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Russisches Requiem

Russisches Requiem

Titel: Russisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Ryan
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ihnen möglicherweise Herzegowina Flor rauchte. Ein Fortschritt, sicher, aber im Grunde keine Basis für weitere Ermittlungen, es sei denn, der Mörder schlug erneut zu. Er knurrte vor Wut.
    Semjonow musterte ihn erschrocken.
    »Nichts. Konzentrieren Sie sich auf die Straße.«
    Das Motiv musste der Schlüssel sein. Bei neun von zehn Morden war es so. Wenn man das Motiv fand, stieß man auch auf den Täter. Gregorin hatte ihm praktisch bestätigt, dass es einen Zusammenhang zu Leuten bei der Staatssicherheit gab, die nebenher Kunstwerke verschacherten. Und wenn die tote Frau eine Nonne war, ergab sich daraus der logische Schluss, dass sie auf etwas von religiöser Bedeutung aus gewesen war. Das legten zumindest Gregorins Andeutungen nahe. Eine Reliquie vielleicht. Oder eine Ikone? Seit der Revolution waren viele Reliquien und Ikonen zerstört worden, zusammen mit den Kirchen, in denen sie ausgestellt waren. Trotzdem vielleicht ein Ansatzpunkt. Aber was war mit dem toten Banditen? Er wirkte nicht wie jemand, der viel mit Ikonen zu tun hatte, wenn sie nicht mit blauer Tinte gezeichnet waren. Alles sehr verwirrend. Doch wenn es sich nicht um einen Wahnsinnigen handelte - oder womöglich zwei -, war es auf jeden Fall seltsam, dass die Leichen an öffentlich zugänglichen Orten abgelegt worden waren. In Moskau gab es nicht so viele Morde, dass diese zwei Taten nicht auffallen würden. Andererseits waren die elektrischen Brandmale und die Zeichen von Folter die einzige eindeutige Verbindung zwischen den beiden Opfern. Er war sich ziemlich sicher, dass es sich um dieselben Täter handelte, doch möglicherweise steckten verschiedene Motive dahinter. Er ertappte Semjonow bei einem Seitenblick und deutete auf die Straße.
    Hoffentlich stieß Larinin, der sich in der Petrowka-Straße auf die Suche nach der Akte des Toten gemacht hatte, auf etwas Brauchbares. Es musste eine Akte geben, das hatte er an den Fingern des Mannes abgelesen. Wenn sie wussten, zu welcher Bande er gehörte, konnten sie einige seiner Kumpane festnehmen und in die Mangel nehmen. Nicht dass Banditen besonders bereitwillig mit Polizisten redeten. Immerhin verbot ihnen ihr Ehrenkodex jede Kooperation mit dem sowjetischen Staat. Lohnarbeit war verpönt und wurde höchstens als Tarnung für kriminelle Aktivitäten geduldet. Gereizt kratzte er sich am Kopf. Er fühlte sich wie ein Hund auf einem Feld voller Kaninchen. Immer wieder tauchten vor seinem inneren Auge Einfälle auf und zerplatzten wie Seifenblasen. Was hatte Gregorin über diese Nonne gesagt? Dass sie eine von zwei möglichen Kandidatinnen war. Hieß das, in Moskau lief eine weitere Amerikanerin herum? Was wollten diese Amerikanerinnen bloß?
    »Alexei Dimitrijewitsch?«
    »Ja?« Koroljow hatte Mühe, seine Verärgerung zu verbergen.
    »Dieser Starostin ist ein feiner Kerl, nicht wahr? Und schenkt uns auch noch Eintrittskarten für das Finale gegen die Landser. Werden wir hingehen? Es wird bestimmt ein tolles Spiel.«
    »Ich wüsste nicht, was dagegen sprechen sollte. Mit den Ermittlungen stecken wir sowieso in einer Sackgasse.«
    »Sagen Sie das nicht, Alexei Dimitrijewitsch. Wissen Sie noch, was Sie mir an meinem ersten Arbeitstag erzählt haben? Wenn es aussieht, als gäbe es nichts zu tun, ist es Zeit, noch mal ganz von vorn zu beginnen. Immer schön eine Beere nach der anderen, dann wird der Korb voll. Wir sind noch lange nicht am Ende unserer Möglichkeiten.«
    »Ja, es gibt sicher noch Dinge zu tun und Beeren zu pflücken.« Koroljow versuchte, einen Optimismus in seine Stimme zu legen, den er nicht empfand. Als sie kurz davor waren, von der Ochotny Rjad auf den Teatralnaja-Platz abzubiegen, wurde das Metropol sichtbar. Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Hatte ihn Gregorin nicht mehr oder weniger aufgefordert, mit dem Amerikaner Schwartz zu reden?
    »Lassen Sie mich bitte hier raus, Wanja. Ich gehe den Rest zu Fuß. Ich muss jemanden besuchen.«
    Semjonow bremste und bemerkte das veränderte Gebaren seines Vorgesetzten. »Eine Beere, Alexei Dimitrijewitsch?«
    »Vielleicht, wir werden sehen. Kümmern Sie sich um die Automobile, Wanja. Wahrscheinlich gibt es in der ganzen Stadt nur zwanzig, die in Privatbesitz sind. Sie müssen also zu den Fabriken gehen, zu den großen Kombinaten, zu den Ministerien. Finden Sie heraus, wer vergangene Nacht Fahrzeuge zur Verfügung hatte. Eine Suche nach der Nadel im Heuhaufen, aber man weiß nie. Und bringen Sie die Zigarette zur

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