Russische Volksmaerchen
Sohn wiedersahen, freuten sie sich sehr in ihrem Herzen.
Bald darauf starb König Filou nach dem Willen Gottes, und Prinz Astrach setzte auf sein Haupt die väterliche Krone und lebte mit seiner geliebten holden Gemahlin, der schönen Zarewna Osida, in aller Innigkeit und wirkte wohlthätig bis an sein Ende.
3. Von den sieben Simeonen, den leiblichen Brüdern.
Es war einmal ein alter Mann und eine alte Frau; die lebten viele Jahre zusammen und hatten keine Kinder, und waren schon hoch bejahrt und fingen an, zu Gott zu flehen, daß er ihnen ein Kind geben möchte, das ihnen im Alter bei ihren Arbeiten helfen könnte, und sie beteten lange Zeit, und ihr Gebet um ein Kind wurde nicht erhört. Aber nach sieben Jahren wurde die alte Frau schwanger und gebar auf ein Mal sieben Söhne, welche alle Simeon genannt wurden. Als der alte Mann und seine Frau gestorben waren, da wurden sie alle im zehnten Jahre Waisen und bearbeiteten ihr Feld selbst.
Da begab sich's einmal, daß Zar Ador bei ihnen vorüberfuhr und sie arbeiten sah auf dem Felde; und er wunderte sich sehr, daß so kleine Knaben ihr Feld selbst bestellten. Deßhalb schickte er zu ihnen seinen ältesten Bojaren und ließ sie fragen, wessen Kinder sie wären. Der Bojar kam zu den Simeonen und fragte sie, warum sie als so kleine Kinder so schwere Arbeit verrichteten. Darauf antwortete ihm der älteste Simeon, sie seien Waisen und hätten Niemanden, der für sie diese Arbeit verrichten könnte, und fügte noch hinzu, daß sie alle Simeon hießen. Der Bojar ging von ihnen und sagte dieses dem Zaren Ador, welcher sich darüber sehr verwunderte und sie mitzunehmen befahl.
Als der Zar in das Schloß kam, versammelte er alle seine Bojaren, fragte sie um Rath und sprach: »Meine Herren Bojaren! Ihr seht hier sieben Waisen, welche keine Verwandte haben; ich will sie zu solchen Leuten machen, daß sie mir später dafür danken sollen, und darum frage ich euch um Rath, in welchem Handwerk oder in welcher Kunst ich sie in die Lehre geben soll.« Darauf antworteten alle: »Gnädiger Herr, da sie jetzt schon herangewachsen sind und ihren Verstand haben, so möchte es wohl das Beste sein, jeden einzeln zu befragen, welches Handwerk oder welche Kunst er erlernen will.« –
Der Zar empfing diese Antwort mit Freuden und begann den ältesten Simeon zu fragen: »Sage mir, Freund, welches Handwerk oder welche Kunst willst du lernen? ich werde dich dazu in die Lehre geben.« – Da antwortete ihm Simeon: »Eure zarische Majestät, ich will keine Kunst lernen, aber wenn ihr befehlt in der Mitte Eures Hofes eine Schmiede zu bauen, so würde ich Euch eine Säule schmieden, die bis zum Himmel reichte.« Der Zar sah, daß es nicht nöthig sei, diesen Simeon etwas zu lehren, weil er schon ein Schmidt war und dieses Handwerk sehr künstlich auszuüben verstand, aber er glaubte nicht, daß er eine Säule bis zum Himmel schmieden könne. Deswegen befahl er, eine Schmiede in der Mitte seines Hofes zu bauen, und also begann der älteste Simeon in dieser Schmiede sein Werk.
Darauf fragte er den zweiten Simeon: »Und du, mein Freund, welches Handwerk oder welche Kunst willst du erlernen?« Dieser antwortete: »Eure Majestät, ich will weder ein Handwerk, noch eine Kunst erlernen; aber wenn mein ältester Bruder die eiserne Säule geschmiedet hat, so werde ich auf den Gipfel dieser Säule steigen, in alle Königreiche sehen und dir sagen, was in jedem Reiche geschieht.« – Der Zar befand, daß man auch diesen Sohn nichts zu lehren brauche, weil er schon ohne dies weise sei.
Darauf fragte er den dritten Simeon: »Welches Handwerk oder welche Kunst willst du lernen?« Dieser antwortete: »Eure Majestät, ich will weder ein Handwerk noch eine Kunst erlernen, aber wenn mein ältester Bruder mir ein Beil schmiedete, so würde ich blitzschnell ein Schiff bauen.« – Da rief der Zar aus: »O solche Meister sind mir nothwendig! Du brauchst also auch nichts zu lernen.«
Darauf fragte er den vierten Simeon: »Du, Simeon, welches Handwerk oder welche Kunst willst du lernen?« – »Eure Majestät, ich will nichts lernen, aber wenn mein dritter Bruder ein Schiff erbaut hat, und das Schiff wird von Feinden angefallen, so will ich es am Schnabel fassen und es in's unterirdische Reich führen, und wenn der Feind weggegangen ist, so werde ich es wieder auf's Meer bringen.« Der Zar erstaunte über solche Wunder und sagte zu ihm: »Auch du brauchst nichts zu lernen.«
Darauf fragte er den fünften
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