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Russische Freunde

Russische Freunde

Titel: Russische Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Lutz
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nach, die das Wohnzimmer durchquerte und in der Küche verschwand.
    «Er sass in den letzten Wochen manchmal die halbe Nacht am Computer, im Mail oder im Internet, was weiss ich, er war in seinem Zimmer und wollte nicht gestört werden.»
    «Hat er so intensiv für sein Studium gearbeitet? Oder für sein Praktikum im Erbschaftsamt?»
    Der Coiffeur hatte von diesem Praktikum gesprochen. Ich musste mich als Mitarbeiterin der Uni ausgeben, erinnerte ich mich.
    «Das dachte ich, dass es etwas mit dem Praktikum zu tun hat. Damals hat er mich zum ersten Mal von seinem Computer gescheucht, wollte nicht, dass ich an ihm arbeitete, und tat so geheimnisvoll.»
    «Hatte er Kontakt mit Juri Salnikow? Das ist ein Student von der Wirtschaftsfakultät.»
    «Kenne ich nicht. Wie sieht er aus?»
    Ich beschrieb Juri. Ein grosser, blonder Mann, der mit einem Akzent sprach, war ein paar Mal hier gewesen. Vielleicht Juri. Sie nannte mir noch die Namen von ein paar Mitstudenten, die ich notierte.
    «Hatte Tobias etwas mit einer Firma namens AdFin zu tun?»
    «Kommt mir bekannt vor. Das kann sein. Ich bin mir nicht sicher, aber den Namen habe ich vielleicht schon mal gehört oder gelesen. Warum fragen Sie? Haben die etwas mit seinem Tod zu tun?»
    «Wir glauben, dass sie versuchen, Studenten mit unlauteren Angeboten zu kapern, zum Beispiel mit Krediten, die sie nicht zurückzahlen können.»
    Meine Ausrede war mager, mir fiel nichts Besseres ein, und ich hoffte, dass sich Bettina nicht in den nächsten Tagen mit einem neuen Verdacht herumplagte. Dass sie ihren Bruder hätte retten können, wenn sie von seinen Finanzproblemen gewusst hätte. Was völliger Unsinn war.
    «Ich glaube nicht, dass Tobias einen Kredit aufnahm oder so etwas. Für was denn auch?»
    Ich stand bereits, um mich zu verabschieden, als sich ein Schlüssel in der Haustür drehte. Wenig später stand Bettinas Mutter im Eingang. Ich wiederholte ihr gegenüber die Geschichte von der Universität, aber sie hörte mir ziemlich argwöhnisch und unkonzentriert zu. Sie machte keine Anstalten, Mantel und Handschuhe auszuziehen, als ob sie mich so schneller loswerden könnte. Ich ging zur Tür und entschuldigte mich für die Störung. Sie war froh, dass ich ging.
    «Melden Sie sich doch bitte später. Heute auf keinen Fall mehr. Wir werden uns heute Abend in der Kirche versammeln und für Tobias beten. Vor zehn Uhr werden wir nicht zurück sein und nachher möchten wir ungestört bleiben, das verstehen Sie sicher.»
    Ich versicherte ihr, dass ich sie nicht mehr belästigen würde. Vermutlich war Tobias der erste der Familie gewesen, der studierte, denn letztlich kaufte sie es mir ab, dass sich die juristische Fakultät in so persönlicher Form um ihre Studenten kümmert.

17
    Schon beim Hinausgehen war mir klar, dass ich unbedingt in Tobias Buchers Computer wollte. Auch wenn Bettina Bucher vage geblieben war bei meiner Frage nach AdFin. Aber Tobias Bucher war an etwas dran gewesen, das hatte sie genau so gesagt, und er hatte Juri gekannt. Einer der letzten Anrufe von Juri war an Tobias gegangen, und dann waren beide gestorben, zuerst Tobias, dann Juri. Ich überquerte die Strasse und ging zurück zum Wagen, an den Glasfenstern der Spenglerei vorbei. Eine hauchdünne Schneeschicht lag auf dem Auto, die ich mit dem Ärmel von den Scheiben wischte. Falls es im Auto einen Schneeschaber gab, hatte ich ihn noch nicht entdeckt. Ich hoffte, dass ich nicht mit Sommerreifen herumfuhr.
    Mir fielen nur müde, unbrauchbare Ausreden ein, um die Familie zu überreden, mir den Computer auszuhändigen. Zum Beispiel, die Universität weiss, dass Tobias Bucher mit einem für die Forschung interessanten Projekt beschäftigt war, und wir würden gerne sehen, was er herausgefunden hat. Das war Quatsch. Oder, ich habe ihm wichtige Unterlagen gemailt, deren Original ich verloren habe, weil mein Computer gestohlen wurde. Auch das fiel weg. Nach fünf Minuten wusste ich, dass mir nichts einfallen würde. Ich betrachtete das Haus im Rückspiegel. Ein flaches Haus, viele Fensterscheiben, Gartentüren. Nach einer Alarmanlage sah das Ganze nicht aus, und so schwierig konnte es nicht sein.
    Wenn schon, dann jetzt. Heute Abend. Die ganze Familie war in der Kirche und würde nicht vor zehn Uhr zurückkommen. Nur ein bisschen ums Haus schleichen. Ich würde nicht einsteigen, aber abklären, ob es möglich war.
    Ich fuhr nach Heimberg. Als ich mich im Heim und Hobby mit Werkzeug eindeckte, sagte ich mir, dass ich

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