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Russisches Requiem

Russisches Requiem

Titel: Russisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Ryan
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er war. »Ich wollte mit dem Amerikaner reden, den Sie erwähnt haben, diesem Schwartz.«
    »Tun Sie das, Koroljow. Aber Sie unterhalten sich nur mit ihm, sonst nichts, verstanden? Verweisen Sie auf den inoffiziellen Charakter der Anfrage und seien Sie diskret, was das Mädchen betrifft. Wir wollen die Amerikaner nicht brüskieren. Sie haben vermutlich mit Krylow gesprochen. Geben Sie ihn mir bitte. Übrigens treffen wir uns heute Abend um halb acht vor Ihrem Haus. Ich möchte Sie Ihren Nachbarn vorstellen.«
    Nachdem er hereingerufen worden war, nahm Krylow den Hörer und steuerte nur zweimal ein »Ja« zu dem einseitigen Austausch mit dem Oberst bei. Schließlich legte er auf und wandte sich mit einem Lächeln an Koroljow. »Mr Jack Schwartz ist der Herr, den Sie suchen. Ein Stammgast. Amerikaner, aus New York. Er wohnt seit zehn Tagen hier. Er hat kein Touristen-, sondern ein Geschäftsvisum, und darin steht, dass er Antiquitätenhändler ist.«
    Koroljow wusste den Hinweis auf das Geschäftsvisum zu schätzen. Das bedeutete, dass Schwartz ein Freund des Staates war. Auch die Tätigkeit als Antiquitätenhändler passte zu dem, was er von Gregorin erfahren hatte.
    »Ich sehe mal nach, ob er da ist. Möchten Sie inzwischen vielleicht noch etwas anderes? Einen kleinen Happen zu essen?«
    »Nein danke, Genosse Krylow. Ich habe keinen Hunger.« Koroljow hatte plötzlich den Geschmack von Fleischklößen im Mund.
    »Alles in Ordnung, Genosse? Sie sind so blass.«
    »Nichts, nichts, Genosse. Mir war nur kurz schwindelig. Vielleicht reagiert meine sowjetische Leber gereizt auf den bürgerlichen Kognak.«
    »Nun, Ihre sowjetische Leber sollte stolz darauf sein zu verhindern, dass der Kognak von ausländischen Kapitalisten getrunken wird. Eine uneigennützige Tat!« Zwinkernd verließ Krylow den Raum, kehrte aber sogleich zurück. »Sie haben Glück, Genosse. Er sitzt gerade draußen. Kommen Sie, ich stelle Sie ihm vor.«
    Mr Jack Schwartz aus New York passte gut ins Metropol. Koroljow musste zugeben, dass der graue Wollanzug des Mannes alles übertraf, was sowjetische Schneider herstellten - selbst Krylows Garderobe. Plötzlich packte ihn der befremdliche Wunsch, mit den Fingern über den Jackettkragen zu streichen, nur um den Stoff zu fühlen. Vermutlich war er genauso weich wie der Rock der ermordeten jungen Frau. Mürrisch schob er den Gedanken beiseite und erinnerte sich daran, dass die sowjetische Kleidung schon bald von gleicher und sogar höherer Qualität sein würde.
    Schwartz war noch jung, um die dreißig, gut aussehend mit vollen Lippen, einem langen Gesicht und dunkelbraunen, groß wirkenden Augen. Er saß an einem Tisch und war in die Lektüre einiger maschinengeschriebener Blätter vertieft. Mantel und Aktentasche lagen auf einem anderen Stuhl.
    »Was kann ich für Sie tun, Hauptmann Koroljow?«, fragte Schwartz in perfektem Russisch, nachdem Krylow sie miteinander bekanntgemacht hatte.
    Koroljow überlegte, ob der Mann seine rote Krawatte aus Höflichkeit trug oder aus Überzeugung. »Ich ermittle in einem Kriminalfall, Mr Schwartz, und Sie können mir vielleicht weiterhelfen. Meine Fragen an Sie sind natürlich inoffizieller Natur, und ich hoffe, sie werden in keiner Weise die Freude an Ihrem Aufenthalt in Moskau und der Sowjetunion trüben, wo Sie selbstverständlich herzlich willkommen sind.« Ein wenig förmlich vielleicht, dachte Koroljow. Aber Vorsicht war besser als Nachsicht.
    Schwartz deutete mit dem Kopf auf einen freien Stuhl. »Nehmen Sie doch Platz, Hauptmann Koroljow. Es ist mir immer ein Vergnügen, meiner Bürgerpflicht nachzukommen. Worum geht es bei Ihren Ermittlungen? Wohl um etwas Ernstes.«
    »In der Tat, Mr Schwartz. Um einen Mord.«
    »Mord?« Zunächst wirkte er fast amüsiert, doch schon kurz darauf war jeder Humor aus seinen Augen verschwunden. »Wer ist das Opfer?«
    »Das wissen wir noch nicht. Eine junge Frau, vermutlich Anfang zwanzig. Attraktiv, dunkles, kurzes Haar. Blaue Augen, schlanke Figur, etwas über eins sechzig. Kennen Sie vielleicht eine Person dieses Aussehens?«
    Koroljow glaubte eine Reaktion wahrzunehmen: ein kurzes Zögern, als Schwartz die Beschreibung zu einem Bild zusammenfügte, ein unwillkürliches, sogleich unterdrücktes Einatmen, zusätzlich kaschiert mit der Suche nach einer Packung Zigaretten in den Taschen. Zufälligerweise die Marke Herzegowina Flor.
    Schwartz nahm eine Zigarette aus der Zehnerpackung und bot auch Koroljow eine an, ehe er beide mit

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