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Russisches Abendmahl

Russisches Abendmahl

Titel: Russisches Abendmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Ghelfi
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seine sonstige wortkarge Unterkühltheit. Der Grund dafür könnte mein Versagen in der Eremitage sein, aber ich spüre, dass ihn noch etwas anderes beschäftigt. »Sein Name ist Strahow.«
    Ich reiße den braunen Umschlag auf. Das Schwarz-Weiß-Bild auf Hochglanzpapier zeigt einen Mann voller Aknenarben, dessen Kopf zu groß für seine Schultern zu sein scheint. Ich mache den Umschlag wieder zu und lege ihn auf den Tisch. »Valja?«
    Seine Gesichtsmuskeln ziehen sich zusammen. Mit dem Daumennagel pult er an einer Schwiele in seiner Hand. Ich glaube, ich weiß, was hinter den strengen Brauen vorgeht. Er denkt an das Loch in seiner Wade, das er einem tschetschenischen Heckenschützen zu verdanken hat, und den darauffolgenden rettenden Ritt auf meinen Schultern, an die Monate, die ich in einer Grube verbrachte, nachdem ich mich ergeben hatte, um seinen Männern das Leben zu retten, und an zu viele Todesschüsse, um sie zu zählen. Deswegen und wegen noch etwas, über das wir nicht sprechen, steht er in meiner Schuld. Bisher jedenfalls, aber vielleicht ist mein Kontingent inzwischen aufgebraucht.
    »Nimm sie mit«, krächzt er und drückt auf einen Knopf am Schreibtisch.
    Ich erhebe mich.
    »Noch etwas«, sagt er. »Sag Maxim, dass du ihm den Schah-Diamanten besorgst, den Gromow nicht bekommen hat.«
    Es fällt mir schwer, die Bitte des Generals einzuordnen, da sie eine grundlegende Änderung seiner Haltung gegenüber Maxim bedeutet.
    »Natürlich nicht den Echten«, sagt er. »Eine Kopie, wie wir sie letztes Mal hatten. Um ihn zu besänftigen.« Er sieht mich an, als erwarte er einen Einwand.
    Meine Eskorte klopft an die Tür. Ich nicke, salutiere und gehe.
     
    Als ich die Mauern des Kreml verlasse, rufe ich sofort Vadim an. Er arrangiert ein Treffen mit einem Diamantenhändler, demselben fettwangigen Mongolen vom letzten Mal, als wir den echten Diamanten gestohlen und ihn dem Saudi-Prinzen verkauft haben. Diesmal liefern wir die Fälschung, statt sie in einem Glaskasten zurückzulassen, wo sie fünf Jahre später als solche entlarvt wird. Er würde zwar nie einer Überprüfung standhalten, ist aber trotzdem teuer genug, auch nachdem Vadim mit dem Feilschen fertig ist. Der Mongole formt den Stein und ätzt die persischen Namen ein, was über eine Woche dauert, also müssen wir die Hälfte im Voraus zahlen.
    Nachdem der Deal gemacht ist, begleitet mich Vadim ein Stück in Richtung Loft.
    »Warum tun wir das?«, fragt er.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Das funktioniert nicht. Nur ein Idiot merkt nicht, dass es eine Fälschung ist.«
    »Ich glaube, darauf kommt es nicht an«, sage ich geistesabwesend. Ich mache mir Sorgen über die Konsequenzen einer schrecklichen Allianz zwischen Maxim und dem General.
     
    Ich bin im Loft und packe für Prag, als Valja hereinrauscht. »Henri Orlan ist verschwunden.«
    »Woher weißt du das?«
    »Die Galerie war den ganzen Tag geschlossen. Ich habe eine Wohnung in der Nähe der Universität ausfindig gemacht, die er dem Nachbarn zufolge manchmal mit einer Frau namens Jelena Posnowa geteilt hat. Der Nachbar sagt, sie seien vor drei Tagen mit zwei schweren Koffern weggefahren.«
    Es fällt mir wieder ein, wie Nigel Posnowas Namen im National Club erwähnte. Ich sehe eine große Hand ahnungslose Figuren über ein Schachbrett ziehen. Ich erinnere mich an meine Entscheidung, mich wegen der Leda nicht an Posnowa zu wenden. Ich schäume vor Wut.
    »Komm, wir müssen mit Bolles reden.«

16
    Der National Club ist wieder hergerichtet worden, als hätte die Schießerei nie stattgefunden. Ich gehe durch den Seiteneingang hinein und nicke drei Rausschmeißern in schwarzen Anzügen zu, die augenscheinlich nur darauf warten, jemanden zusammenzufalten. Nigel Bolles hat sich wieder mal mit Gin-Lime abgefüllt und lässt den Kopf auf das Lederpolster der Bar hängen. Ich lege seinen Arm um meine Schulter, klemme mir seinen neuen Spazierstock unter und schleife ihn raus auf die Straße und in den wartenden Mercedes.
    Valja fährt uns zurück ins Café, wo ich Bolles huckepack die Treppe runter in mein Kellerbüro trage und ihn auf einem Tisch ablade. Ich warte ungeduldig, während Valja Kaffee kocht und versucht, ihn Bolles einzuflößen. Zwei Stunden später stammelt er ein paar Brocken, von denen ich annehme, dass sie ein gewisses Maß an Wahrheit enthalten.
    »Zwei Männer, unrasierte Ratten«, sagt er. »Brüder, glaube ich.« Als er die Tasse an die Lippen führt, verschüttet er etwas von dem Kaffee.

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