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Russisch Blut

Titel: Russisch Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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immer da und ist die Ruhe in Person.«
    »Wissen Sie, wer das Gatter geöffnet haben könnte?«
    Nein. Katalina wünschte, die beiden würden sie in Ruhe duschen gehen lassen.
    »Hmmm.« Köster kratzte sich die kurzen grauen Locken. »Der Fahrer des Geländewagens ist ein Geschäftsmann aus Bochum. Seine Begleiterin war Bankangestellte. Beide auf Urlaub. Mit Sicherheit Zufallsopfer.«
    Natürlich.
    »Was Sigurd Rust betrifft – nun, da sieht es etwas anders aus, oder?«
    Katalina war kalt. Sie fror. Jetzt war der Moment gekommen. Sie mußte ihnen sagen, daß es noch einen weiteren Bewohner des Schlosses gab. Daß der Graf zurück war. Daß er Rust kannte, schon seit DDR-Zeiten. Daß er Gründe gehabt haben könnte, sich an einem Mann zu rächen, von dem er glaubte, er habe ihn betrogen.
    Sager blätterte in seinem Notizbuch, klappte es zu, seufzte und blickte zu Köster hinüber.
    »Wenigstens kann das Pferd keinen Schaden mehr anrichten«, brummte der. Die beiden Kripomänner standen auf, schüttelten ihr die Hand und gingen.
    Katalina zitterte vor Kälte und Traurigkeit. Es war still im Haus. Sie vermißte Zeus. Sie vermißte ihn mit einer derartigen Macht, daß ihr die Tränen in die Augen stiegen. Sie lief die Treppe hoch, schlüpfte aus den nassen Klamotten und hastete unter die Dusche. Dort fiel es nicht weiter auf, daß sie heulte.
     
    Ihr Haar war noch nicht ganz trocken, als sie sich auf die Suche nach dem Hund machte, schwach vor Angst, es könne ihm etwas geschehen sein.
    Als sie aus dem Park hinaustrat aufs Kirchfeld, hätte sie beinahe wieder geweint – diesmal vor Erleichterung. Zeus kam auf sie zu, mit wedelndem Schweif, den Kopf in leicht geduckter Haltung, so, als ob er wüßte, daß er zu Hause auf sie hätte warten sollen. »Aber du hast mich schließlich den halben Tag allein gelassen«, schien sein Augenaufschlag zu sagen. Er mochte der häßlichste Hund der Welt sein, dachte sie, während sie ihm die Ohren kraulte. Aber er war wunderbar.
    Erst, als sie sich wieder aufgerichtet hatte, nahm sie den Rest der Szenerie wahr.
    Am Ende der Wiese packten drei der Studenten ihre Gerätschaften in den Kombi. Mark und Noa waren nicht zu sehen. Vorne rechts, in der Ecke bei den Grabsteinen, stand der Graf. Er hatte eine dunkelbraune Hose an, dunkelbraune Schuhe und ein Tweedjackett mit Lederflecken an den Ellenbogen. Das war ihr schon heute morgen aufgefallen, dieser britische Landhausschick, zu dem er ein dunkelgrünes Halstuch trug.
    Der alte Herr hielt sich sehr aufrecht, keines der weißen Härchen auf seinem Kopf tanzte aus der Reihe. Anders der Mann, der ihm gegenüberstand. Als sie ihn sah, wünschte sie, daß sie gestern nicht davongelaufen wäre. Sein dichter Haarschopf war zerzaust, seine Katzenaugen eisig blau, er hatte die Hände in die Taschen der ausgebeulten Jeans gesteckt und die Schultern vorgeschoben.
    Sie beschleunigte ihren Schritt. Moritz war etliche Zentimeter größer als der Graf, aber beide wirkten einander durchaus ebenbürtig. Gleich würden sie anfangen, die Köpfe zu senken und zum Angriff überzugehen. Wie Hirsche im Herbst.
    »Katalina!« Der Alte schien es nicht für nötig zu halten, ihr seinen Blick zuzuwenden. Klar, er mußte ja das andere Männchen niederstarren, dachte Katalina. »Ich möchte wissen, was der Mann hier zu suchen hat.«
    »Das ist Dr. Moritz Bergen, er ist Archäologe.«
    »Das habe ich nicht gefragt.«
    Sein Ton machte sie sprachlos.
    »Ich würde dem Herrn schon längst sämtliche Fragen beantwortet haben, wenn er mir auch nur andeutungsweise verraten hätte, mit welchem Recht er fragt.« Moritz’ Stimme klang samtweich. Aber dahinter steckte die gleiche Härte wie bei seinem Gegenüber.
    »Das ist – Almas Mann«, sagte Katalina und kam sich albern vor. »Ich meine, ihr gewesener Mann.« Das klang auch nicht überzeugender.
    Moritz schüttelte langsam den Kopf. Er starrte den Grafen an.
    Der Alte starrte zurück.
    »Ich habe Augen im Kopf, Katalina«, sagte Moritz. Auch er sah sie nicht an. »Und – meinem bescheidenen Kenntnisstand zufolge hat Gregor v. Hartenfels niemals geheiratet.« Seine Stimme blieb höflich. »Schon gar nicht eine Frau namens Alma Franken.«
    Die Gestalt des Grafen hatte sich gestrafft. Jetzt sah der Alte endgültig wie Gawan der Finstere aus. »Nachdem das geklärt wäre, kann ich nun sicherlich eine Antwort auf meine Frage erwarten.«
    »Klar.« Moritz nahm die Hände aus den Hosentaschen und verschränkte sie vor der

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