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Ruth

Ruth

Titel: Ruth
Autoren: Frank G. Slaughter
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Und Boas war sich völlig bewußt,
daß Israel noch immer die geringeren Chancen für einen Sieg hatte. „Laßt uns
hoffen, daß sie in zwei Wochen doppelt so gut sind“, sagte er nüchtern. „Wenn
wir überhaupt noch soviel Zeit haben.“
    „In ein paar Tagen müssen wir
nach Betlehem zurückkehren“, warf Joseph ein.
    Seit dem Abend, an dem er von
Ruth erfahren hatte, daß Tob sie formell zu seiner Verlobten erklärt hatte, war
Boas der Stadt ferngeblieben. Er wußte, wenn er Ruth sehen würde, könnte dies
nur Unglück für sie beide bedeuten. „Warum müssen wir zurück?“ fragte er. „Wir
haben hier zu tun, und die Ernte ist beendet.“
    „Hast du das Worfeln vergessen?
Deine Leute werden enttäuscht sein, wenn du nicht zur Feier kommst.“
    „Das ist wahr“, gab Boas zu.
„Die Nacht des Worfelns habe ich noch nie versäumt. Der Grundherr muß dabei
sein.“ Er sah Joseph an. „Eliab wird in dieser Nacht das Kommando hier führen,
aber jemand muß nach den Vorposten sehen.“
    „Warum mußte ich bloß davon
anfangen?“ grinste Joseph wehmütig. „Ich hätte so gut zur Tenne entwischen
können. Jetzt kann ich die halbe Nacht reiten, um die Außenposten zu
inspizieren.“
    „Du wirst mir später dafür
dankbar sein“, tröstete ihn Boas. „Irgendein Mädchen wäre unter deinen Mantel
gekrochen, und am nächsten Tag hättest du dich verheiratet wiedergefunden.“
    „Wenigstens hätte ich diese
Nacht gehabt“, sagte Joseph resigniert. „Jetzt habe ich gar nichts.“
    Keiner hätte jedoch auch nur
einen Gedanken an das Worfeln verschwendet, wenn sie geahnt hätten, was in der
Stadt Heschbon in Moab am gleichen Tag geschah.
    Hedak hatte sich entschieden,
Chebs Warnung zu beachten und Israel mit einem kleineren Heer anzugreifen,
bevor seine Hauptstreitmacht für den Marsch nach Philistäa bereit war. Im
Tempel des Kamosch, dessen Tore weit geöffnet waren, loderten die Flammen im
Bauche des Gottes. Auf der Plattform davor stand der Knaben-König Akton von
Moab mit Hedak und dem Hohenprieser des Kamosch. Auf einem juwelenbesetzten
Podest lag ein glänzendes Schwert.
    Auf dem Platz vor dem Tempel
war das Heer in Schlachtordnung aufgestellt. Vor den Truppen stand eine
kleinere Statue des Kamosch, die jedoch immer noch doppelt so groß war wie ein
Mensch. Bis auf die Feuerstelle aus Eisen und Stein, in der das heilige Feuer
brannte, das mit einer am Feuer des großen Götzen in Brand gesetzten Fackel
entzündet worden war, bestand das Bild aus Holz. Sklaven warteten neben den
riesigen Rädern des Karrens, der das Standbild trug, andere standen mit dicken
Seilen bereit. Denn der Gott von Moab zog seinen Truppen im Kampf stets voraus,
um ihnen den Sieg zu sichern — so glaubten sie jedenfalls.
    Auf ein Zeichen Nebos, der vor
dem Heer stand, ließen die Bläser die langen gebogenen Widderhörner erklingen.
Akton wandte sich um und nahm das Schwert von dem juwelenbesetzten Podest. Er
trat zu Hedak, der niederkniete, um das Schwert entgegenzunehmen. Dann stand
Hedak auf und hob das Schwert mit triumphaler Geste hoch empor, bevor er es in
die edelsteinbesetzte Scheide stieß, die an seinem Gürtel befestigt war.
    „Im Namen Kamoschs, des
Allmächtigen, des Allessehenden, des Herrn der Schöpfung“, stimmte der
Knaben-König an, „mit diesem Schwert, das von meinem göttlichen Vater geheiligt
worden ist, zerschlage die Feinde Moabs. Israel soll vor dir fallen, und der
Sieg soll dein sein, denn der Gott von Moab, der über allen anderen steht,
zieht dir voran.“
    Begeistertes Geschrei erhob
sich unter den Soldaten, und Tausende von erhobenen Schwertern blitzten im
hellen Sonnenlicht. Dann setzte sich auf einen Befehl Hedaks das Standbild des
Kamosch an der Spitze des Heeres rumpelnd in Bewegung, und die Truppen folgten.
     
    Den ganzen Tag über waren die
Drescher am Werk gewesen. Auf einer Seite der offenen Fläche aus festgetretener
Erde saßen die Männer mit ihren gebogenen Holzflegeln und schlugen mit
schnellen, geübten Schlägen die Gerste aus den Ähren. Das Stroh wurde beiseite
geworfen, andere trugen es mit Holzgabeln zu runden, kegelförmigen Haufen
zusammen, die im Laufe des Tages immer höher wurden.
    Auf der gegenüberliegenden
Seite derTenne war eineGruppevon Frauen damit beschäftigt, das Gemisch von
Körnern und Spreu, das die Flegel der Drescher hinterlassen hatten, zu trennen.
Sie standen am Rand eines großen weißen Tuches, das auf dem Boden ausgebreitet
worden war, und warfen mit
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