Ruth
auf.
„Ihr seid Zeugen“, sagte Tob
laut zu den beiden Männern, die hinter ihm standen. „Zeugen, daß ich an diesem
Tage auf den Besitz Elimelechs und Machlons, die tot sind, eine Anzahlung
geleistet habe. Diese Zahlung gewährt nur mir das Recht des nächsten Verwandten
nach dem Gesetz.“
„Wir sind Zeugen“, sagten die
beiden Männer unbewegt. „Noch an diesem Tage werden wir die Angelegenheit
schriftlich niederlegen lassen.“
Als Tob sich triumphierend
abwandte, rief Noëmi wütend hinter ihm her: „Du wirst noch eines gewaltsamen
Todes sterben, Tob. Und man wird froh sein, dich loszuwerden!“
Am gleichen Abend stand Cheb,
der Händler und Spion, in Heschbon vor Prinz Hedak in dessen überladenem
Palast, von dem aus er Moab mit eiserner Hand regierte, wobei er den
Knaben-König Akton als Marionette benutzte.
„Du solltest frühestens in zwei
Wochen hier erscheinen, Cheb.“ Hedak runzelte mißbilligend die Stirn, als der
Israelit hereingeführt wurde. „Wie kann ich in Israel sehen, wenn ich keine
Augen habe, nicht einmal deine verräterischen?“
„Ich kam, euch zu warnen“,
sagte Cheb. „Ihr müßt sofort angreifen.“
„Sofort!“ Hedaks Gesicht
verdunkelte sich vor Zorn. „Sagt der Schakal dem Löwen, wie er zu kämpfen hat?“
„Boas bereitet Juda zum Krieg
vor. Und die anderen Stämme folgen seiner Führung.“
„Er hat zu spät damit
begonnen.“ Hedak zuckte die Achseln. „In ein paar Monaten werde ich zu einem
entscheidenden Schritt bereit sein, wenn die Männer der nördlichen Stämme
Heschbon erreicht und ihre Ausbildung beendet haben. Dann werden wir Israel
verschlingen, wie das Rote Meer die Ägypter verschlungen hat — nach der
Behauptung eures Volkes. Schließlich haben wir Schwerter und Boas’ Heer
nicht.“
„Er hat den Rat von Israel dazu
überredet, daß Speere sich gegen Schwerter durchsetzen können.“
„Das können sie“, gab Hedak zu.
„Aus der Entfernung.“
„Boas bildet die jungen Männer
im Speerwerfen aus“, warnte Cheb. „Ich sah sie, als ich die Straße von Betlehem
entlangzog.“
„Sie werden wie Kinder sein,
die mit Stöcken werfen“, sagte Hedak verächtlich.
„Das stimmt nicht, edler
Prinz“, wagte Cheb zu sagen. „Er hat Wurfziele aufgestellt, die wie Männer und
Pferde geformt sind. Sie ziehen sie sogar auf Karren an langen Seilen, damit
sich die Soldaten im Treffen beweglicher Ziele üben können.“
„Bei den Feuern Kamoschs!“
Hedak setzte sich gerade auf. „Das ist schlau.“
„Eliab bildet außerdem die
jungen Männer von Benjamin aus“, fügte Cheb hinzu. „Im Norden versammelt Abiram
die jungen Männer Issachars und kauft Speerspitzen von den philistäischen
Schmieden. Und Boas treibt die Schmiede Judas Tag und Nacht an, damit sie für
jeden Soldaten mindestens zwei Speere schmieden.“
„Ein würdiger Gegner, dieser
Boas“, räumte Hedak ein. „Aber im Kampf können meine Schwerter die Schäfte
seiner Speere durchschneiden, als ob sie Gräser wären.“
Nun war Cheb an der Reihe, die
Schultern zu heben. „Wenn eure Männer nahe genug herankommen, ja. Aber Boas hat
vor, euch in den Bergschluchten zu bekämpfen, wo Speere sicher geworfen werden
können und Schwerter die Werfenden nicht erreichen. Seine Patrouillen bewachen
die Wege nach Israel. Sobald ihr die Grenze überschreitet, wird er gewarnt, und
seine Krieger werden euch in den Bergen angreifen, bevor ihr die Ebenen
erreichen könnt.“ Hedak stand auf und begann, im Raum auf und ab zu gehen,
sichtlich beunruhigt über das, was Cheb ihm berichtet hatte. „Wenn Boas wählen
kann, wo er uns bekämpfen will“, gab er zu, „werden seine Speere uns in der Tat
schlagen, während unsere Schwerter nutzlos sind. Du bringst schlechte
Nachrichten, Cheb.“
„Ich beeilte mich, weil ich
wußte, daß sie dir wichtig sind. Aber die Dinge stehen nicht so schlecht, wie
es auf den ersten Blick scheinen mag.“
„Dies ist keine Zeit für
falschen Optimismus“, brummte Hedak. „Kamosch wird mit uns in den Kampf ziehen,
aber wir selbst müssen den Sieg erringen.“
„Es gibt Zeiten, in denen
Strategie und Heimlichkeit im Kampf allen anderen Mitteln überlegen sind“,
erinnerte ihn Cheb.
Hedak drehte sich ruckartig zu
dem kleinen Mann um. „Hör auf, in Rätseln zu sprechen! Was willst du mir
sagen?“
Cheb grinste. „Wie ich bereits
sagte, Boas bewacht die gewohnten Wege nach Israel. Aber es gibt Gebirgspässe,
von denen selbst die Männer Israels
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