Ruth
Hacken
schärfend und Pflugscharen hämmernd, und die Woche ist bereits vergangen.“
„Wir wurden durch einen
Sandsturm aufgehalten“, erklärte Machlon. „Wir kamen beinahe um.“
„Ihr seid israelitische Spione
und habt einen neuen Weg nach Moab gesucht“, warf ihm Hedak vor.
Machlon schüttelte den Kopf.
„Wir sind nicht vom Weg abgegangen. Einmal ausgenommen, als ein Maultier starb
und ich es zur Seite zog, um es zu begraben.“
„Deine eigenen Lügen überführen
dich“, stieß Hedak wütend hervor. „Kein Mensch mit Verstand würde ein Maultier
in der Wüste begraben.“
„Unser Gott lehrt Barmherzigkeit,
auch den Tieren gegenüber“, sagte Machlon stolz.
„Euer Gott!“ Hedak blickte um
sich und sah den Altar. „Ich habe so etwas in Israel gesehen. Wagt ihr es, in
Moab einen fremden Gott anzubeten?“
„Der Gott Israels kann nicht
fremd sein, denn er ist überall“, erklärte Machlon. „Wir beten zu ihm, wo immer
wir sind.“
„Und spioniert dabei jene aus,
die töricht genug sind, euch zu vertrauen“, zischte Hedak. Er wandte sich
seinem Hauptmann zu, der hinter ihm ritt. „Verhafte sie, Nebo, und bring sie
vor den König.“
Nebo ritt nach vorn, aber
Machlon trat schnell vor Elimelech, der im Eingang der Höhle lag, wo ihn die
Morgensonne wärmen konnte. „Mein Vater ist krank, und meine Mutter ist in der
Stadt, um Nahrung zu kaufen“, sagte er. „Nehmt mich mit, aber laßt meinen
Bruder hier, um für meinen Vater zu sorgen.“
„Nimm sie alle“, befahl Hedak
wütend. „Wir gewähren israelitischen Hunden keine Gefälligkeiten in Moab.“
Machlon machte noch einen
letzten Versuch, um seinen Vater und Kiljon zu retten. „Du hast eines meiner
Schwerter gesehen, Prinz Hedak“, sagte er. „Und du weißt, daß ein Mann mit
einer solchen Waffe zwei Männern, die durch deine eigenen Schmiede ausgerüstet
werden, gleichkommt. Rühr meinen Vater an, und ich werde keine Schwerter für
dich schmieden, und sollte dein König selbst uns für unschuldig erklären.“
Hedak riß sein Schwert aus der
Scheide. Machlon hätte vor dem nächsten Atemzug tot sein können, denn Hedak war
ein jähzorniger Mann. Doch Nebo mischte sich ein. „Der Alte liegt im Sterben,
Prinz Hedak“, sagte er. „Und der Jüngere ist nur ein Schwätzer. Wir wissen, daß
das, was der Schmied über seine Schwerter sagt, wahr ist. Laß Kamosch diese
Sache, die das Heer Moabs betrifft, entscheiden.“
Der moabitische Befehlshaber
steckte sein Schwert widerstrebend in die Scheide zurück. „Wie du meinst, Nebo.
Dies ist eine Sache von einer gewissen Wichtigkeit für das Volk Moabs“, gab er
zu. „Wir werden den König entscheiden lassen. Binde diesen israelitischen Hund
an deinem Steigbügel fest, und wir werden in die Stadt zurückreiten.“
Als Machlon, die Hände mit
einem an Nebos Steigbügel befestigten Lederriemen gefesselt, durch Heschbon zum
Tempel geführt wurde, entging ihm das geschäftige heidnische Leben der Stadt,
die Pracht der Gebäude und besonders die Anwesenheit bewaffneter Soldaten an
beinahe jeder Straßenecke nicht. Und niemand konnte die Furcht in den Augen der
Leute, die die Straßen bevölkerten, übersehen oder die hastige Art, in der sie
Hedak und Nebo Platz machten, die mit dem Rücken ihrer Schwerter auf diejenigen,
die zu schwach oder zu langsam waren, um den Weg sofort freizugeben, einhieben.
Machlon begriff, daß es keine echte Liebe für Hedak in Heschbon gab, wenngleich
er ein Prinz und der zweite Mann nach dem König war.
Das Überraschendste für einen
Israeliten in dieser heidnischen Stadt der Moabiter war jedoch die große Anzahl
von Frauen auf den Straßen. In Israel verließen die Frauen selten ihre Häuser,
es sei denn, um auf den Feldern zu arbeiten, auf dem Markt Lebensmittel für
ihre Familie oder ein Lamm, eine Taube, ein Zicklein für das Opfer zu kaufen
oder um einen Krug Wasser von der Quelle auf ihren Schultern nach Hause zu
tragen. Und wenn sie in der Öffentlichkeit erschienen, dann hüllten sie ihre
Körper in formlose Gewänder aus dunklem, derbem Wollstoff und bedeckten ihre
Köpfe und Gesichter, oft bis zu den Augen, mit dunklen Schals, damit kein Mann
verführt würde, sie in seinem Herzen zu begehren und das Gesetz Gottes zu
brechen.
In Heschbon jedoch gingen die
Frauen offen in den Straßen umher, und der Klang ihres fröhlichen Schwatzens
war wie das Zwitschern der Vögel in den Bäumen. Manche trugen Schleier aus
dünnem Gewebe um ihr Haar und
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