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Russische Freunde

Russische Freunde

Titel: Russische Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Lutz
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all diese Dinge sowieso gut brauchen konnte. Zögernd entschied ich mich für Schraubenzieher in allen Grössen, einen Glasschneider, Handschuhe, um gesprungenes Glas angreifen zu können. Schliesslich kaufte ich noch eine hässliche schwarze Jacke aus Kunstleder, mein Mantel, nass vom Schneeregen, eignete sich nicht zum Klettern. Als es Nacht geworden war, kehrte ich nach Konolfingen zurück. Ich parkierte in der Ortsmitte und ging zu Fuss auf das nun dunkle Haus zu. Buchers waren in der Kirche.
    Der Himmel war wolkenverhangen, die Nacht finster. Das vor Buchers gelegene Nachbarhaus lag ebenfalls im Dunkeln, möglichweise waren auch sie in der Kirche. Im Haus gegenüber, auf der anderen Strassenseite, brannte Licht, der bläuliche Schimmer verriet einen laufenden Fernseher. Gefährlicher waren die Scheinwerfer von Autos, die vorbeifahren konnten. Da musste ich mich vorsehen, aber viele würden es nicht sein in dieser Sackgasse. Ich ging hinter das Haus, darauf bedacht, nicht ins frisch aufgeschüttete Erdreich zu geraten. Fenster und Türen waren natürlich gut verschlossen. Moderne, dreifachverglaste Scheiben, die ich selbst mit dem Hammer nicht einschlagen konnte. Auf der Rückseite grenzte das Haus an ein offenes Feld, an dessen Ende sich weitere Neubauten befanden. Die Distanz war gross, trotzdem fürchtete ich mich vor Rauchern, die im Finstern auf ihre Terrasse traten und aus Langeweile die Gegend musterten. In diesem Neubauquartier kannte man sich doch erst seit ein paar Monaten und beobachtete umso genauer, was in den Nachbarhäusern geschah.
    Die Garage hatte rückseitig ein Fenster. Ein zusammengeklappter Sonnenschirm lehnte an der Wand und war feucht geworden, übereinandergeschichtete Plastikstühle und ein Tisch standen herum. Sicher waren die Dinge wegen Tobias’ überraschendem Tod hier im Schnee vergessen gegangen. Theoretisch, überlegte ich, wäre es möglich, dass ein heftiger Windstoss den Sonnenschirm gegen das Garagenfenster stiess und dass es dadurch zerbrach. Unwahrscheinlich, genaugenommen unmöglich, der Sonnenschirm war zu kurz und stand zu weit entfernt. Aber das Garagenfenster war das einzige, was halbwegs zerbrechlich schien. Zwischen Garage und Haus gab es sicherlich eine Tür. Die möglicherweise verschlossen war. Trotzdem.
    Nach einem langen Blick hinüber zu den Nachbarhäusern zog ich einen Handschuh an und stiess dann mit dem grössten Schraubenzieher zu. Das Klirren hatte sich in Grenzen gehalten. Ich wartete, nichts rührte sich. Schliesslich schob ich den Plastiktisch unter das Fenster und fasste hinein. Ich streckte mich, erreichte tatsächlich den Griff und öffnete das Fenster. Ich kletterte hinein. Mein Stoss hatte unten rechts in der Scheibe ein eckiges, gezacktes Loch hinterlassen, und sie war bis in die Hälfte gesprungen. In der Garage aber lagen erstaunlich wenige Scherben auf dem Boden. Ich tastete mich im Finstern durch den Raum. Es roch nach Benzin und Putzmittel und auch noch nach frischem Beton. Mit der Zeit konnte ich auf der gegenüberliegenden Seite eine Tür erkennen. Sie war geöffnet. Ich zog die Schuhe aus und steckte sie in die Jackentaschen, in Socken schlich ich ins Haus.
    Tobias’ Zimmer befand sich wie vermutet im oberen Stock. Überall im Raum standen Kerzen und Blumen, auf dem Boden, neben dem Bett und auf einer Kommode. Ich schloss die Vorhänge und zündete eine Kerze an, etwas Licht brauchte ich. Das Bett sah frisch bezogen aus, eine Fotografie von Tobias lag auf dem Kopfkissen. Die Blumen verbreiteten einen süsslichen, schweren Geruch. Der Schreibtisch sah aufgeräumt aus.
    Ich erschrak, als ich den breiten Bildschirm seines Computers erblickte. Das hatte ich mir gar nicht überlegt. Automatisch war ich davon ausgegangen, dass Tobias an einem Laptop arbeitete. Den ich mitnehmen konnte. Schnell ins Haus hinein und wieder weg. Beim Hinausgehen möglichst alle Spuren beseitigen, in der Hoffnung, dass es eine Weile ging, bis sie den Verlust des Laptops und die kaputte Scheibe bemerkten. Aber ich konnte unmöglich den Computer, der unter dem Schreibtisch stand, abtransportieren. Und es war bereits Viertel vor neun. Zu wenig Zeit, um mich durch den Computerinhalt zu ackern. Spätestens um viertel vor zehn musste ich verschwinden. Fluchend schaltete ich den Computer ein, ich hatte nicht einmal CDS dabei, um Kopien zu machen. Mit dem Licht der Kerze tastete ich mich durch Tobias’ Schubladen, zwischen Kabeln und Schachteln fand ich eine externe

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