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Russisches Abendmahl

Russisches Abendmahl

Titel: Russisches Abendmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Ghelfi
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viel zählt. Nebenbei versucht er herauszufinden, ob mein Handeln genehmigt ist.
    »Der General auch«, sage ich, ohne hinzuzufügen, dass der Mann, der sich Peter nennt, als Schuldner vorzuziehen und deshalb ein besserer Verhandlungspartner für Matthews und seine Vorgesetzten sein könnte.
    »Sag mir, was du brauchst. Dann entscheide ich.«
    Das ist ein gewaltiges Risiko. Wenn ich ihm einen Namen gebe, bei dem sein Computer aufschreit, rufe ich ungewollt einen neuen Mitspieler, die NSA, auf den Plan.
    »Jelena Posnowa. Die Medici Gallery. Und Dr. Rolf Lipman.«
    »Wie tief soll ich gehen?«
    Eine gute Frage, die zu spät kommt. Ich stecke schon so tief drin, dass ich fast ersticke. »Alles, was du hast.«
    »In einer Stunde bekommst du Bescheid.«
    Ich erkläre ihm, wie er mich erreicht. Dann warte ich. Und wünschte, sie wäre hier bei mir.

22
    »In der Medici Gallery mögen sie tote Italiener«, sagt Matthews ein paar Stunden später. Er klingt unbefangener, fast gelangweilt, jetzt wo das Erstaunen, von mir zu hören, abgeklungen ist. Vielleicht haben die Computer nicht verrückt gespielt. »Sie wurde 1990 von ihrem jetzigen Besitzer gegründet«, fügt er hinzu. »Marc Pappalardo. Er stammt aus Jersey. Von der Mafia protegiert, aber kein Mitglied. Sie haben ihm den Start ermöglicht, deswegen haben sie ihn in der Hand. Du wirst ihn mögen.«
    »Was meinst du damit?«
    »Ihm fehlt ein Stück, so wie dir. Verstehst du?«
    Amerikaner haben manchmal eine Art, verletzende Dinge auf eine beiläufige, indirekte Weise zu sagen. Kultureller Narzissmus, schätze ich - eine Art Selbstbezogenheit, die sie für das Leid anderer blind macht. Ich hake weiter nach. »Ist der Laden seriös?«
    »Er hat seine linke Hand verloren. Wir wissen nicht genau wie. In der Akte steht, dass man sie ihm vielleicht zur Strafe abgehackt hat. Verstehst du, als Lektion, bestiehl uns nicht.«
    »Der Laden ist also nicht seriös?«
    »Eigentlich dachten wir schon. Wir glaubten, Pappalardo habe eine Pause eingelegt und die Galerie nur als Geldwaschanlage benutzt. Inzwischen sind wir nicht mehr so sicher.«
    »Warum nicht?«
    »Weil du danach fragst. Wonach suchst du? Drogen? Sex?«
    Die beste Methode, ihn auf eine falsche Fährte zu locken, ist, so nah wie möglich bei der Wahrheit zu bleiben. »Jemand hat ein Paket dorthin geschickt. Wir glauben, es könnte sich um gestohlene russische Artefakte handeln.«
    »Ach? Daher also die Verbindung zu Lipman. Ich habe mich gefragt, was er damit zu tun hat.«
    »Was wisst ihr über ihn?«
    Alles, was mir Matthews über Lipman erzählt, weiß ich bereits. Das sage ich ihm.
    »Dann weißt du auch von ihm und Jelena Posnowa«, sagt er.
    »Was ist mit ihnen?«
    Er lacht in sich hinein. »Ich ging auch nicht davon aus, dass du es weißt.«
    »Dass ich was weiß?«
    »Er vögelt sie.«
    Armer Arkadij. »Na und?«
    »Nun, damit kommen wir zum interessanten Teil. Jelena Posnowa ist ein Deckname. Ihr richtiger Name lautet Kasia Anfimova - das ist jedenfalls ihr Mädchenname. Sie ist eine große Kunstmäzenin bei euch.«
    Matthews plappert weiter, aber ich bin damit beschäftigt, ein paar unerfreuliche Zusammenhänge zu begreifen. Jetzt wo ich weiß, wer Jelena Posnowa ist, weiß ich auch, wer Peter ist. Als ich wieder zuhöre, kommt Matthews gerade zum Ende.
    »… sie ist die Frau des russischen Außenministers, Peter Wjugin. Sie sind seit ungefähr einem Jahr getrennt. Es heißt, dass er überall nach ihr sucht. Ich nehme an, er ist mehr als ein bisschen sauer darüber, dass seine Frau sich von einem Kunstrestaurator vögeln lässt.« Er stößt ein Lachen aus, überlegen und schwach zugleich. »Teufel noch mal, Volk, manchmal denke ich, ihr stellt diese Fragen nur, damit wir euch für dumm halten.«
     
    Nachdem ich aufgelegt habe, denke ich an ein früheres Treffen mit meinem Prager Widersacher, Peter Wjugin, zurück, damals, als ich noch ganz, aber schon gebrochen war. Soweit ich weiß, sind wir uns nur dieses eine Mal begegnet, 2001, im Smolny-Institut, dem Hauptquartier der Kommunistischen Partei in St. Petersburg, wo ich führende Parteimitglieder über den Fortgang der Säuberungen in Tschetschenien informieren sollte - jene grauenhafte Prozedur, die bis heute andauert.
    Ein Mitarbeiter brachte mich in einen Konferenzraum mit einem glänzenden Marmortisch und zwei Dutzend Lederohrensessel, jeder von ihnen teurer als ein Armeehauptmann wie ich in einem Monat für das Abschlachten von Russlands Feinden

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