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Russisches Poker

Russisches Poker

Titel: Russisches Poker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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seufzte bitterlich. Mimi kamen fast die Tränen vor Mitleid.
    Die Nacht von Sonnabend auf Sonntag war mondhell und sternenklar, gerade richtig für ein platonisches Liebesabenteuer.Am Tor der Vorstadtvilla des Generalgouverneurs entließ Momus die Droschke und sah sich nach allen Seiten um. Vorn lag das Steilufer der Moskwa, hinten der Tannenhain des Sperlingsparks, rechts und links waren die dunklen Silhouetten teurer Landhäuser zu erkennen. Nachher mußte er zu Fuß zurück: durch den Botanischen Garten zum Abdeckerviertel. Dort gab es eine Schenke an der Kalugaer Chaussee, wo man Tag und Nacht eine Troika bekam. Ach, und dann mit Schellengeklingel die Chaussee entlang! Daß leichter Frost herrschte, schadete nichts, der Smaragd würde ihn schon wärmen.
    Sie klopften das vereinbarte Signal an die Pforte, und sie öffnete sich sofort. Der Sekretär hatte wohl schon ungeduldig gewartet. Mit einer tiefen Verbeugung winkte er, ihm zu folgen. Sie gingen durch den verschneiten Garten zur Haustür. Im Vestibül saßen drei Gendarmen, tranken Tee und aßen Kringel dazu. Neugierig musterten sie den Sekretär und seine mitternächtlichen Besucher; der Wachtmeister mit dem grauen Schnauzbart brummte kopfschüttelnd, sagte aber nichts. Was scherte es ihn?
    Im dunklen Korridor legte Tarik Bei den Finger an den Mund und zeigte nach oben, dann drückte er die Handflächen gegeneinander, hielt sie an die Wange und schloß die Augen. Aha, Hoheit schliefen bereits, sehr schön.
    Im Salon brannte eine Kerze, orientalische Wohlgerüche erfüllten die Luft. Der Sekretär nötigte die Duena in einen Sessel, schob ihr eine Schale mit Früchten und Süßigkeiten hin, verbeugte sich mehrmals und murmelte etwas Unverständliches, aber der Sinn ließ sich denken.
    »Ach, Kindär, Kindär«, gurrte Momus gutmütig und drohte mit dem Finger. »Macht mir ja keinä Dummheitän.«
    Die Verliebten faßten sich bei der Hand und verschwanden im Zimmer des Sekretärs, um sich der erhabenen platonischen Leidenschaft zu widmen. Besabbern wird er sie, der indische Wallach, dachte Momus stirnrunzelnd. Er blieb sitzen und wartete, um sicher zu gehen, daß der Eunuch abgelenkt war. Er aß eine saftige Birne, kostete vom Halwa. So, nun wurde es Zeit.
    Die herrschaftlichen Räume lagen wohl hinter der weißen Tür dort. Momus trat in den Korridor, kniff die Augen zu und stand ein Weilchen da, um seine Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen. Dann bewegte er sich rasch und lautlos.
    Er öffnete eine Tür – der Musiksalon. Die nächste – das Eßzimmer. Die dritte – wieder falsch.
    Da fiel ihm ein, daß Tarik Bei nach oben gezeigt hatte. Also mußte er in den ersten Stock.
    Er glitt ins Vestibül, huschte geräuschlos die mit einem Läufer belegte Treppe hinauf. Die Gendarmen drehten sich nicht um. Wieder ein langer Korridor mit einer Reihe von Türen.
    Das Schlafzimmer war das dritte links. Durchs Fenster schien der Mond, und Momus sah das Bett, in dem sich als Silhouette eine zugedeckte Gestalt abzeichnete. Daneben – hurra! – erspähte er auf dem Nachttisch ein weißes Hügelchen. Das Mondlicht streifte den Turban, und der Stein sandte Momus einen flimmernden Strahl ins Auge.
    Auf Zehenspitzen näherte sich Momus dem Bett. Achmed Chan schlief auf dem Rücken, das Gesicht zugedeckt, und nur der schwarze Bürstenschnitt war zu sehen.
    »Eiapopeia«, flüsterte Momus zärtlich und legte Seiner Hoheit den Pikbuben auf den Bauch.
    Behutsam griff er nach dem Stein. Als seine Finger die ölig-glatte Oberfläche des Steins berührten, schnellte plötzlich eine kurzfingerige, seltsam bekannte Hand unter der Zudecke hervor und packte Momus mit ehernem Griff am Handgelenk.
    Vor Überraschung aufkreischend, fuhr er zurück, aber die Hand hielt ihn unerbittlich fest. Vom Bett starrte ihn die dickbäckige, schlitzäugige Visage von Fandorins Kammerdiener an.
    »Von dieser B-Begegnung träume ich schon lange, Monsieur Momus«, sagte hinter ihm eine halblaute Stimme spöttisch. »Erast Petrowitsch Fandorin, Ihnen zu dienen.«
    Momus drehte sich gehetzt um und sah in der dunklen Ecke in einem hohen Voltairesessel einen Mann sitzen, der ein Bein übers andere geschlagen hatte.

Der Chef muß lachen
    »Klingelingeling!«
    Das durchdringende Schrillen der elektrischen Klingel drang aus weiter, weiter Ferne in Anissis geschmolzenes Bewußtsein. Anfangs begriff er überhaupt nicht, was das war. Aber ein beunruhigtes Flüstern aus der Dunkelheit brachte den in Seligkeit

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