ausbleibt.«
    Das war nicht abwegig. Pferde sind Gewohnheitstiere mit einem Elefantengedächtnis. Sie merken sich alles, was schmerzhaft oder auch nur unangenehm ist. Und Friesen galten als ausgesprochen gelehrig.
    »Es ist ziemlich leicht, den Gäulen beizubringen, wovor sie sich zu fürchten haben. Aber es ist unendlich schwer, ihnen solche Prägungen wieder abzugewöhnen.«
    »Jemand fügt Daphne einen Schmerz zu, während er ihr mit dem Hut vor den Augen herumwedelt?« Katalina sah der Stute zu, die noch immer bockig über die Koppel lief. »Und wenn sie dabei in der Box steht und nicht weglaufen kann –«
    Irgend jemand schloß die beiden Tiere immer wieder ein, obwohl Friesen einen offenen Stall bevorzugen. Vielleicht war das Absicht und nicht Unwissenheit? Und nicht nur Rust, auch Sophie pflegte Hüte zu tragen.
    »Aber – warum?« Selbst wenn jemand es darauf angelegt hätte, Daphne unberechenbar zu machen, hieß das noch nicht, daß man das Tier als Präzisionswaffe mißbrauchen konnte.
    »War da nicht etwas mit einem Hund, der vergiftet wurde? Ich meine, Peer Gundson hätte so etwas erwähnt.« Bergen stand an den Zaun gelehnt, Zeus zu Füßen. Katalina schwankte, ob sie es ihm sagen sollte. Aber was konnte es schaden?
    »Leo. Eine Dogge, die Sophie gehörte, ein junges, gesund wirkendes Tier. Es sieht ganz danach aus, als ob ihm jemand ein Schlafmittel gegeben hat. Von der ersten Dosis hätte er sich wieder erholt. Aber dann muß man ihm eine zweite Dosis eingetrichtert haben.« Was nicht weiter schwer war. Hunde fressen alles.
    »Haben Sie die Todesursache nachgeprüft?«
    »Nein. Sophie wollte keine Obduktion.«
    Bergens Blick ging ins Leere. Und plötzlich war Katalinas Mißtrauen wieder da. »Wie kamen Sie eigentlich auf die Idee, nach Rust zu suchen – ausgerechnet hinter dem Stall?«
    »Ganz einfach: er hatte eine Verabredung nicht eingehalten. Und als ich die Stute auf dem Rest seines Hutes kauen sah, habe ich nachgeschaut.«
    »Und jetzt spielen Sie seinen Rächer? So innig sah die Freundschaft zwischen Ihnen und Ihrem Kollegen nicht aus!«
    Er sah sie an. Dann sagte er leise: »Vielleicht will ich nur wissen, was mir blüht, wenn ich das gleiche tue wie Rust!«
    »Den Nibelungenschatz finden?« Sie guckte ihn spöttisch an.
    Er grinste zurück. »Genau. Ich gehe jetzt wieder auf Schatzsuche.« Bergen streichelte Zeus’ Kopf und schlenderte davon.
    Katalina sah ihm hinterher und versuchte dann, Daphne anzulocken. Nach einer Weile kam die Stute und ließ sich den Hals und die Nase tätscheln.
    Es war etwas faul auf Schloß Blanckenburg, Wenn Bergen recht hatte, gab es hier jemanden, der sich gut, viel zu gut in die Seele eines Pferdes einfühlen konnte. Sie legte die Arme auf den obersten Balken des Koppelzaunes und starrte in Richtung Kirchfeld, auf dem noch immer Rusts Studententrupp seine obskuren Untersuchungen anstellte. Alex Kemper? Er verstand nichts von Pferden. Wer eine rossige Stute für krank hält, hat keine Ahnung. Andererseits: war Daphne wirklich rossig gewesen? Und schien sie nicht bereits übernervös zu sein, als Kemper sie vom Bahnhof abholte?
    Sophie mit ihrer Neigung zu dramatischen Auftritten unter breitkrempigen Hüten war die nächste Kandidatin. Katalina erinnerte sich an ihr Gesicht, als sie einmal mit flatterndem Schal und üppigem Hut

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