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Russisch Blut

Titel: Russisch Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Sophie guckte zu Erin hinüber. Ohne das exzentrische Gehabe und den rosaroten Lippenstift sah sie ihrer Schwester auffallend ähnlich.
    »Wie Sigurd Rust«, sagte Alma.
    »Liebe Alma, niemand hatte die Absicht, Sigurd Rust zu schaden.« Alex. Immer noch eng umschlungen mit Erin.
    »Und was ist mit mir?« Sophie versuchte, sich bei Gundson unterzuhaken, aber der hielt die Hände vor dem Schritt verschränkt und drehte sich zur Seite. Sie war allein, und so klang sie auch.
    »Wer bitte sollte dir schaden wollen, liebe Sophie?« Na wer wohl, dachte Katalina. Die gehörnte Ehefrau. Das mußte selbst Alex langsam aufgefallen sein. Sie ging hinüber zur Terrassentür. Im Gärtchen verblühten die späten Tulpen. Der Himmel zog sich zu.
    »Katalina?« Sie drehte sich nicht um. »Katalina! Hast du nicht Daphnes Temperament auf einen Zuchtfehler zurückgeführt?«
    Widerwillig drehte sie sich um. Sie sollte offenbar den Tod des Pferdes und zweier Menschen für zwar bedauerlich, aber unvermeidlich erklären – um Erin zu schonen?
    Sie holte tief Luft, um zu protestieren, als Peer Gundson sich räusperte. »Ich will ja keineswegs den ideellen Wert unterschätzen, den die Stute zweifellos hatte, aber ihr Verlust bedeutet auch eine empfindliche Geldeinbuße.«
    »Peer, ich denke, wir sollten uns in diesem Moment nicht über Geld streiten.«
    »Wie es mir überhaupt fraglich erscheint, ob unser Projekt auf die Dauer die Früchte abwirft, die nötig wären, um die erheblichen bisher aufgelaufenen Kosten abzudecken.«
    Alma umklammerte eine Stuhllehne. Alex hielt sein Weinglas, als ob er es zerdrücken wollte. Nur Erin lächelte.
    »Abwarten.« Alex fing sich als erster. »Der Graf ist wieder gesund und –« Sein Blick ging zum Eingang.
    Die Archäologiestudenten standen in der Tür, sichtlich verlegen. »Kommen wir zu früh?« fragte Mark.
    Alle guckten auf Alma. Sie hatte offenbar trotz allem zur freitäglichen Soiree geladen.
    »Aber – ein Mensch ist tot«, hörte Katalina sich sagen. Wie hilflos das klang. »Und ein Pferd.« Aber das interessierte nicht jeden.
    Alex blickte schicksalsergeben zur Saaldecke. »Ich mach’ dann mal den Prosecco auf«, sagte er und ging zur Theke neben dem Kamin, die Alma aus einem Tapetentisch und zwei Kühlschränken zusammengebaut hatte.
    »Wo zum Teufel ist Noa?« Almas tägliche Klage rührte niemanden mehr.
    Einer nach dem anderen traf ein. Nur die Bürgermeisterin fehlte. Eine tote Touristin war nicht gut für Blanckenburg – und da empfahl sich der Besuch bei einem Mann nicht, dem die polizeiliche Untersuchung die Verletzung der Fürsorgepflicht vorwerfen könnte.
    Auch die Pfarrerin fehlte, kein Wunder, nach dem letzten Streit. Dafür war Walter, der Apotheker, gekommen, und starrte allen Frauen ungeniert in den Ausschnitt. Um eine junge Frau vom Rundfunk kümmerte sich Alex, wenn auch nicht mit seinem üblichen Charme. Dazwischen einige von Katalinas Kunden, ein Rechtsanwalt, der Zahnarzt und andere Leute, die sie nicht kannte und auch nicht kennenlernen wollte. Moritz Bergen fehlte. Und der Graf schien einen öffentlichen Auftritt noch immer zu scheuen.
    Katalina nickte allen und niemandem zu, lächelte, sagte hier und da ein paar Worte und versuchte, ihr wachsendes Unbehagen abzuschütteln. Solange Zeus die Ruhe selbst war, malerisch ausgebreitet vor dem Kamin, und die schlechte Stimmung ebenso wie die eintreffenden Gäste souverän ignorierte, war alles gut.
    »Man kann sich gar nicht entscheiden, wer hübscher ist: der Hund oder der schwarze Graf«, sagte der Zahnarzt lachend. Katalina hatte keine Lust, zurückzulächeln. Graf Gawan sah so finster aus wie Zeus häßlich war, aber beide trugen ihr Schicksal mit Würde. Als ob er Gedanken lesen könnte, schnaufte der Hund, hob die Rute einen halben Zentimeter über den Boden und ließ sie einmal hin- und hergehen. Dann lüpfte er seine langen Ohren, hob den Kopf und öffnete die Augen.
    Noa stand in der Tür, in Jeans und Pullover, ganz die rebellische Tochter. Alma flatterte auf sie zu und tat, was sie nicht lassen konnte: sie beschimpfte ihre Tochter fürs Zuspätkommen, statt sie dafür zu loben, daß sie überhaupt erschien. Noas Gesicht sprach Bände, als sie mit dem Tablett die Runde machte.
    Katalina schob sich an den Gästen vorbei durch den Raum, was nicht ganz einfach war, weil viele sie kannten und einige glaubten, dringend etwas mit ihr besprechen zu müssen.
    »Wenn Sie nächste Woche Zeit haben, liebe Frau Cavic –

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