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Russisches Abendmahl

Russisches Abendmahl

Titel: Russisches Abendmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Ghelfi
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richtige Antwort ist, aber anscheinend habe ich keine andere Wahl. »Dann solltest du zu ihr gehen. Du hast dich entschieden, als du sie hast gehen lassen.«
    Blitze schießen aus ihren Augen. »Du bist ein schlechter Mensch, Alexei. Weißt du, warum du mir besser gefällst, wenn du kämpfst? Weil du es so gern tust. Weil es dich am Leben hält, wenn du anderen Menschen Leid antun kannst.« Sie steht auf einem Fuß, in der einen Hand die Krücken, die andere in die Seite gestemmt. Sie atmet, als hätte sie gerade ein Rennen hinter sich gebracht. »Manchmal glaube ich, du kämpfst lieber als dass du vögelst«, sagt sie und lässt mich wieder allein.
    Ihre Worte sind gelogen, denke ich, sie hat sie nur gesagt, um mich zu verletzen. Aber sie erfüllen ihren Zweck.
    Diesmal kommt sie nicht zurück. Die Stunden ziehen vorbei wie die schwarze Tundra auf der anderen Seite der Milchglasscheibe. Als wir auf dem Moskauer Bahnhof in St. Petersburg ankommen, sehe ich Valja zwischen anderen Passagieren aus dem Zug steigen.
    »Ich muss ein paar Dinge wissen«, sage ich, ihren steifen Rücken vor der Nase.
    »Was?« Sie dreht sich nicht um.
    »Wann hat das mit Posnowa angefangen?«
    »Im März. Ein paar Monate bevor wir uns mit Arkadij und Lipman in St. Petersburg getroffen haben.«
    »Wusste Posnowa von dem Loft?«
    »Nein«, sagt sie scharf, verärgert, dass ich ihr so wenig vertraue. Sie weiß nicht genug, um die Zusammenhänge zu erkennen. Sie begreift nicht, dass Posnowa durch Nabi und Maxim mit Sicherheit alles über uns wusste, was sie wissen wollte. Ich frage, weil ich wissen will, warum sie sich an Valja rangemacht hat. Was wollte sie damit erreichen?
    »Was hast du Posnowa von mir erzählt?«
    »Nichts. Sie wusste, dass du mein Freund bist.«
    »Was hast du ihr erzählt, womit ich mein Geld verdiene?«
    »Drogen.«
    »Was hast du ihr von der Leda erzählt?«
    »Nichts!«
    Was also waren Posnowas Beweggründe? , frage ich mich.
    Valja scheint zu ahnen, in welche Richtung meine Gedanken gehen, selbst mit dem Rücken zu mir. »Vielleicht mochte sie mich.«
    »Sie hat es auf dich abgezielt, Valja. Sie wusste, dass du kommst, als ich dich zurück ins Loft gebracht habe. Du warst überrascht, aber sie nicht.«
    Ihre Nackenmuskeln spannen sich an. »Dann weiß ich es nicht.«
    Vielleicht ist die Antwort einfach. »Sie konnte dich kontrollieren, und mich auch. Sie hat Maxim einen anderen Einblick in unsere Aktivitäten geliefert.« Ich erinnere mich an Maxims Nachricht auf der Mailbox, in dem Haus mit dem Zimmer des verlorenen Sohnes - » Was ist in Leningrad los? « Das Foto vom Bug des Motorboots auf der Newa fällt mir ein. »Sie wusste, dass wir in St. Petersburg waren. Sie kannte das Timing. Und wahrscheinlich hat sie auch noch einige andere Dinge herausgefunden.«
    Valja sagt nichts.
    Eine massige Frau rempelt mich an und flucht. Andere Leute wirbeln um uns herum, um Valja und mich, die wir noch vor ein paar Wochen unzertrennlich waren. Jetzt, in der kalten Ostseeluft, im magnesiumweißen Licht der Petersburger Sommersonne, empfinde ich eine so tiefe Leere, dass ich Angst habe, für immer darin verloren zu sein, so als hätte jemand ein gewaltiges Loch in meine Seele gebohrt.
    »Du hattest recht, als du gesagt hast, du könnest so nicht mehr leben, Valja. Russland ist krank. Ich bin krank. Du musst irgendwo hingehen, wo das Leben besser ist.«
    Ihr ganzer Körper versteift sich. Sie bleibt lange so stehen, auf ihre Krücken gelehnt, mit dem Rücken zu mir. »Okay«, sagt sie schließlich. Und dann hüpft sie vom Bahnsteig mit einer Hand an der Mauer, um sich abzustützen, und den Krücken in der anderen, und lässt mich allein. Ich sehe ihr nach, wie sie geschmeidig durch die Menge schaukelt, bis sie irgendwann ganz verschwunden ist. Ich weiß nicht, wohin sie geht, oder ob sie heute noch nach Moskau zurückkehrt. Sie ist einfach weg.

40
    Der Bahnsteig brummt vor Rushhour-Geschäftigkeit, aber ich nehme die Passagiere, die Durchsagen und Reklamebotschaften, die sich zu einem dumpfen Getöse vermengen, nur am Rande meines Bewusstseins wahr.
    Irgendwann in den folgenden Stunden laufe ich den schnurgeraden Newski-Prospekt entlang, den Kopf gesenkt, vorbei an der rußbedeckten Kasaner-Kathedrale. Ich bleibe unter der Markise eines Backsteinhauses mit kugelförmigen Lampen und einem Schild stehen, auf dem geschrieben steht, dass hier die ursprüngliche Fabergé-Werkstatt gewesen ist, in der die Ostereier längst verstorbener

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