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Ruth

Ruth

Titel: Ruth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank G. Slaughter
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Müdigkeit ihres Rückens und ihrer Glieder
während jener ersten Tage erinnerte, in denen sie begonnen hatte, hinter den
Schnittern die Ähren aufzulesen. Dann dachte sie an den allerersten Morgen, als
sie Boas beim Sternenlicht getroffen hatte — und sie lächelte.
    „Zuerst war es schlimm“, gab
sie zu. „Aber in letzter Zeit schien es mir, als ob Machlon wieder in meiner
Nähe wäre. Manchmal glaube ich beinahe, seine Stimme zu hören.“
    „Ich sagte dir ja, daß ich für
meinen Sohn sprechen kann. Und daß er deine Liebe zu Boas billigt.“
    „Glaubst du, Noëmi, daß Machlon
wirklich davon weiß, wo immer er ist?“
    „Ich bin sicher, daß er es
weiß. Der Geist Elimelechs ist in den vielen Jahren, seit er gestorben ist, mit
mir gewesen. Manchmal war dies das einzige, was mich aufrecht hielt.“
    „Dann glaubst du also, daß
unsere Lieben wirklich nach dem Tode weiterleben?“
    „Du selbst hast es vor langer
Zeit bestätigt, Ruth. Es war vor dem Grab in Moab an dem Tag, als wir Elimelech
begruben. Erinnerst du dich, wie ihr, du und Orpa, zum Grab kamt und Essen und
Wein brachtet?“
    Ruth nickte. „Du warst zornig
über uns. Und ich kann es dir nicht verdenken, jetzt, da ich den Glauben an den
Allerhöchsten kenne und weiß, wie sehr du deinen Mann geliebt hast.“
    „Nein, Ruth, ich war diejenige,
die damals unrecht hatte. Ich erinnere mich, daß du sagtest, ihr in Moab
glaubtet, daß die Toten zu einem glücklichen Ort gingen, wo sie sich über Dinge
freuen könnten, die ihnen das Leben nicht gegeben habe. Und du konntest nicht
verstehen, warum wir unsere Lieben beklagten, wenn wir glaubten, sie seien
glücklich in der Verehrung Gottes.“
    „Ich würde gerne glauben, daß
Machlon, wo immer er ist, gutheißt, was ich tue.“
    „Vielleicht sind viele der
Dinge, die wir für bloße Zufälle halten, in Wirklichkeit Wege, die die Toten
haben, um sich um ihre Lieben auf Erden zu kümmern.“
    „Machlon würde nicht wollen,
daß ich Tob heirate“, sagte Ruth schnell. „Glaubst du...“
    „Ja, Ruth. Vielleicht hat er
uns tatsächlich schon einen Weg gewiesen.“
    Draußen erklangen Hufschläge,
und Ruth eilte zur Tür. „Es ist Boas!“ rief sie.
    „Geh hinaus und sprich mit
ihm“, drängte Noëmi. „Ich werde mit der Arbeit allein fertig.“
    Der Abend dämmerte, als Ruth
aus dem Haus trat und zu Boas hinüberging, der die Zügel an den Zweigen eines
Olivenbaumes festband.
    „Komm und sieh, wie wir das
Haus, das du uns gegeben hast, hergerichtet haben“, rief sie ihm fröhlich zu.
    „Vielleicht ein andermal“,
sagte er. „Ich muß mit dir über etwas sprechen, Ruth.“
    Seine Kleidung war staubig und
auch sein Pferd. Sie erkannte, daß er direkt vom Lager gekommen sein mußte, das
einige Meilen außerhalb der Stadt lag. Keiner von ihnen sprach, als er sie in
den Schutz einer Baumgruppe führte, die sie gegen die Sicht der Stadt
abschirmte. Als sie so versteckt waren, zog Boas sie heftig in seine Arme.
    „Die Stunden, in denen ich
nicht bei dir war, sind wie Tage gewesen“, sagte er. „Ich wäre schon früher
gekommen, aber gestern hatte ich vor dem Rat zu sprechen. Und heute bin ich
schon früh zum Lager geritten, um die Fortschritte der jungen Männer im Speerwerfen
zu prüfen.“
    Ruth lächelte. „Hat der Rat auf
dich gehört? Joseph sagte mir, daß sie es nie tun.“
    „Dieses Mal haben wir über eine
andere Sache gesprochen, Ruth. Eine, die dich betrifft.“
    „Warum mich?“ fragte sie
überrascht.
    „Sie hatten vor, einige alte
strenge Gesetze Israels wiedereinzuführen, die jedem Zuflucht verweigern, der
nicht durch Geburt zu unserem Volk gehört, und die Ehe zwischen Israeliten und
Nichtisraeliten verbieten.“
    Ruth hielt den Atem an, als sie
die Bedeutung dessen verstand, was er ihr soeben mitgeteilt hatte.
    „Ich habe dagegen gesprochen“,
versicherte ihr Boas. „Nicht nur, weil ich dich liebe, Ruth, sondern weil ich
glaube, daß wir anderen zeigen müssen, daß durch Güte und Gerechtigkeit und
Liebe die edelste Form des Lebens erreicht wird.“
    „Haben sie die Gesetze
wiedereingeführt?“ fragte Ruth rasch. „Nein. Sie haben auf meinen Rat gehört.“
    „Wenn sie es getan hätten,
wärst du dann gezwungen gewesen, die Gesetze zu befolgen?“
    Er wunderte sich über die
seltsame Heftigkeit in ihrer Stimme. „Ja. Ich könnte es nicht vertreten, mein
Volk zu führen, ohne seine Gesetze zu achten.“
    „Du würdest micht nicht
brauchen“, sagte sie und hielt

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