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Russka

Russka

Titel: Russka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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hatte verstanden und betrachtete Alexander nachdenklich. »Sie waren uns recht nützlich, nicht wahr?« Alexander verneigte sich.
    »Natürlich. Ich erinnere mich genau«, bestätigte Zubov sich selbst. Es war nichts, worauf man stolz sein mußte. Zu einer Zeit, als Zubov nicht sicher war, ob das Thema Polen sich vorteilhaft für ihn lösen werde, erledigte Bobrov im Zusammenhang damit nützliche bürokratische Vorarbeit. Dabei hatte er wissentlich seinen alten Gönner, den kranken Potemkin, hintergangen. Dessen schämte er sich immer noch. Zubov wußte über all das genau Bescheid. »Nun sagen Sie mir, was Sie wollen«, fuhr er fort. Es war nicht viel, nur einen dieser zahlreichen Posten in der schwerfälligen russischen Verwaltung, der ein beträchtliches Gehalt für kleine Pflichten garantierte. Es würde sein Einkommen angenehm erhöhen, so daß er Geld zurücklegen könnte, bis sich eine bessere Gelegenheit ergäbe. Als Alexander geendet hatte, wandte Zubov sich seinem Affen zu.
    Alexander hatte von diesem Tier gehört Es war Zubovs Liebling und bei Audienzen häufig zugegen. Es hieß, daß wichtige Höflinge weggeschickt wurden, nur weil der Affe sie nicht leiden konnte.
    »Alexander Prokofievitsch möchte ein Geschenk«, sagte Zubov zu dem braunen Wesen. »Was hältst du davon?« Alexander hielt den Atem an. Was dann geschah, spielte sich in Sekundenschnelle ab. Alexander merkte nur, wie der Affe plötzlich an seiner Brust hing, ihm die Arme um den Hals legte und sein Gesicht, das wie das Gesicht eines alten Mannes aussah, an das seine preßte. Der Sprung des Tieres war so heftig und unerwartet gewesen, daß Bobrov stolperte und auf den Marmorboden fiel. Die Anwesenden brachen in Gelächter aus. Alexander versuchte aufzustehen. Das Tier war über ihm, zupfte ihn an den Ohren und rieb seine Nase an Alexanders Nase. Und dazwischen hörte er Zubovs Stimme, quiekend vor Vergnügen: »Er mag Sie, Bobrov, er liebt Sie!«
    Dann plötzliche Stille; Alexander blickte auf und sah inmitten des Raumes eine kleine, gedrungene Gestalt in einer einfachen, blaßseidenen Robe, eher einem Morgenmantel, stehen. Es war Katharina.
    Das Gesicht hochrot vor Scham, versuchte Bobrov seine Kleider zu ordnen, erhob sich linkisch und verneigte sich. Der Affe war verschwunden. Bobrov sah nur die etwa zwanzig Höflinge, die ihn beobachteten, und die Kaiserin, deren Gesicht maskengleich starr wirkte.
    Nun stand er ihr endlich persönlich gegenüber. Das also war die Frau, deren Lager er einst zu teilen gehofft hatte. Ihre Gesichtszüge waren noch edel, doch ihren Körper hatte er sich nicht so plump und schlaff vorgestellt, und offensichtlich fehlten ihr einige Zähne. Der goldene Herbst neigte sich seinem Ende zu. Alexander beneidete Platon Zubov nicht mehr.
    »Wer ist das?« hallte die Stimme der Kaiserin kalt durch die Stille. »Alexander Prokofievitsch Bobrov«, antwortete Zubov und lächelte Alexander ermutigend zu. »Er bittet um eine Anstellung«, fügte er wohlwollend hinzu. Katharina blickte Bobrov schweigend an und suchte wohl in ihrem Erinnerungsvorrat nach näheren Hinweisen. »Sie sind Staatskanzler Bobrov?«
    Er verneigte sich. Vielleicht hatte Potemkin einmal von ihm gesprochen, und sie erinnerte sich. Zumindest mußte sie Kenntnis von den früheren Dienstleistungen seiner Familie haben. »Sind Sie nicht mit der lästigen, lächerlichen Gräfin Turova verwandt?«
    »Wir sind entfernt verwandt. Leider ist sie reichlich seltsam«, antwortete er lahm.
    »Absolut. Jetzt weiß ich, wer Sie sind.« Damit wandte Katharina sich um und verließ den Raum. Ohne den Kopf zu drehen, rief sie an der Tür: »Komm, Platon.« Dann rauschte sie hinaus. Zubov folgte ihr unmittelbar; von irgendwo tauchte der Affe wieder auf und hüpfte hinter ihm her. An der Tür wandte Zubov sich mit einem bedauernden Achselzucken zu Alexander: »Ach ja, Alexander Prokofievitsch«, rief er, »wenigstens hat mein Affe Sie gern. Leben Sie wohl!« Dann war auch er verschwunden, und alle Anwesenden lachten.
    Es war vorbei. Er würde nie in seinem ganzen Leben die Gunst des Hofes erlangen. Und warum nicht? Weil die Kaiserin ihn mit Gräfin Turova und ihren törichten Ansichten in Zusammenhang brachte.
    Er fühlte sich als gebrochener Mann. Als er zu seiner wartenden Kutsche ging, nahm er nur nebenbei wahr, daß der alte General mit leisem Lächeln auf dem Gesicht den Palast betrat. Die ganze Fahrt über grübelte Alexander. Er war erledigt. Für seine Kinder blieb

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