Russisches Poker
Blumenarrangements für Schauspielerinnen. Und der Wind wehte und wehte, das Mehl zerstob über die endlosen Weiten, und kein Krümel blieb übrig.
Nun, mochte er es zerstieben, Momus hatte für dieses Leben genug »Getreide«. Die Wundermühle würde nie stillstehen.
Er gab häufig Gastspiele auf Jahrmärkten und in Gouvernementsstädten und gewann an Meisterschaft. Ein Jahr zuvor hatte er die Hauptstadt beehrt und prächtig ausgeplündert – die Petersburger würden an den Pikbuben denken, die Hoflieferanten, die pfiffigen Bankiers und die Kommerzienräte.
Seine außergewöhnliche Begabung öffentlich vorzuführen, darauf war Momus erst vor kurzem verfallen. Der Dämon der Eitelkeit hatte ihn ereilt, denn es war gar zu kränkend gewesen: Wie viele raffinierte, nie gesehene Tricks und Kniffe läßt man sich einfallen, wieviel Kunst, Seele und Phantasie verausgabt man, und dann erlebt man keinerlei Resonanz! Mal wird auf eine Betrügerbande getippt, mal auf jüdische Umtriebe, mal auf die örtlichen Behörden. Es wollte den Rechtgläubigen nicht in den Kopf, daß alle diese filigranen Kunstwerke von der Hand ein und desselben Meisters waren.
Geld reichte Momus nicht mehr, ihn verlangte es nach Ruhm. Natürlich war es erheblich riskanter, mit einem Markenzeichenzu arbeiten, aber wer feige ist, den flieht der Ruhm. Wie sollte man ihn fassen, wenn er für jede Operation eine neue Maskierung verwendete? Wen suchen, wen fangen? Hat jemand Momus’ wahres Gesicht gesehen? Na bitte!
Staunt nur, tratscht und lacht zum Abschied, wandte sich Momus in Gedanken an seine Landsleute. Applaudiert dem großen Künstler, denn er wird nicht ewig bei euch sein.
Nein, zu sterben hatte er keineswegs die Absicht, aber er dachte ernsthaft darüber nach, die seinem Herzen teuren russischen Weiten zu verlassen. Nur die alte Residenzstadt mußte er noch abarbeiten, dann wurde es höchste Zeit, sich auf dem internationalen Parkett zu bewähren – die Kraft dazu fühlte Momus bereits in sich.
Moskau war eine schöne Stadt. Die Moskowiter waren noch argloser und einfältiger als die Petersburger, und Geld hatten sie nicht weniger. Momus hatte sich im Herbst hier niedergelassen und bereits ein paar elegante Streiche hingelegt. Noch zwei oder drei Operationen, dann ade mein Heimatland. Er würde durch Europa bummeln und auch einen Abstecher nach Amerika machen. Über die nordamerikanischen Staaten wurde viel Interessantes erzählt. Sein Gespür sagte ihm, dort werde er sich ausleben können. Er konnte dort zum Beispiel die Idee entwickeln, irgendeinen Kanal zu graben, konnte eine Aktiengesellschaft zum Bau einer transkontinentalen Eisenbahn oder zur Suche nach dem Aztekengold gründen. Andererseits herrschte gerade eine große Nachfrage nach deutschen Prinzen, namentlich in den neuen slawischen Ländern und auf dem südamerikanischenKontinent. Das lieferte Stoff zum Nachdenken. Vorsorglich traf Momus schon erste Maßnahmen.
Vorerst aber hatte er noch ein paar Geschäfte in Moskau. Diesen Apfelbaum mußte er noch kräftig schütteln. Die Zeit würde kommen, da die Moskauer Schriftsteller Romane über den Pikbuben schrieben!
Am Morgen nach dem vergnüglichen Trick mit dem englischen Lord und dem betagten Generalgouverneur erwachte Momus spät und mit einem Brummschädel – sie hatten noch bis weit nach Mitternacht gefeiert. Mimi liebte solche Feiern, da fühlte sie sich in ihrem Element, und sie hatten sich nach Herzenslust amüsiert.
Das Appartement im Hotel »Metropol« war von der übermütigen Mimi in einen Garten Eden verwandelt worden: tropische Gewächse in Kübeln, der Lüster voller Lilien und Chrysanthemen, der Teppich mit Rosenblüten übersät, überall Obstkörbe von Jelissejew und Buketts von Pogodin. Um eine Palme ringelte sich dekorativ eine Riesenschlange aus der Tierschau von Morcelli, sie stellte die Versucherin dar, freilich nicht sehr überzeugend, denn da es Winter war, pennte sie und tat kein einziges Mal die Augen auf. Dafür war Mimi, die die Eva gab, in Höchstform gewesen. Momus schmunzelte in der Erinnerung und rieb sich die schmerzende Schläfe. Dieser verdammte Veuve Clicquot! Als Momus, schon nach dem Sündenfall, sich in der geräumigen Porzellanwanne aalte, umgeben von schwimmenden Orchideen (fünfzehn Rubel das Stück), begoß ihn Mimi mit Champagner aus einer Magnumflasche. Er hatte den schäumendenStrahl immer wieder mit dem Mund aufgefangen und wohl des Guten zuviel getan.
Aber auch Mimi hatte sich
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