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Russische Volksmaerchen

Russische Volksmaerchen

Titel: Russische Volksmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Dietrich
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fallen, sondern fing sie in der Luft auf und brachte sie auf das Schiff, wo die Zarin wieder zur Jungfrau wurde. Die Wärterinnen und Zofen, welche auf dem Kai standen und sahen, daß das Schiff mit der Zarin fortsegelte, erzählten dem Zaren Simeon's Betrug. Da befahl der Zar sogleich der ganzen Flotte, ihm nachzujagen, und sie waren dem Schiffe der Simeonen sehr nahe schon, als der vierte Simeon das Schiff beim Schnabel faßte und in das unterirdische Reich führte. Und als ihr Schiff entwich, da sah die Flotte, wie es verschwand, und alle meinten, daß das Schiff mit der schönen Zarin Helene versunken sei, und sie meldeten dem Zaren Sarg, das Schiff Simeon's sei mit der schönen Helene untergegangen.
    Die Simeonen aber fuhren glücklich in ihr Reich, und überlieferten die schöne Zarin Helene dem Zaren Ador, welcher den Simeonen für ihren so großen Dienst die Freiheit gab und viel Gold und Silber und Edelsteine schenkte. Und er lebte mit der schönen Königin Helene viele Jahre in Glück und Frieden.
     

4. Märchen vom Ritter Iwan, dem Bauersohne.
     
    In einem Dorfe lebte ein unbemittelter Bauer mit seiner Frau. Drei Jahre hatten sie keine Kinder, aber das vierte Jahr wurde seine Frau schwanger und gebar einen Sohn, dem sie den Namen Iwan gaben. Der wurde fünf Jahr alt und konnte noch nicht gehen. Vater und Mutter wurden traurig und beteten zu Gott, daß er ihrem Sohne gesunde Füße geben möchte, aber so viel sie auch beteten, er mußte sitzen und konnte seine Füße nicht brauchen drei und dreißig Jahre lang.
    Eines Tages ging der Bauer mit seiner Frau in die Kirche zur Messe; da kam um dieselbige Zeit ein Bettler an das Fenster ihrer Hütte und bat Iwan, den Bauersohn, um ein Almosen. Iwan, der Bauersohn, antwortete: »Ich möchte dir ein Almosen geben, aber ich kann nicht von der Stelle aufstehen.« – Da sprach zu ihm der Bettler: »Stehe auf und gib mir Almosen, deine Füße sind gesund und geheilt.«
    Iwan, der Bauersohn, stand den Augenblick auf von seinem Sitze und wurde sehr froh, daß seine Füße gesund waren. Er rufte den Bettler in seine Hütte und gab ihm zu essen. Darauf bat ihn der Bettler um einen Trunk Bier, und Iwan, der Bauersohn, ging sogleich und brachte Bier, aber der Bettler trank es nicht, sondern befahl ihm, das volle Gefäß zu leeren, und er trank es aus bis auf den Grund. Da fragte ihn der Bettler: »Nun, Iwanuschka, wie viel Kraft fühlst du jezt in dir?« – »Sehr viel!« antwortete ihm Iwan. »So lebe wohl nun!« sprach darauf der Bettler und verschwand. Und Iwan blieb in großer Verwunderung stehen.
    Bald darauf kamen sein Vater und seine Mutter, und als sie ihren Sohn gesund sahen, verwunderten sie sich und fragten ihn, wie er sich von seiner Krankheit befreit habe. Da erzählte ihnen Iwan Alles, und die Alten meinten, das sei kein Bettler, sondern ein heiliger Mensch gewesen, der ihn von der Krankheit befreit, und sie fingen an, zu schmausen und sich lustig zu machen. Iwan aber ging, seine Kraft zu versuchen; er kam in den Küchengarten, ergriff eine Stange, stieß sie bis in die Mitte in den Boden und redete so stark, daß das ganze Dorf sich umdrehte. Dann ging er in die Hütte zurück und wollte von seinen Aeltern Abschied nehmen und um ihren Segen bitten. Da begannen die Alten bitterlich zu weinen und baten ihn, er möchte wenigstens eine kurze Zeit noch bei ihnen weilen; aber Iwan achtete ihrer Thränen nicht und sprach: »Wenn ihr mich nicht fortlassen wollt, so werde ich von selbst gehen.« Da segneten ihn die Aeltern, und Iwan, der Bauersohn, betete, verneigte sich nach allen vier Seiten und nahm Abschied von Vater und Mutter. Darauf ging er vom Hofe aus rechts, und er ging, wo seine Augen gerade hinsahen, und wanderte zehn Tage und zehn Nächte. Da kam er in ein Reich; aber kaum war er in die Stadt getreten, als sich ein großes Geschrei und Getöse erhob, worüber der Zar also erschrak, daß er befahl auszurufen, wer dieses Getöse beseitigen würde, der solle seine Tochter zur Gemahlin erhalten, und ihr wolle er das halbe Reich als Mitgift geben.
    Als Iwanuschka dies vernahm, begab er sich auf den Zarenhof und befahl dem Zaren zu melden, daß er dieses Getöse beseitigen wolle. Der Thorwächter hörte dies, ging zu dem Zaren und sagt' es ihm. Der Zar befahl sogleich, Iwan, den Bauersohn, zu ihm zu rufen, und als er zu ihm kam, sprach der Zar: »Mein Freund, ist es wahr, wessen du dich gegen den Thorwächter berühmt hast?« – »Ja, es ist wahr, ich habe

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