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Russisch Blut

Titel: Russisch Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Nachtvogel und in der Ferne hörte man Hundegebell. Zeus ließ sich nicht ablenken und folgte nur seiner Nase.
    Als sie vor dem Schloß angekommen waren, wollte Katalina links abbiegen auf den Pfad am Burgwall entlang, aber Zeus rannte unbeirrt weiter auf den Schloßhof. Sie folgte ihm – was blieb ihr anderes übrig? Sie wollte weder Alma noch Noa noch den Grafen mit lauten Rufen wecken.
    Das Schloß sah im Mondlicht wie eine Theaterkulisse aus. Die Statuen im Uhrturm schienen sich auf ihren Sockeln hin- und herzuwiegen, hinter den Fensterhöhlen tanzten Schatten, und als ob es wüßte, daß es ins Bild paßte wie die Faust aufs Auge, flatterte ein Käuzchen auf und kurvte hinter den Turmhelm.
    Zeus war in der Kapelle verschwunden, deren Tür offen stand. Alle Türen waren geöffnet, auch die Fenster; man müsse lüften, hatte Alma gesagt, die Feuchtigkeit herauslassen aus dem modrigen alten Kasten. Katalina erschien das in diesem Moment nicht die allerbeste Idee zu sein. Sie folgte dem Hund. Unter dem Kreuzgewölbe hingen graue Schatten, Stuck- und Mörtelbrocken knirschten unter ihren Füßen. Über sich hörte sie es rumoren, Zeus japste, wahrscheinlich hatte er eine Ratte erwischt. Sie durchquerte die Kapelle bis zu einer Nische, hinter der eine Treppe ins darüberliegende Geschoß führte. Die Bibliothek, soweit sie sich erinnerte. Durch den Treppenschacht zog es, die Luft roch nach Verfall. Im Mondlicht sah sie Zeus stehen, kerzengerade, ganz gespannte Aufmerksamkeit. Ihm gegenüber – Er sah fremd aus im Mondlicht, das durch die Fenster sickerte, das Gesicht wie ein Gipsabdruck, Nasenbogen, Stirn und Kinn weiße Erhebungen, dazwischen tiefe Schattentäler. Moritz Bergen hatte den Zeigefinger erhoben. Die Rute des Hundes begann sich zu bewegen, erst langsam, dann immer schneller. Schließlich hielt das Tier es nicht mehr aus, sprang auf den Mann zu und setzte sich schweifwedelnd und mit Hundegrinsen vor ihn hin.
    »Er braucht noch ein bißchen Erziehung, aber er ist klug, er begreift schnell.« Moritz streckte sich und sah sie an.
    »Was zum Teufel –«
    »… machen Sie hier? Das gleiche könnte ich Sie fragen.«
    »Ich bin meinem treulosen Tier gefolgt.« Katalina wußte plötzlich nicht mehr, ob sie die Situation verdächtig oder erheiternd finden sollte.
    »Und ich dem Schloßgespenst.« Bergen grinste. »Kommen Sie, ich will Ihnen etwas zeigen.«
    Sie folgte ihm die Treppe hinunter und hinaus aus der ausgeschlachteten Kapelle in den Hof. »Sehen Sie?«
    Ihr Blick folgte seiner ausgestreckten Hand. Da war nichts, nur Mondlicht auf verfallener Pracht und leere Fensterhöhlen. Zeus hatte die Schnauze schon wieder auf dem Boden und nahm eine Fährte auf, die ihn zum nächsten Trakt des Schlosses führte.
    »Da ist es wieder.«
    Katalina starrte ins Zwielicht. Und dann sah sie es auch: in einem der Zimmer im ersten Stock des Alten Flügels flackerte ein warmer Lichtschein, wurde heller und zog langsam vorbei. Im nächsten Fensterausschnitt wiederholte sich der Zauber.
    Sie blickte zur Seite. Bergen trug einen schwarzen Pullover zur schwarzen Jeans, als ob auch er möglichst nicht gesehen werden wollte.
    »Da! Da ist noch was!« Diesmal ging seine Hand nach rechts, zum Gartenflügel, der dem Alten Flügel gegenüberlag, wie zwei Seiten eines Hufeisens, verbunden durch den Querriegel des Turmtraktes. Im Stockwerk über Almas Gartensaal bewegte sich ebenfalls ein Licht. Keine Kerze, eher eine Taschenlampe. Langsam arbeiteten sich die beiden Lichtspuren vorwärts, die eine links, die andere rechts. Sie würden sich irgendwann treffen. Im Turmtrakt, dort, wo der Graf wohnte.
    »Einbrecher?« Sie glaubte nicht daran. Moritz offenbar auch nicht. »Es sind nur Alma und Noa da«, sagte sie. »Soweit man weiß.« Und der Graf.
    »Soweit man weiß«, sagte Moritz.
    Sie wich seinem Blick aus.
    Plötzlich begann das Kerzenlicht im linken Flügel unruhig zu flackern, das Tempo beschleunigte sich, in dem es an den hohen Fenstern vorbeischwebte. Und dann vernahm man ein fröhliches Blaffen.
    »Zeus. Verdammt. Wenn dem Köter was passiert –« hörte sie sich mit heiserer Stimme sagen. Sie spürte kaum, daß Moritz sie am Arm packte und zurück zur Kapelle zog. Und dann bellte Zeus los, laut, nicht zu überhören. Es war das Bellen eines Hundes, der etwas jagte. Es war ein Urlaut der Verfolgungslust. Der Kerzenschein, der vom Alten Flügel in den Turmflügel übergewechselt war, erlosch. Auch im Gartenflügel war es beim

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