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Russische Volksmaerchen

Russische Volksmaerchen

Titel: Russische Volksmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Dietrich
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Simeon: »Und du, Simeon, welches Handwerk oder welche Kunst willst du lernen?« – »Ich will nichts lernen, Eure Majestät,« sagte Simeon, »aber wenn mir mein ältester Bruder eine Flinte schmiedet, so werde ich mit dieser Flinte jeden Vogel anschießen, er mag so weit sein, als er will, wenn ich ihn nur sehe.« – »So wirst du mir ja ein trefflicher Jäger sein,« sagte der Zar zu ihm.
    Darauf fragte er den sechsten Simeon: »Du, Simeon, welche Kunst willst du betreiben?« – »Eure Majestät,« sagte Simeon, »ich will keine Kunst betreiben; aber wenn mein fünfter Bruder in der Luft einen Vogel angeschossen hat, so werde ich ihn nicht auf die Erde fallen lassen, sondern ihn in der Luft fangen und Eurer Majestät bringen.« – »Du bist auch geschickt,« sagte zu ihm der Zar, »du kannst bei mir statt eines Hühnerhundes im Felde dienen.«
    Darauf fragte der Zar auch den letzten Simeon: »Und du, Simeon, welches Handwerk oder welche Kunst willst du lernen?« – »Eure zarische Majestät,« antwortete er ihm, »ich will weder ein Handwerk, noch eine Kunst lernen, denn ich verstehe ohne dies ein kostbares Handwerk.« – »Was für ein Handwerk verstehst du denn?« fragte der Zar, »sage mir's, sei so gut.« – »Ich verstehe gut zu stehlen,« antwortete er, »und so, daß es keiner besser versteht, als ich.« Als er von einem so schlechten Handwerk hörte, wurde der Zar zornig und sprach zu seinen Bojaren: »Meine Herren, sagt mir, wie rathet ihr mir, diesen Dieb Simeon zu strafen? welchen Tod soll er erleiden?«– »Eure Majestät,« sagten alle zu ihm, »warum soll man ihn mit dem Tode bestrafen? Vielleicht ist er ein ausgezeichneter Dieb und vielleicht kann er uns im Nothfalle nützlich sein.« – »Wie so?« fragte der Zar. »Auf diese Weise,« sagten sie: »Eure Majestät wirbt schon zehn Jahre um die Hand der Zarin, der schönen Helene, aber Ihr könnt sie nicht bekommen und habt schon viel Heere und viel Geld verloren, und dieser Dieb Simeon kann vielleicht die Zarin, die schöne Helene, irgendwie für Eure Majestät stehlen.«
    Da antwortete ihnen der Zar: »Ihr sprecht wahr, meine Freunde!« Dann wendete er sich zu dem Dieb Simeon und sprach zu ihm: Nun, Simeon, kannst du durch sieben und zwanzig Länder in das dreißigste Königreich wandern und mir die schöne Königin Helene stehlen? denn ich bin sehr in sie verliebt, und wenn du sie mir stiehlst, so werde ich dich reichlich belohnen.« – »Das ist unsere Sache,« antwortete Simeon, »wenn Ihr es nur befehlet.« – »Ich befehle nicht blos, sondern ich bitte dich, verweile nicht länger an meinem Hofe und nimm dir Heere und Schätze so viel du haben willst.« – »Ich brauche nicht deine Heere und deine Schätze, entlasse nur uns Brüder alle zusammen; aber ohne die übrigen kann ich nichts thun.« – Der Zar wollte nicht gerne alle Simeonen entlassen; allein, obgleich es ihm Leid that, so war er doch genöthigt, sie alle zusammen zu beurlauben.
    Unterdessen hatte der älteste Simeon die eiserne Säule in der Schmiede auf dem Schloßhof schon vollendet. Der zweite Simeon kletterte hinauf und sah nach allen Seiten sich um, wo das Reich des Vaters der schönen Helene sei, und plözlich rief er dem Zaren Ador zu: »Eure Majestät, hinter sieben und zwanzig Ländern im dreißigsten Königreiche sitzt die Zarin, die schöne Helene, am Fenster. Wie sie schön ist! Man sieht bei ihr, wie das Mark aus einem Knochen in den andern fließt.« Der Zar wurde dadurch noch mehr gereizt und rief laut zu den Simeonen: »Meine Freunde, begebt euch auf die Reise und kommt bald wieder. Ich kann ohne die Zarin, die schöne Helene, nicht mehr leben.«
    Der älteste Simeon schmiedete dem dritten eine Flinte und nahm, was zur Reise nothwendig war, d. h. Brod. Der Dieb Simeon nahm eine Katze mit sich und dann machten sie sich auf den Weg. Der Dieb Simeon hatte diese Katze so an sich gewöhnt, daß sie ihm überall, wie ein Hund, nachlief, und wenn er stehen blieb, stellte sie sich auf die Hinterpfoten, schmeichelte um ihn und schnurrte. So gingen sie auf ihrem Wege fort, bis an das Ufer des Meeres, über welches sie segeln mußten. Sie gingen lange am Ufer des Meeres herum und suchten sich Holz, um ein Schiff zu bauen. Endlich fanden sie eine ungeheure Eiche. Der dritte Simeon nahm sein Beil und hieb die Eiche an der Wurzel um, und auf dieselbe Eiche schlug er und blitzschnell wurde ein Schiff daraus und war ganz segelfertig, und in dem Schiffe befanden sich

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