Russische Volksmaerchen
verschiedene kostbare Waaren. Alle Simeonen bestiegen das Schiff und segelten ab.
Nach einigen Monaten gelangten sie glücklich an den Ort, wohin ihnen nöthig war. Sobald sie in den Hafen kamen, warfen sie die Anker aus. Den folgenden Tag nahm Simeon, der Dieb, seine Katze, und ging in die Stadt; er kam an das Schloß des Zaren und blieb vor den Fenstern der Königin Helene stehen. Sogleich stellte sich seine Katze auf die Hinterpfoten, fing an, um ihn zu schmeicheln und zu schnurren. Man muß aber wissen, daß in diesem Reiche Niemand eine Katze kannte und nicht gehört hatte, was das für ein Thier sei. Die schöne Zarin Helene saß um diese Zeit am Fenster, und als sie die Katze erblickte, schickte sie alsbald ihre Wärterinnen und Zofen, um sich bei Simeon zu erkundigen, was das für ein Thier sei und ob er es nicht verkaufe, und wenn er es verkaufte, sollten sie ihn um den Preis fragen. Die Zofen eilten alsbald zu Simeon und fragten im Namen der Zarin Helene, was das für ein Thier sei, und ob er es nicht verkaufe. Simeon antwortete: »Meldet ihrer Majestät, der schönen Helene, daß dieses Thier Katze genannt wird; allein ich verkaufe es nicht; wenn es ihrer Majestät aber gefällig ist, so werde ich es ihr unentgeltlich verehren.« – Die Wärterinnen liefen in das Gemach und meldeten, was sie von Simeon gehört hatten. Als die Zarin Helene dies hörte, freute sie sich sehr, ging selbst aus ihren Zimmern und fragte Simeon, ob er die Katze nicht verkaufe. Simeon sprach zu ihr: »Eure Majestät, diese Katze verkaufe ich nicht, aber wenn es Euch gefällig ist, so schenke ich sie Euch.« Die Zarin nahm die Katze auf ihre Arme, ging in ihre Zimmer und befahl dem Simeon, auch mit zu kommen. Als sie in das Schloß kamen, ging die Zarin zu ihrem Vater, dem Zaren Sarg, zeigte ihm die Katze und sagte, daß ein Fremder sie ihr geschenkt habe. Der Zar besah das wunderbare Thier, freute sich sehr darüber und befahl, den Dieb Simeon zu ihm zu rufen, und als dieser kam, wollte ihn der Zar für die Katze mit Schätzen belohnen. Da aber Simeon nichts nehmen mochte, sprach der Zar zu ihm: »Mein Freund, wohne einstweilen in meinem Hause und unterdessen kann sich die Katze in deiner Gegenwart besser an meine Tochter gewöhnen.« Aber Simeon hatte keine Lust und sagte zu dem Zaren: »Eure Majestät, ich würde mit großem Vergnügen in einem Hause wohnen, wenn ich nicht ein Schiff hätte, auf dem ich in Euer Reich gekommen bin und das ich Niemandem anvertrauen kann; aber wenn Ihr so befehlet, so werde ich jeden Tag zu Eurer Majestät kommen und die Katze an Eure liebe Tochter gewöhnen.« Da befahl ihm der Zar, jeden Tag zu ihm zu kommen.
Simeon ging jeden Tag zu der schönen Königin Helene, und einstmals sagte er zu ihr: »Gnädige Frau, Eure Majestät, ich gehe schon lange zu Euch; aber ich bemerke nicht, daß Ihr irgend wohin spazieren gehet. Wenn Ihr nur einmal auf mein Schiff gehen wolltet, so würde ich Euch viele schöne Waaren, Goldstoffe und Diamanten zeigen, wie Ihr sie noch nie gesehen habt.« – Die Zarin ging sogleich zu ihrem Vater und bat ihn um die Erlaubnis, auf den Kai spazieren zu gehen. Der Zar gestattete es und befahl ihr, die Wärterinnen und Zofen mit sich zu nehmen. Die Zarin that dies alles sogleich und ging mit Simeon. Sobald sie auf den Kai kamen, bat Simeon die Zarin auf sein Schiff, und nachdem sie es bestiegen hatte, fing Simeon, der Dieb, sammt seinen Brüdern an, der Zarin verschiedene Waaren zu zeigen. Darauf sagte Simeon, der Dieb, zur schönen Helene: »Befehlet nun Euren Wärterinnen und Zofen, vom Schiffe zu gehen, denn ich will Euch nun kostbare Waaren zeigen, die sie nicht sehen dürfen.« Die Zarewna befahl ihnen sogleich, das Schiff zu verlassen. Und sobald sie ausgestiegen waren, befahl Simeon, der Dieb, seinen Brüdern, die Ankertaue zu kappen und mit allen Segeln auf das Meer zu fahren. Unterdessen wickelte er selbst der Zarin verschiedene Waaren aus und beschenkte sie mit manchen. Also verflossen einige Stunden, da er ihr die Waaren zeigte. Endlich sagte sie zu ihm, es sei nun Zeit, nach Hause zu gehen, denn der Zar, ihr Vater, würde sie erwarten. Darauf ging sie aus der Kajüte und sah, daß das Schiff sich schon in offener See befand, und daß sogar die Ufer schon verschwunden waren. Da schlug sie sich an die Brust, verwandelte sich in einen Schwan und flog auf. Der fünfte Simeon ergriff sogleich seine Flinte und schoß sie an, und der sechste ließ sie nicht in's Wasser
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