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Russische Volksmaerchen

Russische Volksmaerchen

Titel: Russische Volksmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Dietrich
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sich auf die Hinterbeine vor Vowa und wieherte so stark, daß die schöne Druschnewna und die übrigen Leute beinahe umgefallen wären. Als Vowa das Roß an der schwarzgrauen Mähne faßte und es zu streicheln anfing, da blieb es so still stehen, als wäre es eingewurzelt, und Vowa Korolewitsch, dies sehend, legte ihm einen tscherkassischen Sattel auf, dessen Gurte von schemachanischer Seide, und mit goldenen Schnallen versehen waren. Und als er sich aufs Roß setzte und Abschied nahm von der Prinzeß Druschnewna, da küßte sie ihn auf seine Lippen und drückte ihn an ihr klopfendes Herz. Der Haushofmeister, namens Orlop, der dies sah, fing an, ihr Vorwürfe deßhalb zu machen; dem Vowa behagte das übel, und er schlug ihn mit dem stumpfen Ende seiner Lanze, daß er halbtodt zu Boden stürzte, er selbst aber ritt aus der Stadt. Da schlug Vowa sein Roß auf die straffen Hüften, und sein Roß wurde hitzig, trennte sich von der Erde und sprang über die Stadtmauer.
    Als Vowa das Lager Lukoper's erblickte, in welchem die Zelte so dicht standen, wie die Bäume im Walde, nahm er sein Schlachtschwert und den Streitkolben, und ritt auf den mächtigen Zaren Lukoper los. Zwei Berge stürzen nicht mit solcher Kraft zusammen, als die beiden gewaltigen Ritter. Lukoper stieß den Vowa mit der Lanze nach dem Herzen, aber Vowa wendete den Stoß mit dem Schilde von sich ab, und die Lanze zersprang in Stücken, und er selbst hieb den Lukoper mit seinem Schwerte über den Kopf und zerspaltete denselben samt dem Rumpfe bis auf den Sattel des Rosses. Dann überfiel er sein zahlloses Heer, und, so viel er auch mit dem Streitkolben niederschlug, noch ein Mal so viel trat sein Roß mit den Füßen zu Boden. Hier schlug Vowa fünf Tage ohne auszuruhen, und schlug und trat nieder beinahe das ganze Heer; nur eine kleine Zahl davon entrann zu dem Zaren Saltan Saltanowitsch und sprach zu ihm: »Unser Herr Zar, Saltan Saltanowitsch, nachdem wir die Zaren Sensiboi und Markobrun gefangen genommen und ihr Heer niedergehauen hatten, stürzte aus der Stadt Sensibois ein junger Fant von schöner Gesichtsbildung; der hat im Zweikampf deinen tapfern Sohn Lukoper getödtet, und unser ganzes Heer niedergehauen, und mit dem Rosse zu Boden getreten. Er jagt uns jezt nach, haut alle nieder, die er einholt, und wenn er hier ankommt, will er mit dir fechten.« Da erschrak Saltan Saltanowitsch, eilte sogleich auf seine Schiffe, ließ seine Zelte und Schätze zurück, kappte die Ankertaue und segelte ab von dem Ufer des armenischen Reiches. Kaum hatte er das Ufer verlassen, als Vowa in das Lager einritt, aber er fand keine lebendige Seele, als die Könige Markobrun und Sensiboi Andronowitsch, die bei dem Zelte des Saltan Saltanowitsch gebunden lagen. Vowa Korolewitsch befreite sie von ihren Banden und ritt mit ihnen zurück in das armenische Reich.
    Auf dem Wege sprach Sensiboi Andronowitsch folgendergestalt zu Vowa: »Mein lieber Diener Anhusei, ich sehe deine treuen Dienste und deine unglaubliche Tapferkeit. Dir habe ich meine Befreiung zu verdanken, und ich weiß nicht, womit ich dich dafür belohnen kann. Erbitte dir von mir, was du haben willst. Meine Schätze sollen dir offen stehen.« – Darauf antwortete Vowa Korolewitsch: »Gnädiger Herr König Sensiboi Andronowitsch, ich bin zufrieden mit deiner königlichen Gnade und erbitte mir nichts von dir, sondern will dir noch treu und redlich dienen, soviel mir möglich ist.« Unter diesen Gesprächen kamen sie in die armenische Stadt, und fingen an zu essen und zu trinken und allerlei Kurzweil zu treiben. Vowa Korolewitsch legte sich schlafen und schlief neun Tage und neun Nächte.
    Die Könige Sensiboi und Markobrun, des Schmausens müde, ritten auf drei Tage in's Feld auf die Jagd. In dieser Zeit begab sich's, daß der Haushofmeister, ärgerlich über die Gunst, in der Vowa Korolewitsch bei dem Könige stand, dreißig Burschen zu sich berief und zu ihnen sprach: »Meine Freunde und Kameraden, ihr sehet, daß der Bösewicht Anhusei unsern König Sensiboi Andronowitsch und die Prinzeß Druschnewna überlistet hat, und ihre Gnade allein genießt, ja daß er uns, die wir doch besser und würdiger sind als er, verachtet, und selbst vor den Augen der Prinzeß schlägt. Kommt jezt in den Stall, wo er schläft, laßt uns ihm bösen Tod im Schlafe geben, und ich werde euch dafür viel Gold, Silber, Edelsteine und bunte Kleider schenken.« – Als Orlop seine Rede beendet hatte, sprach einer von den dreißig

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