Russisches Abendmahl
Computerspielen lüsterner Teenager erinnert. Ein Fall für die Cosmopolitan .
Ihre Begleiter sind ihr offensichtlich verfallen. Ich muss mich innerlich zusammenreißen, um mich daran zu erinnern, dass diese Frau für mich immer Jelena Posnowa sein wird. Lipmans Geliebte, Peters Frau. Egal welches Spiel sie spielt, sie gehört zu meinen Feinden.
Die ungleiche Truppe betritt einen Fahrstuhl. Ich husche rüber zu den verschlossenen Türen, vorsichtig, damit mich der Fahrer nicht sieht, und beobachte die Fahrstuhlanzeige. Der Lift bleibt im vierten Stock stehen und fährt dann wieder runter. Vorsichtig schleiche ich mich an die Limousine heran. Ich sehe die Silhouette des Fahrers im Licht der Armaturen. Er telefoniert mit seinem Handy. Sein Fenster ist offen.
Er ist zu vertieft in sein Gespräch, um mich zu bemerken. Bis es zu spät ist. Ich tauche neben ihm auf und ramme ihm meinen Ellbogen in die Schläfe. Er ist schneller, als ich dachte, der Schlag streift ihn nur und setzt ihn kurz außer Gefecht. Ich will ihn nicht töten, jedenfalls jetzt noch nicht, außerdem will ich kein Blut auf seiner Uniform, also hechte ich halb durch das offene Fenster, packe ihn am Hals, würge ihn und kassiere seine Schläge, bis er ohnmächtig zusammensackt.
Dann schlängle ich mich aus dem Wagen und suche mit Blicken die Garage ab. Niemand zu sehen. Ich öffne die Tür, schiebe ihn zur Seite und setze mich neben ihn. Verpasse ihm eins mit dem Lauf meiner Glock, um sicher zu gehen, dass er bewusstlos bleibt. Ich nehme ihm die Mütze und die blaue Uniformjacke ab, was in der engen Fahrerkabine nicht ganz einfach ist. In der Garage ist es noch ruhig, also zerre ich ihn raus und stopfe ihn in den Kofferraum. Dann fahre ich mit dem Fahrstuhl in den vierten Stock.
Die Türen öffnen sich zu einem unbesetzten Empfangsbereich, der zu einer Steinlandschaft mit einem plätschernden Wasserfall zwischen Plastikbäumen und Pflanzen ausgebaut ist. Als wäre ich in einen überdachten Dschungel gebeamt worden. Ich ignoriere den ausgewiesenen Gang und schleiche unter Farnwedeln über künstliche Steine ein Flussbett entlang, bis ich Stimmen höre.
»Das sind Fälschungen.«
Es ist Posnowa. Ich muss nicht um die Ecke sehen, um das zu wissen, denn ihre Stimme ist die perfekte musikalische Ergänzung zu ihrem Körper.
Das Anreißen und Aufflackern eines Streichholzes überdeckt das Geräusch, das ich mache, als ich mich unter dem falschen Blattwerk in eine Position begebe, von wo aus ich den Raum einsehen kann. Es ist ein offener Sitzbereich mit einem niedrigen Tisch, Ledersofas und einem langen Fenster mit Blick auf die Straßenschlucht unter uns. Posnowa geht auf und ab. Bei jedem Schritt betont die weiße Seide eines ihrer Beine. Ihre Begleiter weichen jedes Mal zurück wie Palmenwedel, wenn sie an ihnen vorbeikommt.
»Woher willst du wissen, dass es Fälschungen sind, bevor du sie gesehen hast?«
Ihr Gesprächspartner zieht an einer Zigarette. Dichte graue Locken kleben ihm am Kopf wie eine Kippa. Ein dazu passender Bart folgt der Linie seines vorstehenden Unterkiefers wie ein Pferdehuf. Ohne den dazugehörigen Schnurrbart sieht es aus, als ob er sich nach vorne neige, auch wenn er vollkommen gerade steht. Er trägt eine lange schwarze Jacke mit Chinesenkragen. Dünne schwarze Handschuhe bedecken seine Hände.
Posnowa bleibt stehen und wendet sich ihm zu. Scheinbar ohne sich bewegt zu haben, steht sie plötzlich vor ihm, ihr Gesicht direkt vor seinem.
»Man wird uns die Provenienz nicht abnehmen, Marc«, sagt sie.
Sie spricht mit Marc Pappalardo, dem Galeriebesitzer, den die Mafia in der Hand hat. Er trägt die Handschuhe, um seine künstliche Hand zu verbergen.
»Solche Bilder hat es in der Eremitage nie gegeben«, fügt Posnowa hinzu.
»Ihr habt die Existenz der Verschollenen Meisterwerke fünfzig Jahre lang verleugnet.« Jetzt, wo ihr Körper seinen fast berührt, klingt seine Stimme heiser. »Dann macht ihr eben eine neue Entdeckung. Was sind schon zwei Bilder mehr?«
»Zwei neue Pissarros?«, fragt sie trocken.
»Zwei neue aus dem Sommer in Dieppe. Er erwähnt sie in den Briefen an seinen Sohn.«
»Das funktioniert nicht.«
»Doch, das funktioniert, jedenfalls lange genug, damit für uns eine Stange Geld dabei herausspringt. Dein Schoßhündchen, Lipman, soll sie in irgendeiner geheimen Katakombe finden.«
Lipmans Name schreckt mich auf. Als ich davonschleichen will, gerät der Plastikfarn ins Flattern. Pappalardos Kinn
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