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Russisch Blut

Titel: Russisch Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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haben zumindestens mal angedacht, ob er nicht unter dem Deckmantel wissenschaftlicher Forschungsarbeit weitergesucht hat nach versteckten Kunstschätzen, um sie dann auf dem grauen Markt loszuschlagen.« Köster guckte Katalina erwartungsvoll an. Glaubte er, sie hätte beobachtet, wie von Schloß Blanckenburg aus ein schwunghafter Gemäldehandel betrieben wurde?
    »Immerhin war Bergen sein Kollege, es ist also möglich, daß er was mitbekommen hat, oder?« Sager schielte wieder zu Köster hinüber.
    Katalina schüttelte langsam den Kopf.
    »Das sind natürlich alles nur Spekulationen.« Der Ältere mußte ihren Blick richtig gedeutet haben. Sie hielt das alles für an den Haaren herbeigezogen.
    »Warum erzählen Sie es mir dann?«
    »Weil Sie als Außenstehende vielleicht am ehesten –«
    »Sie bekommen doch sicher viel mit –«
    Katalina hätte fast gelacht. »Wollen Sie mich etwa rekrutieren?«
    Köster schien sensibel genug, um zu wissen, was sie mit diesem Gedanken verband: Spitzeltum und Geheimpolizei. »Ganz und gar nicht, Frau Cavic. Sie sind ja schon als deutsche Staatsbürgerin gehalten, alles zur Mitteilung zu bringen, was Ihnen in irgendeiner Form auffällig zu sein scheint, nicht?«
    »Eben.« Katalina blickte erst zu Sager hinüber, dessen Finger unruhig auf das Notizbuch klopften, und dann zu Köster, der sie plötzlich anstrahlte, als ob sie ein Abkommen miteinander hätten.
    »Dann ist ja alles klar«, sagte er und stand auf. Sie brachte die beiden hinaus.
    Das Gespräch hatte sie, wenn möglich, noch ratloser gemacht. Mancher Halbsatz, den sie bei den Frankens aufgeschnappt hatte, erhielt plötzlich einen neuen, finsteren Sinn. War Rust deshalb eingeladen worden, damit er Blanckenburgs geheime archäologische Sensationen ans Tageslicht brachte, oder sollte er ganz andere Schätze heben? Was war Sophies Rolle, sie war immerhin Kunsthistorikerin? Und war es wirklich vorstellbar, daß Moritz Bergen nicht nur da weitermachte, wo Rust hatte aufhören müssen, sondern daß er den Kollegen gezielt aus dem Weg geräumt hatte?
    Katalina sank auf die Bank vor dem Haus und ließ Zeus auf ihren Schoß springen; der Hund war endlich aufgewacht und hatte sie draußen gesucht.
    Sie hatte nicht die geringste Absicht, der Polizei zuzuarbeiten. Dennoch fragte sie sich, ob es wohl auch zu ihren staatsbürgerlichen Pflichten gehörte, die Anwesenheit des Grafen auf Schloß Blanckenburg zu melden. Sie lehnte sich zurück und blinzelte zur Amsel hinüber, die drüben auf der äußersten Spitze einer Tanne saß und hingebungsvoll schnulzte. Auch der Graf hätte sich nachts mit Sigurd Rust treffen können. Sie traute ihm mittlerweile vieles zu.
    Aber ging sie das alles überhaupt etwas an? Nur eines betraf sie wirklich, tief im Innersten. Sie spürte, wie sich die Härchen an ihren Armen aufstellten. Wer ohne Not Tiere quälte, war ihr Feind.

5
    Der Tag war mäßig anstrengend gewesen. Noch immer war nicht klar, was mit der Praxis des alten Dr. Gotsky geschehen sollte. Und noch immer war der Tote auf der Pferdekoppel Thema Nummer eins bei ihren Kunden. Katalina verspürte schon längst keine Lust mehr, auf die Einladung zum Klatschen einzugehen: »Nun sagen Sie mal, was halten Sie denn davon?« Routiniert tat sie ihren Job und war froh, daß der Feierabend früher anbrach als üblich und ihr noch Zeit blieb für einen Milchkaffee bei Ettore.
    Niemand saß an einem der weißen Tischchen draußen in der Frühlingssonne. Die Luft war noch kühl, aber daran lag es wahrscheinlich nicht. Die Bewohner Blanckenburgs sparten – und zwar an dem, was sie am ehesten entbehren konnten, an kleinen Vergnügen wie dem, vor dem »Golfo di Napoli« auf dem Marktplatz von Blanckenburg zu sitzen und zuzugucken, wie Mütter ihre Kinder anbrüllten und ungeduldige Hundehalter ihre Vierbeiner hinter sich herzerrten.
    Ettore brachte ihr das Gewünschte mit der ihm eigenen Hingabe, und dafür kriegte er eine etwas ausführlichere Fassung der Geschehnisse auf dem Schloß. Er schüttelte den Kopf und schnalzte mit der Zunge und hätte sie sicher noch länger ausgefragt, wenn ihr nicht plötzlich eingefallen wäre, was er ihr bei ihrer letzten Begegnung erzählt hatte.
    »Gibt es etwas Neues über den Bunker bei Krellberg mit den Skeletten?«
    Ettore lehnte sich waghalsig an eines der Tischchen. Sie überlegte kurz, ob sie ihn bitten sollte, sich zu setzen. Aber mit Sicherheit verstieß das gegen seine Berufsehre.
    »Es ist ein großes Rätsel,

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