Russisches Abendmahl
fährt herum wie ein Zeigestock, aber ich hocke zusammengekauert außer Sicht. Er drückt seine Zigarette in einem glänzend schwarzen Onyx-Aschenbecher auf dem Tisch aus und zündet sich eine neue an.
Posnowa beobachtet ihn bei seinem Ritual und sagt dann schmallippig: »Ich denke darüber nach.«
Sein Lächeln bringt strahlend weiße Zähne zum Vorschein - Kronen, ohne Frage, ein auffallender Kontrast zu seiner sonnenbankgebräunten Haut. »Erzähl mir von deinem letzten, ähem, Projekt«, sagt er.
»Das ist kein Projekt. Es ist der wichtigste Kunstfund der letzten fünfhundert Jahre.«
Pappalardo macht eine abweisende Handbewegung. »Sicher«, sagt er. »Genau wie meine Pissarros.«
Posnowa versteift sich. Ihre Brüste heben und senken sich und auf ihren Wangen bilden sich rote Flecken. »Versuch nicht, mich für dumm zu verkaufen, Marc. Das hier ist ernst. Wenn du so mit mir redest, um mich runterzuhandeln, dann hör sofort damit auf oder du bist draußen.«
Ihre Begleiter rücken auf den spitzen Schuhen hin und her und stellen sich gerade hin.
Der Galerist zeigt seine überkronten Zähne. »Natürlich, meine Liebe. Kein Grund so empfindlich zu sein.«
Er wartet vergeblich auf eine Reaktion. Sie atmet immer noch schwer und starrt ihn aus zusammengekniffenen Augen an, die aussehen wie leuchtende Schlitze aus Kobalt.
Er raucht seine Zigarette bis zum Filter runter und zerdrückt sie in der Onyx-Schale. »Und wo ist euer Leonardo jetzt?«
Sie zögert. »Wir glauben, dass er in Moskau ist.«
Scheiße! Ich kann mich gerade noch beherrschen, nicht vor Frust aufzuschreien. Drei Tage habe ich vergeudet. Prag war umsonst, Valjas Entführung vermeidbar, New York Zeitverschwendung. Die Leda befand sich die ganze Zeit über vor meiner Tür. Ich habe genug gehört. Ich schleiche zurück.
»Ihr glaubt?«
»Es sind ein paar Probleme aufgetaucht. Wir werden uns auf die Suche machen müssen.«
»Auf die Suche? Gut, dann veranstalten wir also eine kleine Schatzsuche, was meinst du?«, sagt Pappalardo und seine Stimme verklingt, als ich den Empfangsbereich erreiche. »Ich lasse dich beim Hotel raus. Wir fliegen morgen. Heute Abend essen wir gegen …«
Ich schlüpfe durch eine Tür in ein Treppenhaus. Nehme drei Stufen auf einmal und jage runter in die Garage. Setze die Mütze des Fahrers auf und warte in der Limousine. Seine Jacke ist mir zu klein, aber ich glaube nicht, dass es den Männern auffällt, wenn meine etwas dunkler ist.
Das Fahrstuhlsignal ertönt. Die Bodyguards folgen Posnowa wie dressierte Nilpferde ins Hintere des Wagens. Einer von ihnen klopft gegen das Fenster, das die Passagiere von der Fahrerkabine trennt. »Ins Peninsula Hotel«, sagt er.
Ich weiß nicht, wo das ist, aber das spielt auch keine Rolle. Ich muss nur irgendeinen Weg finden, die Schlägertypen loszuwerden und mit Posnowa allein zu sein. Aber dies ist nicht der richtige Ort dafür, also steuere ich den Wagen um den Pfeiler und die Rampe rauf. Die Garagentür rollt automatisch hoch. Ich werfe einen Blick in den Rückspiegel. Posnowas blaue Augen starren mich an. Sie ist angespannt. Sie weiß, dass ich der Falsche bin.
Ich schieße vorwärts in die Gasse, reiße das Steuer nach rechts - und muss direkt in die Bremsen steigen, um Segelohr nicht über den Haufen zu fahren. Er hockt in Schussposition vor dem Wagen und zielt mit seiner kurzläufigen Pistole durch die Windschutzscheibe, ist dann aber verunsichert, als er mich hinterm Steuer erkennt.
Die Bodyguards machen zwar einen dumpfen Eindruck, sind aber gut trainiert und reagieren reflexartig. Der ruckartige Halt wirft uns alle nach vorn. Meine Hand findet die Glock, aber es gelingt mir nicht, rechtzeitig den Türgriff zu erreichen, bevor sich die Männer hinten aus dem Wagen gewälzt haben. Segelohr zögert, offenbar unsicher, ob sie Freund oder Feind sind.
Das kommt ihn teuer zu stehen. Er zuckt zusammen, sein Bein knickt ein und im selben Moment, als ich die Schüsse höre, geht er zu Boden. Einer der beiden schleicht sich an den leblosen Körper heran, während der andere seine Pistole in beiden Händen hält und mit den Augen Gasse, Fenster und Feuertreppen nach weiteren Gefahren absucht.
Ich blicke in den Rückspiegel und muss zweimal hinsehen. Posnowa beobachtet mich. Sie weiß, dass ich eine Bedrohung für sie darstelle. Das steht deutlich in ihrem eindrucksvollen Gesicht geschrieben, aber sie wirkt eher neugierig als ängstlich.
Die Türen sind offen. Sie kann
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