Russische Volksmaerchen
breiten Hof und setzte sich auf sein gutes Ritterroß. Er verließ den breiten Hof, näherte sich der feindlichen Macht und schlug das Roß auf die straffen starken Hüften. Sein Roß wurde hitzig, trennte sich von der Erde, erhob sich höher, als der stehende Wald, niedriger als die ziehende Wolke, Berge und Thäler ließ es zwischen den Füßen, kleine Flüsse deckte es mit dem Schweife; große Flüsse übersprang es, und er traf auf jenes Heer, die feindliche Macht. Und er fing an die Busurmanen niederzumetzeln und in kleine Stücke zu zerhauen, und wo Prinz Astrach mit den Armen fegte, da entstand eine Gasse, und wo er mit dem Rosse sich drehte, da entstand ein freier Platz; und nicht so viel erschlug Prinz Astrach selbst, als er mit dem Rosse zertrat, und er erschlug und zertrat dieses Heer, die feindliche Macht, und den busurmanischen Zaren selbst machte er zum Gefangenen und brachte ihn zum Zaren Afor. Da war Zar Afor überaus froh und befahl den busurmanischen Zaren in's Gefängnis zu setzen. Und sie fingen an, sich mit dem Prinzen Astrach lustig zu machen, und diese Lustbarkeiten dauerten funfzehn Tage. Nach Verlauf diesem Zeit erinnerte Prinz Astrach den Zaren Afor wieder an die Hochzeit mit der schönen Zarewna Osida, und Zar Afor befahl, für die Hochzeit ein großes Gastmahl zuzubereiten. Dann rief er seine holde Tochter, die schöne Zarewna Osida, zu sich und befahl ihr, sich zur Hochzeit fertig zu machen.
Als dies die Zarewna Osida hörte, rief sie den Prinzen Astrach zu sich und sprach: »O mein geliebtester Freund und verlobter Bräutigam, du willst dich so schnell ehelich mit mir verbinden, aber bedenke vorher, was für Ergötzlichkeit wir bei der Hochzeit ohne Musik haben werden, denn mein Vater hat keine Spieler, und darum, mein geliebter Freund, reite du durch sieben und zwanzig Länder in das dreißigste Reich, in das Zarenthum des unsterblichen Kaschtschei, und gewinne von ihm die selbstspielende Harfe. Sie spielt alle Stücke so gut, daß du aufmerksam zuhören wirst, und diese selbstspielende Harfe hat keinen Preis, und sie wird uns ergötzen auf unserer Hochzeit.«
Da ging Astrach, der Königssohn, aus dem weißsteinernen Pallast, begab sich in den zarischen Stall, führte sein gutes Ritterroß heraus, legte ihm den tschertassischen Sattel auf, gab ihm die Trense von schemachanischer Seide, nahm Abschied vom ägyptischen Zaren, von der Zarin und seiner verlobten Braut, setzte sich auf sein gutes Roß, verließ den breiten Hof und reiste ab nach dem Reiche des unsterblichen Kaschtschei, nach der selbstspielenden Harfe. Er ritt auf der Straße und erblickte eine alte Hütte, und diese Hütte stand vor einem Walde und an einem Garten. Prinz Astrach näherte sich und rief mit der Ritterstimme: »Hütte! Hütte! wende dich mit dem Hintertheil zum Wald und mit dem Vordertheil zu mir!« – Und die Hütte wendete sich mit dem Vordertheil ihm zu. Da stieg Prinz Astrach von seinem guten Roß und ging an diese Hütte; und in dieser Hütte saß eine Zauberin auf der Diele und spann Flachs. Den Kopf stemmte sie in die Ecke, die Füße an der Decke. Und die Zauberin schrie mit fürchterlicher Stimme: »Fu! fu! fu! Bis jetzt hat sich noch kein russischer Geist hören lassen, und heute erscheint ein russischer Geist vor den Augen.« – Darauf fragte sie den Prinzen Astrach: »Warum, guter Jüngling, Prinz Astrach, bist du hieher gekommen, freiwillig oder nicht freiwillig? Hierher fliegt kein Vogel und kein wildes Thier streicht, kein Ritter reitet bei meiner Hütte vorbei, und wie hat dich Gott hierher geführt?«
Darauf sprach Prinz Astrach zu ihr: »Ach du dummes altes Weib, zuvor ätze und sättige mich guten Jüngling, und dann erst frage.«
Die alte Zauberin gab dem Prinzen Astrach sogleich zu essen, peitschte ihn in der Badstube,kämmte ihm das Trotzköpfchen, machte ihm das Bette zurecht und fing wieder an zu fragen: »Sage mir, guter Jüngling, wohin dein Weg geht, in welche entfernte Gegend, und ob du freiwillig gehest oder nicht freiwillig?«
Und ihr antwortete Prinz Astrach darauf so: »Wie viel ich mit Willen gehe, noch ein Mal so viel gehe ich unfreiwillig, durch sieben und zwanzig Länder in das dreißigste Reich, in das Zarenthum des unsterblichen Kaschtschei, um die selbstspielende Harfe zu holen.«
»Ho! ho! ho!« sprach die alte Zauberin, »es wird dir schwer werden, diese Harfe zu bekommen; doch bete zu Gott und lege dich schlafen: der Morgen ist erfinderischer, als der
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