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Ruth

Ruth

Titel: Ruth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank G. Slaughter
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nichts wissen.“
    Hedak starrte ihn einen
Augenblick lang wild an, dann breitete sich ein Lächeln über seine groben Züge.
„Kennst du diese Pässe, Cheb?“
    „Wie meine eigene Handfläche.“
    „Wie kommt es, daß du sie
kennst und Boas nicht?“
    Cheb grinste. „Bevor du mir so
gnädig erlaubt hast, Karawanen nach Moab zu bringen, edler Prinz, war ich ein
Schmuggler.“
    „Ich erinnere mich jetzt. Auf
diese Weise hast du deine Hand verloren. Sag mir“, fügte Hedak hinzu, „wenn ich
mich entscheide, deiner Warnung Gehör zu schenken und Israel mit geringerer
Stärke anzugreifen, ehe meine Vorbereitungen für den Marsch zum Großen Meer
beendet sind — kannst du uns dann über das Gebirge bis in die Ebenen Israels
führen, während die Wachtposten an den anderen Pässen nach uns Ausschau
halten?“
    „So leicht, wie ich mich auf
dem üblichen Weg zwischen Moab und dem Jordan bewege“, versicherte ihm Cheb.
„Die Schlucht von Hezron ist zwar wild und felsig, aber ich kenne sie gut und
viele andere auch.“
    „Bei Kamosch!“ rief Hedak aus.
Seine gute Laune war wiederhergestellt. „Du bist wahrhaftig ein Halunke nach
meinem Sinn.“
    „Ich kann noch mehr tun“,
versprach Cheb. „Keiner in Israel, außer meiner Mutter, die wahnsinnig ist, und
einer Sklavin, die mir hilft, weiß, daß ich in eurem Sold bin. Wenn ihr zum
Aufbruch bereit seid, werde ich Boas die Nachricht überbringen. Dafür wird er
so dankbar sein, daß er mein Angebot annehmen wird, sein Heer über einen
geheimen Paß nach Moab hineinzuführen.“
    Hedak ging zu einer Truhe in
der Ecke des Raumes und entnahm ihr einen Beutel mit Gold, den er Cheb zuwarf.
Der Karawanenführer fing ihn geschickt auf, obwohl er nur eine Hand hatte.
„Mach dir eine vergnügte Nacht“, empfahl ihm Hedak. „Wir werden bald bereit
sein, gegen Israel und Boas zu ziehen.“
     
    An diesem Abend war Noëmi Ruth
entgegengekommen, die eben das Feld verließ, auf dem sie Ähren gelesen hatte.
Während des ganzen Tages hatte die ältere Frau nach einer Möglichkeit gesucht,
Tobs Pläne zu durchkreuzen. Aber all ihre Gedanken waren zum Schluß immer
wieder an der Steinmauer von Tobs gesetzmäßigen Rechten abgeprallt. Als er an
diesem Morgen die kleine Anzahlung leistete, hatte er nach dem Gesetz allen
Anforderungen entsprochen. Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Tob auf seinen Anspruch
an Machlons Besitz und auf Ruth verzichtete, konnte sie keinen anderen
heiraten. Und da er in gewissem Sinne Ruth jetzt besaß, gab es für ihn Hunderte
von Möglichkeiten, ihr Leben unglücklich zu machen. Ganz davon abgesehen, daß
Noëmi ihre eigenen Pläne hatte, die sich anbahnende Verbindung zwischen Ruth
und Boas zu fördern.
    „Ist etwas nicht in Ordnung?“
fragte Ruth, als Noëmi eine Seite der sackartigen Schürze aufnahm, in welcher
die Gerste getragen wurde.
    „Nichts, mit dem ich nicht
fertig werden könnte“, antwortete Noëmi ausweichend.
    „Die Ernte ist zu Ende, und ich
habe genug Ähren gelesen, um uns einen Monat lang zu versorgen. Was werden wir
dann tun, Noëmi?“
    „Boas wird dafür sorgen, daß es
für dich andere Dinge zu tun gibt“, versicherte ihr Noëmi. „Wolle kämmen und
spinnen und Stoffe weben. Hast du ihn seit dem Fest wiedergesehen?“
    „Er kam nicht einmal in die
Nähe der Felder.“
    „Vielleicht war er damit
beschäftigt, die jungen Männer auszubilden. Auf jeden Fall ist es ein gutes
Zeichen.“
    „Ein gutes Zeichen?“
    „Boas hat allen Frauen seit
vielen Jahren mißtraut, seit der Zeit, als Tamar weglief. Nun findet er seine
Liebe für dich stärker als all seinen Haß und seine Vorurteile. Er braucht
Zeit, darüber nachzudenken, was ihm geschehen ist, und zu überlegen, was er tun
muß.“ Während sie so sprachen, hatten sie ihr kleines Haus erreicht. Als sie
den Raum betraten, der ihnen beiden zum Wohnen und Schlafen diente, sah Ruth
den Beutel.
    „Wo kommt das Geld her, Noëmi?“
rief sie aus. „Du hast nichts davon gesagt.“
    „Von Tob.“
    „Wofür ist es?“ Ruth wurde von
einer plötzlichen Vorahnung ergriffen.
    „Du weißt, daß nach dem Gesetz
der nächste Verwandte den Besitz eines Mannes, der gestorben ist, von dessen
Witwe kaufen und damit sein Recht auf die Frau des Toten geltend machen kann?“
    Ruth nickte. Ihr Gesicht war
weiß.
    „Tob will dich haben, Ruth. Und
da er der nächste Verwandte von Machlon ist, kann er dich zur Frau nehmen.“
    „Aber zuerst muß er den Besitz
kaufen“, entgegnete Ruth

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