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Ruth

Ruth

Titel: Ruth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank G. Slaughter
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ihr Gesicht gewunden, aber ebenso viele ließen
ihr Haupt unbedeckt. Ihre Wimpern waren schwarz gefärbt, Bleiglanz beschattete
ihre Lider, und Antimonpaste bleichte ihre Wangen, während die rote Farbe, die
manchmal zum Färben von Widderfellen verwendet wurde, auf ihren Lippen
leuchtete. Viele trugen Gewänder aus anschmiegsamen weichen Stoffen, so daß ein
Mann leicht die Form des Körpers durch die Kleidung erkennen konnte. Ihre
Knöchel waren nicht selten nackt, und durch das offene Lederzeug der Sandalen,
die sie trugen, konnte man Zehennägel sehen, die ebenso rot gefärbt waren wie
die Lippen. Ihre Halsketten und Armreife klirrten und klimperten, wenn sie sich
mit wiegenden Schritten bewegten und die Augen eines Mannes auf sich zogen, ob
er es wollte oder nicht.
    Machlon war froh, daß er Ruth
nicht in der Menge erblickte, denn er wollte nicht, daß sie ihn so sah.
Stolpernd und von Nebos Speer vorwärtsgestoßen, betrat er den großen runden
Tempel und stieg die Stufen zu einer breiten Plattform empor, auf der die
gewaltige, abstoßende Statue des Gottes der Moabiter stand.
    Kamosch hatte menschliche
Gestalt, aber in grober, sonderbar mißgebildeter Form, wie ein dicker Mann, der
auf seinen Fersen hockt, genauso wie Kiljon gestern das Götzenbild auf dem
Berghang beschrieben hatte. Er war aus Stein und deshalb leblos und harmlos,
sagte sich Machlon. Aber da war nichts Harmloses an dem wütenden Feuer, das in
der hohlen Feuerstelle brannte, die den Bauch des Gottes bildete, oder an den
Schwertern in den Händen der Wächter, die die Altarplattform umgaben, auf der
der Thron Zebuschars stand — Sohn und oberster Priester des Gottes Kamosch und
Herrscher über Moab.
    „Wirf dich vor dem Sohn
Kamoschs nieder, israelitischer Hund“, befahl Nebo. Er löste den Riemen, mit
dem er Machlon festgehalten hatte, und stieß ihn nach vorn, so daß er stolperte
und auf die Knie fiel, um nicht zu stürzen. Halb betäubt durch den unerwarteten
Stoß, stand er wankend auf und sah plötzlich in Ruths überraschte Augen.
    Ruth stand mit dem kleinen
Gefolge des Königs nur wenige Meter hinter dem Thron. Sie war in ein kostbares
Gewand gekleidet und trug das Stirnband des Kamosch mit der kleinen
Silberfeder. Machlon blickte schnell zu Boden, nachdem er ihr erkennendes
Nicken wahrgenommen hatte.
    Zebuschar war ein Hüne von
einem Mann. Er saß auf einem Thron aus gehämmertem Kupfer, der mit purpurrot
und blau gefärbten Widderfellen bedeckt war. Auf beiden Seiten des Throns
standen Wächter mit gezogenem Schwert. Das Gesicht des Königs war von
Zügellosigkeit, aber nicht von Unmenschlichkeit geprägt. Die Wangen hingen
herab, und unter den Augen hatten sich Tränensäcke gebildet. Seine ungesunde,
fahle Hautfarbe sprach deutlich von allzu langer Freundschaft mit dem
Weinbecher und der Tafel. Und in all seiner königlichen Pracht war er fast
kahl.
    Hedaks Augen waren grausam, und
sein heller, wilder Blick verbarg seine Gedanken. Auch die Augen des Königs
waren unergründlich und doch schienen sie irgendwie belustigt, als ob er, der
als Gott verehrte Herrscher eines großen Volkes, die Schwächen der Menschen mit
einem wissenden Lächeln betrachtete — und manchmal vielleicht sogar mit dem
Mitgefühl eines Mannes, dessen irdische Macht unbegrenzt war.
    Nebo stieß Machlon erneut in
den Rücken und zwang ihn in die Knie. „Krieche, Israelit!“ befahl er rauh.
„Krieche vor Zebuschar und vor dem großen Gott Kamosch.“
    Aber Machlon senkte seinen Kopf
auch unter den Stößen des Moabiters nicht, bis Zebuschar seine Hand erhob. „Laß
ihn in Ruhe, Nebo“, befahl der König. „Die Israeliten sind ein halsstarriges
Volk, das sich nur vor seinem eigenen Gott beugt.“ Er wandte sich Hedak zu und
fragte: „Wie konnte ein Israelit Heschbon erreichen? Sind meine Soldaten blind,
daß sie ihn die Grenze passieren ließen?“
    „Ich traf ihn mit seiner
Familie an der Zufluchtsstätte, als ich Ruth zurück nach Heschbon begleitete“,
erklärte Hedak. „Er nennt sich Machlon und ist ein Schwertschmied; ich konnte
eine seiner Waffen prüfen.“
    „Wo ist das Schwert?“ forschte
Zebuschar.
    Nun war Hedak an der Reihe,
sich zu winden. „Boas trug es, Herr“, gab er zu. „An der Zufluchtsstätte
konnten wir ihn nicht angreifen.“
    „Prinz Hedak vergißt etwas,
König“, sagte Ruth ruhig im Hintergrund. „Er hätte die Israeliten an der
Zufluchtsstätte angegriffen, wenn Boas und seine Leute nicht in der Übermacht
gewesen

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