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Ruth

Ruth

Titel: Ruth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank G. Slaughter
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Stirn.
    „Willkommen in diesem Hause,
Bruder“, sagte Noëmi herzlich. „Welche Neuigkeiten bringst du aus Betlehem und
von unseren Leuten?“
    „Der Regen ist gekommen, und es
gibt reichlich Brot im Lande.“ Er lächelte. „Dein Verwandter Tob ist so
streitsüchtig wie eh und je, und ich bin es wahrscheinlich auch. Ich kämpfe
immer noch mit dem Rat, und sie streichen sich die Bärte und weisen mich ab.“
Er nahm sie bei den Schultern und schaute tief in ihre Augen. „Bist du
glücklich in diesem fremden Land, Noëmi?“
    Die ältere Frau hielt seinem
Blick stand. „Wer verläßt schon den Ort seiner Kindheit und sehnt sich nicht
danach zurückzukehren? Aber selbst hier in Moab ist der Allerhöchste gütig
gewesen, obwohl er mir Elimelech genommen hat. Ich habe zwei starke Söhne, die
zu Wohlstand gelangt sind, und es mangelt nicht an Brot in diesem Hause.“
    „Du verstehst dich gut mit
ihren Frauen?“
    „Sie sind wie meine eigenen
Töchter, besonders Ruth.“
    „Diese Ruth muß nachgerade ein
Muster sein“, sagte Boas ein wenig sarkastisch. „Ich höre nur Loblieder über
sie.“
    „Und du wirst in diesem Hause
auch nichts anderes hören“, versicherte Noëmi. „Hätte ich eine leibliche
Tochter, ich könnte sie mir nicht anders wünschen als Ruth.“
    „Obwohl sie eine Heidin ist?“
    „Zebuschar war gütig zu uns,
und er ist Ruth zugetan“, erklärte Noëmi. „Obwohl sie vorgibt, an Kamosch zu
glauben, weiß sie, daß der Allerhöchste der einzige wahre Gott ist, und sie
huldigt ihm in ihrem Herzen.“
    „Man kann nicht vorgeben, einem
Gott die Treue zu halten und gleichzeitig einem anderen huldigen, Noëmi. Die
Sitten Moabs haben von dir und deinen Söhnen Besitz ergriffen. Es tut mir leid,
das zu sehen.“
    Noëmi sah ihn einen Augenblick
lang an. Dann sprach sie mit leiser Stimme, aber was sie sagte, ließ die Röte
in seine Wangen steigen. „Weil du einmal betrogen wurdest, Boas, willst du
nicht mehr glauben, daß eine Frau treu sein kann. Du bist es, der sündigt, weil
du nicht aufhören kannst zu hassen, nicht wir, die wir den Gott unserer Väter
in unseren Herzen bewahren, auch in einem fremden Land.“
     
     
     

5
     
     
    Das Festmahl, das Zebuschar zu
Ehren des israelitischen Abgesandten am Vorabend der geplanten
Friedensgespräche gab, war selbst für Heschbon ungewöhnlich. Es fand im
privaten Speisesaal des Königs statt, einem prunkvollen Raum von etwa einhundert
Fuß Länge und fünfzig Fuß Breite. Die Gäste versammelten sich um einen
niedrigen Tisch, an dem die Speisen auf Tellern aus gehämmertem Gold und Silber
serviert wurden. Die Pokale für den Wein waren ebenfalls aus Gold und Silber.
    Boas saß zur Rechten, Hedak zur
Linken des Königs und Nebo ihm zur Seite. Weiter unten saßen der Hohepriester
des Kamosch-Tempels und Machlon. Hinter jedem Gast stand ein Sklave, um ihn zu
bedienen, während andere mit riesigen Fächern die Luft in dem großen Raum
bewegten.
    Musikanten und Tänzerinnen
begleiteten das Mahl mit ihren Darbietungen.
    Speise folgte auf Speise. Kaum
waren die Weinbecher zur Hälfte geleert, wurden sie erneut gefüllt. Boas aß mit
Appetit, denn nach den entbehrungsreichen Tagen des Ritts durch Moab war er
hungrig, und Speisen dieser Art waren in Betlehem nicht oft zu haben. Zuerst
gab es das Fleisch eines Hirsches, danach fette Fasane und dann einen ganzen
gebratenen jungen Stier, den Sklaven an einem großen Eisenspieß hereintrugen.
Zu dem Fleisch wurden Gemüse von den reichen Feldern des Tales von Moab
gereicht, reife Früchte und Nüsse und Zuckerwerk, dessen Fülle und Vielfalt von
der Geschicklichkeit der Küchensklaven und dem Können des ägyptischen Kochs
zeugten.
    Machlon hatte sich während
seines Aufenthalts in Moab an die Fülle von Speisen und Getränken bei den
Festen des Königs gewöhnt. Er aß und trank unaufhörlich, und sein Gesicht
rötete sich immer mehr vom Wein und in der Freude, daß sein Plan, der ihm so
teuer war, sich jetzt zu verwirklichen schien. Boas trank jedoch nur wenig.
Statt dessen beobachtete er die übrigen Gäste, als ob er versuchen wollte,
deren wirkliche Gedanken hinter der Maske der Höflichkeit zu lesen. Und in der
Tat wollte er so schnell wie möglich erfahren, warum er nach Moab gelockt
worden war.
    Vom Beginn des Festes an waren
Hedak und Nebo nicht besonders höflich gewesen. Im Verlauf des Abends, während
dessen sie einen Pokal nach dem anderen leerten, wurde ihr Gelächter immer
ausgelassener und

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