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Russische Volksmaerchen

Russische Volksmaerchen

Titel: Russische Volksmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Dietrich
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Korolewitsch hinzurichten. In dieser Zeit trat die Tochter Saltan's herein, die schöne Prinzeß Miliheria, fiel vor ihrem Vater auf die Knie und sprach folgendergestalt: »Mein Herr Vater, Zar Saltan Saltanowitsch, befiehl nicht, den Vowa hinzurichten, sondern erlaube mir, ein Wort zu sprechen: durch seinen Tod wird mein Bruder nicht wieder erweckt, und das von ihm erschlagene Heer nicht wieder lebendig gemacht. Schenke ihm lieber das Leben, bekehre ihn zu unserem Glauben, und mache ihn zu deinem Thronfolger. Dann wird er deinem Alter im Kriege eine Stütze sein.« – Darauf antwortete Saltan Saltanowitsch: »Meine liebe Tochter, schöne Miliheria, du hast mich getröstet mit deinen sanften Worten und deinem weisen Rathe; ich gebe den Vowa in deine Macht, und wenn er unserm Glauben annimmt, so werde ich ihn zum Thronfolger machen, ihn dir zum Gemahle geben, und ihm als Mitgabe alle meine Städte sammt den Kirchdörfern, Goldschätzen und Edelsteinen abtreten.« – Die Zarentochter verneigte sich vor ihrem Vater und ging aus dem Zimmer und befahl, Vowa herbeizubringen. Dann fing sie an, ihn mit ihrer Schönheit zu reizen und ihm mit angenehmen Worten zuzureden, daß er ihren Glauben annehmen sollte; aber Vowa gab zur Antwort: er werde weder um des Reiches, noch um der goldenen Schätze und Edelsteine willen, ja sogar nicht um ihretwillen seinen Glauben ändern.
    Da befahl die schöne Miliheria, den Vowa in's Gefängnis zu führen, den Eingang mit Sand zu verschütten, und ihm fünf Tage lang weder Speise noch Trank zu reichen. Nach Verlauf dieser Tage zog sie ein goldenes, mit Edelsteinen geschmücktes Kleid an, und begab sich zu Bowa's Gefängnis. Als sie an dasselbe kam, befahl sie, den Sand wegzuschaufeln und die Thüre zu öffnen, trat zu Bowa und sprach: »Nun, junger Fant, hast du dir es überlegt? willst du deinem Glauben entsagen und leben bleiben und über das Reich meines Vaters herrschen, oder hast du noch nicht von deiner Halsstarrigkeit gelassen und willst lieber am Galgen dein Leben enden?« – »Nie werde ich meinen Glauben verläugnen,« antwortete Bowa, »und ihn mit dem Deinigen vertauschen; so lange ich lebe, werde ich an dem meinigen festhalten. Verführe mich nicht mit listigen Worten und großen Versprechungen, ich will lieber den Tod erleiden, als ein niederträchtiger Mensch sein.« – Die Prinzeß Miliheria wurde sehr zornig, als sie dies von ihm hörte; sie ging sogleich zu ihrem Vater und sprach also: »Mein Herr Vater, Zar Saltan Saltanowitsch, ich bin schuldig vor dir, daß ich dich um Gnade für diesen ungläubigen Gefangenen gebeten habe, indem ich ihn zu unserm Glauben bekehren und zu einem treuen Diener deiner Majestät machen wollte. Aber jezt sehe ich seine Verstocktheit und sein unerbittliches Herz. Ich will nicht mehr für ihn um Gnade bitten, sondern gebe ihn in deine Gewalt zurück und du kannst mit ihm machen, was du willst.« Nach diesen Worten ging sie hinaus. Als dies Saltan Saltanowitsch hörte, rief er dreißig tapfere Ritter zu sich und schickte sie nach Bowa in's Gefängnis; aber als sie dahin kamen, konnten sie nicht den Sand von der Thüre wegschaufeln, weil die Zarentochter in ihrem Zorn zu viel hatte aufschütten lassen, und sie gedachten das Dach abzubrechen und Bowa herauszuziehen. Da wurde Bowa Korolewitsch traurig und sprach weinend: »Ich bin der unglücklichste aller Menschen, ich habe weder ein scharfes Schwert, noch einen Streitkolben, und meine Feinde sind zahllos, und dazu bin ich so geschwächt von fünftägigem Hunger.« – Da setzte er sich nieder in einen Winkel des Gefängnisses und fühlte neben sich auf der Erde ein stählernes Schwert. Er ergriff es mit großer Freude, wendete es auf alle Seiten, und traute kaum seinem unerwarteten Funde. Dann näherte er sich dem Orte, wo sich die Ritter Saltan's in das Gefängnis herabließen und fing an, ihnen einzeln die Köpfe abzuhauen und sie auf einen Haufen zu legen. Saltan Saltanewitsch erwartete seine nach Bowa geschickten Ritter und wurde sehr zornig über ihre Langsamkeit und schickte noch ein Mal so viel zu ihrer Hülfe; aber Bowa tödtete auch diese, und legte ihre Leichen zusammen auf einen Haufen und stieg über diesen aus dem Gefängnisse, und eilte davon dem Seehafen zu, wo er ein Schiff vor Anker liegen sah, und rief mit lauter Stimme: »Ihr Herren Schiffer, nehmt mich guten Jüngling mit auf euer Schiff, und rettet mich von einem bösen Tod, ich werde euch reichlich dafür

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