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Russisch Blut

Titel: Russisch Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Rust von einem der Pferde angegriffen worden ist? Insbesondere der blaue Fleck am Oberschenkel deutet darauf hin –« Er schenkte seinem Kollegen den Rest des Satzes.
    »Es könnte eine Hufspur sein. Der obduzierende Arzt schließt es nicht aus.«
    Katalina stand wieder auf und ging zum Fenster. Sie mußte nachdenken.
    »Lassen Sie sich Zeit.« Kösters Stimme klang ganz sanft. »Wir haben alle Zeit der Welt.«
    Und wenn sie sagte, was sie befürchtete? Was Bergen befürchtete? Je länger sie nachdachte, desto finsterer erschien ihr das alles: irgend jemand hatte Daphne beigebracht, auf Hüte panisch zu reagieren – irgend jemand, dem es egal war, wen die Panik des Pferdes traf. Sie. Sophie. Erin. Oder Sigurd Rust, womöglich ein Zufallsopfer.
    Sie holte tief Luft. »Es besteht die Möglichkeit, daß eines der beiden Friesenpferde manipuliert worden ist.«
    Jetzt endlich konnte Sager seinen Kugelschreiber in Bewegung setzen.
    Katalina bemühte sich, Ordnung in ihre Beobachtungen zu bringen, und berichtete zum Schluß vom Experiment Moritz Bergens. »Und wenn man Rust in die Nähe der Pferde gelockt hätte? Wir haben ja kürzlich alle gesehen, daß er einen Hut trug.«
    »Wissen Sie, mit wem er verabredet gewesen sein könnte?«
    »Keine Ahnung. Außer Noa und Alma war niemand im Schloß, alle anderen waren bereits abgefahren.« Soweit sie wußte. Und dann fiel ihr etwas ein, woran sie noch gar nicht gedacht hatte. Auch der Graf kam in Frage.
    Sager hielt den Kugelschreiber erwartungsvoll in der Faust. Ihr Zögern konnte ihm nicht entgangen sein.
    »Ich jedenfalls war im Kutscherhaus.«
    Köster sah sie an, als ob er sie zu seiner Kronzeugin machen wollte. »Sie sagen, Sie hätten Bergen gesehen, wie er die Stute mit dem Hut erschreckt hat. Und wenn nun er selbst derjenige gewesen wäre, der das Tier – programmiert hat?«
    Katalina verstummte. Sie war auf die Idee ja auch schon gekommen. Dann schüttelte sie den Kopf. »Er ist meines Wissens erst seit Freitag nachmittag hier.«
    »Rust ist Samstag abend gestorben. Wie lange braucht man, um ein Pferd verrückt zu machen?«
    Sie schüttelte wieder den Kopf. Aber sie fürchtete, daß es möglich war. »Pferde lernen schnell und verlernen so gut wie nie«, sagte sie leise.
    »Bergen hatte Streit mit Rust.« Sager stach mit dem Kugelschreiber in die Luft.
    »Rust ist der bekanntere. Bergen ist eifersüchtig, zumal er Rust für einen Betrüger hält. Er macht das Pferd wild und lockt Rust in eine Falle.« Köster lächelte selbstzufrieden. »Versteht der Mann was von Pferden?«
    Der Mann verstand sich nicht nur auf Pferde. Katalina spürte, wie ihr Mißtrauen wieder aufflammte. Sie nickte. »Aber warum sollte er es auf Rust abgesehen haben?«
    »Erzähl du.« Köster nickte Sager aufmunternd zu.
    Der Jüngere klappte sein Notizbuch zu und schob es mit übertriebener Vorsicht beiseite. Dann legte auch er die Fingerspitzen aneinander. Das schien so üblich zu sein bei der Kriminalpolizei von Blanckenburg.
    »Professor Rust ist bei uns eine bekannte Größe, wenn ich das mal so sagen darf.«
    »Bei uns in den neuen Bundesländern«, warf Köster ein.
    »Er war bis zum Ende der DDR Mitglied in einer Abteilung, die dem Ministerium für Staatssicherheit unterstand, die Stasi, die ist Ihnen ja sicher ein Begriff.«
    Katalina nickte.
    »Diese Abteilung hatte nur eine Funktion: sämtliche Stollen, Bunker und unterirdischen Anlagen, von denen es gerade in dieser Gegend jede Menge gibt, zu durchsuchen.«
    Köster fiel Sager ins Wort. »Der ganze Harz ist untertunnelt. Die Nazis haben ihre kriegswichtige Produktion ab 1943 gezielt unter die Erde gelegt.«
    »Und in der DDR –« Sager verzog das Gesicht, als ob er sich an einen schlechten Geruch erinnerte. »Die Stasi-Schatzjäger waren jahrelang auf der Suche nach dem Bernsteinzimmer. Außerdem fahndete man nach den unzähligen Kunstschätzen, die von den Nazis versteckt worden waren oder von dem einen oder anderen ostpreußischen Gutsbesitzer, der glaubte, hier wäre seine Habe sicher vor der Russischen Armee.«
    »Aber Rust ist Archäologe!« War, korrigierte sich Katalina. War.
    »Er hat das Studium nach der Wende ordnungsgemäß abgeschlossen und sich vor einigen Jahren habilitiert, das ist richtig. Aber wir haben schon lange den Verdacht, daß er seine archäologischen Projekte, wie soll ich sagen –« Sager schielte unsicher zu Köster hinüber. Auch Katalina begann sich zu fragen, warum man ihr all dies anvertraute.
    »Wir

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