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Russka

Russka

Titel: Russka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Kopf geschlagen blieb er stehen, als er sie auf der Lichtung neben dem Park in enger Umarmung entdeckte. Mischa verhielt sich ganz still – er konnte es nicht fassen, daß Nadja und Pinegin sich küßten.
    Das war denkbar einfach gewesen. Vielleicht, so dachte Pinegin, wäre die Rache noch süßer gewesen, wenn die junge Frau ihren Mann wenigstens ein bißchen lieben würde. Es war seltsam, wieder in Russka zu sein. »Du mußt sofort kommen, mein lieber. Ich komme in ein paar Tagen nach. Unterhalte bitte bis dahin die Damen.« Das waren Alexejs Worte gewesen. Während Pinegin die Straße entlangeilte, zuckte er die Achseln. Ihre Begegnung mitten auf der Straße hatte schon etwas Seltsames. Doch wer an ein vorherbestimmtes Schicksal glaubt, den überrascht nichts wirklich.
    Siebzehn lange Jahre waren inzwischen vergangen, Jahre der Kämpfe in der Ferne. Oft hatte er sich in Gefahr befunden, doch er war immer ruhig geblieben – dem Schicksal konnte man nicht entgehen. Mancher Mann war zwar ein Held, wurde aber trotzdem vergessen von der Stelle, die die Beförderungen vergab. Ein reicher Mann wie etwa Olgas zweiter Gatte wurde schleunigst befördert, doch er, Pinegin, war immer noch Hauptmann. Siebzehn lange Jahre waren vergangen. Nach dem Türkenfeldzug von 1827 hatte er jeden Kontakt mit Alexej verloren. Aber auch über die Entfernungen hinweg erhielt er Nachrichten. Er erfuhr, daß Olga wieder geheiratet hatte; er hörte, daß Sergej aus dem Exil zurück war, und las alle seine Werke, kaum daß sie erschienen waren. Ihn erreichte auch die Neuigkeit von Sergejs Heirat mit einer Generalstochter, und es gelang ihm, durch einen Bekannten ein Miniaturbild des Mädchens zu erhalten. Er wußte, daß sie ein Kind verloren hatten. All diese Details über die Familie, von der er sich beleidigt fühlte, bewahrte Pinegin sorgfältig in seinem Gedächtnis auf.
    Da er an das Schicksal glaubte, hatte er nichts weiter zu tun, als geduldig auf das Zeichen zu warten, das die Götter ihm beizeiten geben würden; im richtigen Moment wäre er bereit. Das erwartete Zeichen war nun unbezweifelbar gegeben worden, und Pinegin war eiskalt und berechnend zu Werke gegangen. Wie du mir, so ich dir: Demütigung gegen Demütigung. Er würde Sergejs Frau verführen. Was Alexej vor langer Zeit geäußert hatte, traf zu: Pinegin war gefährlich.
    Mischa überlegte fieberhaft, was er tun sollte. Er liebte seinen Onkel Sergej, und er würde diese furchtbare Sache nicht einfach so laufenlassen.
    Während die übrigen am Abend auf der Veranda Karten spielten, fand Mischa einen Vorwand, um allein mit Pinegin zur Allee hinaufzugehen. Er bemühte sich, liebenswürdig und höflich zu sein. Als sie aber nahe der Stelle angelangt waren, wo Pinegin Nadja geküßt hatte, sagte Mischa leise: »Ich war heute nachmittag hier, wissen Sie?«
    Pinegin antwortete nicht.
    »Ich kenne meine Schwägerin kaum«, fuhr Mischa ruhig fort. »Sie war den ganzen Sommer allein hier. Ich habe das, was ich gesehen habe, wahrscheinlich falsch ausgelegt. Sie werden jedoch sicher verstehen, Hauptmann Pinegin, daß ich Sie bitten muß, in Abwesenheit meines Vaters und meines Onkels alles zu unterlassen, was meine Familie entehren könnte.« Pinegin schwieg immer noch und zog an seiner Pfeife. Mit diesem jungen Mann hatte er nicht gerechnet. Die Tat war das Mittel zum Zweck. Pinegin hatte es sogar dem Schicksal überlassen, ob Sergej diesen Racheakt entdecken würde. Wenn ja – um so besser. Der junge Mischa war jedoch eine von den Göttern eingeführte Nebenfigur. Was war nun zu tun? Er wandte sich um und schlenderte die Allee hinunter, Mischa an seiner Seite.
    »Gewiß habe ich keinen Grund, mit Ihnen zu streiten, Michail Alexejevitsch«, sagte er schließlich, »und Sie haben klug gesprochen. Ich glaube, Sie sollten sich keine Gedanken machen wegen dieser Sache. Vergessen Sie sie einfach!« Mischa war beruhigt. Um so bestürzter sah er früh am nächsten Morgen Pinegin leise aus Nadjas Zimmer kommen. Eine Stunde später forderte Mischa den Hauptmann zum Duell. »Leider kann ich Ihre Herausforderung nicht annehmen.« Mischa starrte ihn an. »Wie bitte?«
    »Ich weigere mich, gegen Sie anzutreten«, erklärte Pinegin kurz. »Streiten Sie ab, hier in diesem Haus mit der Frau meines Onkels zu schlafen?«
    »Nein.«
    »Darf ich fragen, warum Sie meine Herausforderung nicht annehmen?«
    »Ich möchte nicht gegen Sie kämpfen.«
    Mischa wußte nicht, was tun. »Dann muß ich Sie als

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